Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
mein Tempo nicht, um meinen Kompass oder meine Schuhe zu holen, ich renne einfach nur in der Hoffnung, dass ich in die richtige Richtung laufe.
Mein Fokus liegt jetzt allein darauf zu überleben, so viel Abstand wie nur möglich zwischen mich und die Bishops zu bringen. Ich verliere mein Gefühl für die Zeit, für Entfernungen, bin mir nur meines rauschenden Atems und meines Herzschlags bewusst, der in meinen Ohren trommelt.
Ich kann die Verfolger hinter mir hören. Die Strahlen ihrer Taschenlampen treffen die Bäume um mich herum. Ich laufe weiter, bei jedem Schritt dankbar, noch am Leben zu sein und vielleicht sogar den Weg zurück zu meiner Mom und Christina finden zu können, wenn ich bloß immer weiterlaufe. Wenn man mal davon ausgeht, dass ich in die richtige Richtung laufe. Ich bin schweißnass und schnaufe, als mein Zeh sich plötzlich in einer Wurzel verhakt und ich ausgestreckt auf dem Waldboden lande. Der tiefe, erdige Geruch verrottender Blätter füllt meine Lungen. Der Scanner ist ein Stück entfernt zu Boden gefallen. Ich liege ganz still, lausche auf die Geräusche des Mobs, der hinter mit her ist, aber irgendwie scheine ich sie abgehängt zu haben … alles, was ich höre, ist das Heulen einer Eule und Tröpfeln von Wasser in einem nahe gelegenen Bach. Langsam und unter Schmerzen komme ich auf die Füße und wische mir die Hände an der Hose ab, dann schaue ich nach unten auf meine nackten, blutenden Füße und greife nach dem Scanner. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon in diesem Wald herumrenne, aber ich weiß, dass es schon eine ganze Weile ist. Ich hab ein verdammtes Glück, dass ich nicht gleich in einen ihrer primitiven Fallstricke geraten oder in eine flache, mit Holz und Nägeln gefüllte Fallgrube getappt bin.
Weit hinter mir, tief im dichten Labyrinth aus Bäumen, ertönt ein Schrei. Schnell drehe ich mich um und entdecke einen winzigen Lichtfleck von einer Taschenlampe, der in der Ferne tanzt. Ich habe sie nicht alle abgehängt.
Aber wenn sie da sind, bedeutet das, dass ich mich in die entgegengesetzte Richtung bewegen muss. Meine Füße pulsieren, mein Hirn ist vor Angst und Müdigkeit vernebelt, ich schleiche mich weg, lausche auf Zeichen, dass sie mich umzingeln. Ich hätte schon vor einer Ewigkeit wieder an der Straße sein sollen. Ob meine Mom und Christina immer noch auf mich warten? Wie lange wird Mom brauchen, um ihren Freund anzurufen? Was würden mir die Bishops in der Zwischenzeit antun? Diese Gedanken halten mich in Bewegung, als mein Körper eigentlich nur noch zu Boden sinken will.
Schließlich höre ich von vorne ein schwaches Geräusch, das definitiv nicht aus dem Wald kommt. Es ist eine Autohupe. Ich kann es nicht glauben, dass meine Mom dieses unglaubliche Risiko eingeht, aber mehr brauche ich nicht, um in die richtige Richtung zu laufen.
Während sie hupt, höre ich noch genug, um zu wissen, dass auch die Bishops das Geräusch erkannt haben, weil einer von ihnen einem anderen etwas zuruft und die Taschenlampenstrahlen schneller auf und ab hüpfen, nachdem sie angefangen haben zu rennen. Wenn sie uns jetzt erwischen, werden sie nicht an ihr Vermögen auf irgendeiner Bank in Chicago denken; das Einzige, was sie im Sinn haben, wird sein, Aarons Tod zu rächen. Und als ich bedenke, was sie Christina antun werden, da schießt eine neue, verzweifelte Energie glühend heiß durch meine Arme und Beine.
Ich überwinde umgefallene Baumstämme und stolpere durch Brombeersträucher, wobei ich den Scanner an meine Brust gedrückt halte, springe an Eichen und an spindeldürren Ahornbäumen vorbei, während ich versuche, etwas Abstand zwischen mich und die Bishops zu bringen.
Sie eröffnen das Feuer in dem Moment, als das Auto in Sichtweite kommt.
Meine Mom, die neben der Limousine steht, sinkt in den Fahrersitz, als ich über den schlammigen Graben springe, der den Wald von der Straße abtrennt. Christina wirft die hintere Tür auf und packt mich an den Schultern, nutzt ihr ganzes Gewicht, um mich hineinzuhieven, als gerade eine Kugel in die Rückwand des Autos knallt.
»Fahr!«, brülle ich, und meine Mom tritt auf das Gaspedal. Der Wagen schleudert schon vorwärts, als ich noch dabei bin, meine Beine ins Wageninnere zu bugsieren.
Wir sind schon mindestens eineinhalb Kilometer gefahren, bis es mir gelingt, die Beifahrertür zu schließen, doch das liegt nicht daran, dass ich zu müde oder zu schwer verletzt bin, um das
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