Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
halb geöffneten Hosenschlitz. Ich nehme an, dass er sich auf dem Weg zum Bad verlaufen hat. Er blinzelt mich in der Dunkelheit an. »Matt? Bist du das, Kumpel?«
Immer noch über mein Küchenpapier gebeugt, bete ich, dass die dunkle Substanz, die ich darüberschütte, nicht trocknet, bevor ich fertig bin … und ächze.
Der Hobbit lehnt sich vor. »Was machst du da?«
»Aufräumen«, sage ich schroff. Ich hab verdammt noch mal keinen Schimmer, wie sich Matts Stimme anhört.
»Ähm, okay. Alles klärchen …« Er betrachtet seinen offenen Hosenstall, als wäre er ein Wunder moderner Technologie. »Dann mal weiter so.« Er rülpst und taumelt durch die Eingangstür zurück ins Gemeinschaftshaus.
Ich leere meine Ammoniakflaschen aus und schleudere sie ins Gras. Als ich zwischen dem Gemeinschaftshaus und dem Speisesaal vorbeilaufe, halte ich mich nah an den Gebäuden und sprinte dann über das Feld zu einer Solaranlage. Ich hasse es fast, was ich hier tue; es wird das Leben aller beeinträchtigen, die hier wohnen, Frauen und Kinder eingeschlossen. Aber die Männer werden mir augenblicklich auf den Fersen sein, wenn sie rauskriegen, was ich mitgenommen habe. Deshalb muss ich den Strom abstellen. Sonst habe ich keine Chance, schnell an dem Sicherheitssystem vorbeizukommen. Das bedeutet, dass ich ihrer Solaranlage dauerhaften Schaden zufügen muss.
Mit dem Skalpell stochere ich am Verschluss des Zugangsdeckels herum. Es ist eine mühsame Arbeit, vor allem wenn nur eine rasiermesserscharfe Klinge als Werkzeug zur Verfügung steht, doch nach ein paar Minuten gelingt es mir, die Kabel zu vertauschen und die Polarität der Solarmodule umzukehren, ohne mir einen Finger abzusäbeln. Sobald ich die letzte Verbindung gesichert habe, gibt es einen dröhnenden Knall, gefolgt von einem unheilvollen, Funken sprühenden Knistern, als eine Überspannung entsteht und sich das System selbst vernichtet.
In den Gebäuden geht ein Licht nach dem anderen aus.
Sobald es im Gemeinschaftshaus schwarz wird, renne ich los.
In Gedanken sehe ich, wie der Sand durch die Sanduhr rieselt. Meine Zeit läuft langsam ab, die Zeit, bis die Substanz auf diesem Küchenpapier vollständig getrocknet ist, bis es jemand auf genau die richtige Art wegstößt. Ich laufe zur Rückseite des Hauses und drücke mich dagegen, gerade rechtzeitig, um trampelnde Schritte auf der vorderen Veranda zu hören. Jemand ruft, dass er mal die Anlage checken geht. Er wird sehr unglücklich sein, wenn er herausfindet, was ich angerichtet habe.
Ich schleiche zum dritten Fenster von links hinüber, das David – wie versprochen – für mich offen gelassen hat. Ich schiebe die Vorhänge beiseite und sehe den letzten paar Männern zu, wie sie lallend durch die Vordertür das Haus verlassen.
Ich begebe mich in die Haupthalle. Das einzige Licht im Raum kommt von den kleinen bernsteinfarbenen Flammen im Kamin. Es genügt, um Rufus Bishop zu erkennen, der vornübergebeugt auf seinem Stuhl sitzt und einen umgestürzten Krug in der Hand hält. Ich durchquere das Zimmer und stelle mich neben ihn, wobei mir das Herz gegen die Rippen klopft. Seine andere Hand ruht auf dem Tisch, die fleischigen Finger klammern sich …
… um nichts.
»Ich hab mich schon gefragt, ob du wohl zurückkommen würdest.« Aaron Bishop tritt aus dem Gang hinter mir.
Er hält den Scanner in der Hand.
»Das gehört nicht dir«, sage ich und gehe einen Schritt auf ihn zu. Auch wenn ich mir eben noch Sorgen darum gemacht habe, dass die Zeit zu schnell vergeht, will ich jetzt bloß noch, dass sie sich beschleunigt. Was ist, wenn meine Ablenkung nicht funktioniert? Aaron braucht doch bloß zu schreien und schon werde ich geschnappt.
Doch wenn man sich ansieht, wie er grausam die Lippen verzieht, dann will er wohl erst noch ein wenig spielen. »Wo ist die H2?«
»In Sicherheit.«
Er lässt ein schnaubendes Lachen erklingen. »Wie kannst du dein Blut bloß so verseuchen? Oder macht ihr bloß rum?« Er nickt Rufus zu. »Er wird da ja immer so herablassend, aber ich kann dir nichts vorwerfen. Wie ist es denn so, ein Alien zu vögeln?«
Diesem Typen wehzutun, wird Spaß machen. »Gib mir den Scanner.«
Er blickt hinab auf das Gerät in seiner Hand. »Und was wirst du damit machen?«
»Ich werde den Scanner von Menschen wie dir fernhalten.«
Sein Gesichtsausdruck wird geringschätzig. »Menschen wie mir? Wenigstens bin ich ein Mensch. Du würdest ihn wohl lieber einem Haufen verfluchter Aliens
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