Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
Pfad, der hinter ihnen durch den Wald führt. Sie sind gut gebaut und gebräunt, ihr rostrotes Haar ist kurz geschoren. Ich denke, sie könnten Zwillinge sein, so sehr ähneln sie sich. Esther winkt mit dem Arm aus dem Fenster, als sie auf sie zufährt, beschreibt eine breite Wendung und bahnt sich ihren Weg zum Standort der Zwillinge.
Kaum dass sie anhält, bin ich schon zur Tür hinaus, meine Mutter direkt hinter mir. Ich laufe um den Truck herum. Die Zwillinge, die Pistolenhalfter am Gürtel tragen, helfen David, die Trage von der Ladefläche zu rollen, während er einen Infusionsbeutel hochhält, der mit Christinas schlaffer Hand verbunden ist. Ich bin an Christinas Seite, als die in Rädern mündenden Beine der Trage sich ausklappen und einrasten. Die Regentropfen auf ihrem Gesicht sehen wie Tränen aus. Ich wische sie weg, als sie mich plötzlich anblinzelt.
»Tate?«
Ich beuge mich zu ihr hinunter. »Ich bin’s, Baby. Ich bin hier.«
»Mein Kopf … tut weh«, flüstert sie zusammenzuckend. An der einen Seite ihres Kopfes hat sie einen Druckverband. David hat ihr sorgfältig das Blut von Gesicht und Hals abgewaschen.
»Ich weiß«, sage ich. »Du wirst dich bald besser fühlen. Und du bist hier in Sicherheit.«
Ich hoffe, dass ich damit richtigliege.
David räuspert sich, und als ich den Kopf hebe, sehe ich ihn auf der anderen Seite der Trage stehen. Seine Finger sind um das metallene Geländer der Trage geschlungen. Seine blutunterlaufenen Augen schauen mich aus dem papierweißen, sommersprossigen Gesicht heraus an.
»Ich bringe sie in unsere Klinik und röntge ihren Kopf. Dann nähe ich die Platzwunde«, sagt er.
Ich nehme Christinas Hand und will ihr gerade sagen, dass ich sie die ganze Zeit über halten will, als einer der Zwillinge erklärt: »Rufus wartet in seinem Arbeitszimmer auf euch.«
Dabei starrt er mich an.
Meine Mom hakt mich unter, zum Teil als Warnung, zum Teil als Bestärkung. »Natürlich.«
Dann schiebt David die Trage durch den strömenden Regen auf einen asphaltierten Gehweg und rollt Christina weg. Die Zwillinge führen meine Mom und mich denselben Gehweg entlang, bis wir an eine Weggabelung gelangen, wo David die eine Richtung einschlägt und wir die andere.
Mein Herz rast, als ich Christina aus den Augen verliere. Ich hatte vorgehabt, bei ihr zu bleiben, sie zu beschützen. Sie davon abzuhalten, versehentlich zu offenbaren, was sie ist. Und jetzt ist sie auf sich gestellt. Doch sosehr ich ihr auch hinterherrennen will, ich habe die Anweisung meiner Mutter nicht vergessen und befolge sie.
Esther und Timothy laufen schweigend hinter uns her, als wir eine andere Lichtung betreten, die mindestens achthundert Meter Durchmesser hat. Etwa ein Dutzend Hütten stehen in einem ordentlichen Halbkreis auf jeder Seite. Jede davon hat ein Solarmodul auf dem Dach. Vor manchen gibt es große Veranden. Vor den meisten Fenstern hängen schwarze Vorhänge. Im Zentrum der Lichtung stehen einige größere Gebäude. Ich sehe mir jedes davon an, taxiere sie, wundere mich über die Lage der Klinik, zu der sie Christina gebracht haben.
Die Zwillinge führen uns hinauf zu einem dreistöckigen, achteckigen Holzhaus, das sich genau im Zentrum der Lichtung befindet. Wie bei allen anderen Bauten vor Ort sind auch hier Solarmodule auf dem Dach angebracht. Meine Mom hat nicht gescherzt, als sie meinte, die Leute hier wären autark. Wahrscheinlich produzieren sie mehr Energie, als sie verbrauchen.
Wir folgen den Zwillingen ein paar Holzstufen hinauf zu einer riesigen, schattigen Veranda. Einer von ihnen hält uns die Eingangstür auf, während der andere in den kühlen, dunklen Raum vorausgeht. Er ist wie eine riesige Höhle. Alle Fenster sind mit schweren Vorhängen abgehängt. Auf einer Seite des Raums stehen drei lange Holztische. Ein paar flache, geflieste Stufen führen zu einem tiefer liegenden Außenbereich. An der Seite dominiert ein massiver Holzofen, der groß genug ist, dass ein Mann hineinlaufen könnte, ohne sich zu ducken, den Raum. Über dem hohen Kaminsims hängt eine aus rauem Holz gefertigte Skulptur. Sie sieht aus wie eine altertümliche Rune. Ich starre sie an und versuche herauszukriegen, wo ich sie schon mal gesehen habe.
»Da entlang.« Einer der Zwillinge streckt den Arm aus. Wir folgen den beiden, bis sie zu beiden Seiten des Flurs stehen bleiben.
»Geht ruhig rein«, sagt einer von ihnen.
Meine Hand schließt sich um den Träger des Rucksacks, während meine Mom und ich
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