Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
Straßenrand ein paar Steine und benutze einen davon als Meißel und einen anderen als Hammer, um den Magneten herauszuklopfen.
Als ich zum Auto zurückkehre und wieder einsteige, starrt Christina mich halb entsetzt, halb verdutzt an, doch meine Mom lächelt. »Du machst dir einen Kompass.«
»Genau. Hast du einen Stift?«
Meine Mom greift in ihre Tasche und zieht einen Kugelschreiber hervor. Ich ziehe den kleinen Metallclip ab und magnetisiere ihn, indem ich den Lautsprechermagneten mehrmals von einem zum anderen Ende führe. »Ich denke, wir sind knapp zwei Kilometer südöstlich vom Gelände. Ich kann nicht über die Straße zurückgehen, weil sie die beobachten werden. Also gehe ich ab hier durch den Wald. Sollte nicht länger als eine Dreiviertelstunde dauern durch dieses Gelände.«
Sie sieht mich scharf an. »Es gibt Sicherheitsvorkehrungen.«
»Ich weiß. Aber ich denke, ich kenne einen Weg, da durchzukommen.«
Ein paar Sekunden lang verweilen ihre Augen auf mir. Ich weiß, dass sie mich aufhalten will, aber dann wird mir klar, dass sie es nicht tun wird. Sie traut es mir zu.
Ich benutze den Stift, um meinen Plan auf die Innenseite meines Unterarms zu zeichnen, und halte ihn dann hoch, um ihn ihr zu zeigen. »Sieht das richtig aus?«
Sie zieht meinen Arm zu sich und nimmt mir den Stift ab. Nachdem sie ein paar Sekunden gekritzelt hat, lässt sie mich los. »Jetzt ja.«
Ich schaue auf meinen Arm und sehe, dass sie eine Querstraße hinzugefügt und die Ausrichtung um ein paar Grad verschoben hat. »Alles klar.«
»Wenn sie dich erwischen, sag ihnen, Angus McClaren weiß, dass wir hier sind, und erwartet, von uns zu hören. Und sag ihnen, dass ich ihn anrufe, wenn du bis zur Dämmerung nicht zurück bist. Er wird auf der Stelle sämtliche Vermögenswerte der Bishops einfrieren. Wollen mal sehen, wie Rufus seine Familie beschützt, wenn er keinen Dollar auf dem Konto hat.« Die Dunkelheit kann die Boshaftigkeit auf ihrem Gesicht nicht verbergen.
Ich werfe den Lautsprechermagneten im Auto auf den Boden. Jetzt, da ich den Metallclip magnetisiert habe, brauche ich ihn nicht mehr. »Gut zu wissen. Ach, noch was …«
»Was brauchst du?«, fragt meine Mom.
»Dein Valium.«
»Warum?«
Ich ziehe die Augenbraue hoch. »Man weiß nie, wann es nötig ist, dass jemand ein schönes Schläfchen hält.«
Schweigend reicht sie mir das Fläschchen.
Christina ergreift meine Hand, als ich die hintere Tür aufmache. »Ich seh dich bald wieder«, flüstert sie, schaut dann weg und beißt die Zähne zusammen, als wolle sie sich davon abhalten, noch mehr zu sagen. Im Moment bin ich ihr dankbar dafür, denn wenn sie mich bitten würde, bei ihr zu bleiben, dann würde es mir ganz schön schwerfallen, ihr von der Seite zu weichen.
Ich drücke ihre Hand. »Das wirst du.«
Die Nachtluft ist süß und kühl auf meiner Haut, als ich mich neben den mit Wasser gefüllten Graben am Straßenrand knie. Die Wolken haben aufgeklart und die silberne Mondsichel spiegelt sich in der schwarzen Pfütze zu meinen Füßen. Eine alte Schnapsflasche ist halb im Matsch versunken. Ich ziehe sie heraus und schaffe es, das untere Drittel abzubrechen, sodass ich eine Schale mit ein paar gezackten Kanten habe. Ich fülle sie mit Wasser und laufe in Richtung Wald. Das Mondlicht im Rücken und mithilfe des Kompasses, den ich gemacht habe, indem ich das Metallstück des Stiftes in meine Wasserschale habe fallen lassen, finde ich den richtigen Kurs. Wenn ich einen Augenblick stillstehe, zeigt das Ding genau nach Norden. So behalte ich die Orientierung, und nach einer langen, gemächlichen Wanderung – auf der ich ein paar Sprengfallen umgehe, die so offensichtlich sind, dass es wehtut, und die die Bishops wohl als Ergänzung zu dem ausgefeilteren System angebracht haben, das mein Vater entworfen hat – bin ich am Ufer des Teiches. Von hier aus kann ich die Lichter des Bishop-Geländes sehen. Ich bin der Sicherheitsgrenze gefährlich nahe. Ich verstecke meinen Kompass hinter dem Baumstamm einer gewaltigen Eiche mit riesigen, knollenförmigen Knoten an der Seite, hocke mich dann neben das leise plätschernde Wasser und warte darauf, dass ein paar Wolken weiterziehen, damit der Mond mir sein ganzes Licht schenken kann.
Dieser Teich ist der Schwachpunkt in der Eingrenzung. Das Gewässer ist vielleicht vierhundert Meter lang und wie eine Niere geformt, und ich befinde mich am südöstlichen Rand, wo ein schmaler Strom von dem Teich abzweigt und sich
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