Tatort Mosel
hielt sich nicht mit Formalitäten auf: »Zwei von vieren sind tot, wollen Sie mir erst sagen, worüber an dem besagten Abend gestritten wurde, wenn keiner mehr am Leben ist?«
Er ließ Theo keine Zeit, in Ruhe wach zu werden. »Kommen Sie mir jetzt nicht mit ’Pack schlägt sich’ und bei Ihnen wäre alles aufgehoben wie in einem Grab.« Walde bemerkte, dass seine laute Stimme dem Mann sichtliches Unbehagen bereitete.
»Kommen Sie doch rein.« Der Wirt führte sie in die Küche, wo eine Kaffeemaschine auf einer Theke gurgelte.
»Was wollen Sie wissen?«, fragte Theo, dem man ansah, dass er auf der Hut war. Walde wusste, dass der Wirt, falls er als Zeuge vor Gericht aussagen musste, Gefahr lief, die Hälfte seiner Gäste zu verlieren.
»Was war der Grund für den Krach mit dem Geschäftsführer Ströbele?«
Theo bot seinen Besuchern die beiden Hocker vor der Theke an, er selbst stellte sich dahinter, ganz wie er es von seiner Kneipe gewohnt war. »Kaffee?«
Gabi und Walde lehnten ab.
»Also mit dem Strömer …«
»Ströbele«, korrigierte Walde.
»Das hab1 ich Ihnen doch schon gesagt. Räumer hat behauptet, der Geschäftsführer sei an den Eiern gepierct.«
»Und?«
»Er ist grußlos raus, schien ziemlich angefressen zu sein.«
»Und was war mit Haupenberg?«, fragte Walde.
»Der hatte sich vorher schon mit Räumer und Fellrich in die Wolle gekriegt.«
»Worum ging’s?«
»Das hab ich nicht so ganz verstanden. Irgendwas mit Veruntreuung. Haupenberg ist ganz blass geworden. Es muss ans Eingemachte gegangen sein. Er hat gebrüllt, Räumer und Fellrich seien ihm in den Rücken gefallen. Sie würden ihn hängen lassen und lauter solche Sachen.«
»Und dann?«
»Nichts, Haupenberg ist genauso sang- und klanglos weg wie später der Ströbermann …«
»Ströbele«, korrigierte Walde.
Auf dem Parkplatz blieb Gabi vor dem Wagen stehen: »Hat dir schon jemand gesagt, wie scheiße du heute aussiehst?«
Walde überhörte die Bemerkung.
»Du hättest wohl bis in die Puppen gepennt, wenn ich dich nicht geweckt hätte.«
»Mich geweckt?« Walde spürte, dass er sich auf Glatteis bewegte.
»Du warst doch unter der Dusche, obwohl, so siehst du nicht aus.« Gabi stockte: »Gehe ich recht in der Annahme, dass du gestern Abend Musik gemacht hast?«
Walde antwortete nicht.
Gabi fuhr fort: »Wie hieß es beim heiteren Beruferaten? Fünf Mark für das Schweinderl. Und gehe ich weiter recht in der Annahme, dass du letzte Nacht nicht zu Hause warst?«
Walde war taub geworden.
Gabi nahm ihr Telefon aus der Handtasche und hackte eine Nummer ein. Waldes Telefon klingelte.
»Nicht zu fassen«, war Gabis Kommentar, als sie den Klingelton identifizierte. »Hab ich also doch richtig gehört, heute Morgen, bei Sonja …«
Walde buddelte sich gedanklich in eine Versenkung. Gabi klang wie eine betrogene Ehefrau: »Hab ich dich nicht mal sagen hören: Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps?«
»Wo warst du eigentlich gestern Abend?« Walde spürte, dass seine Frage Gabi für einen Moment perplex machte. Das nutzte er aus und fragte gleich hinterher: »Du hast mir immer noch nicht gesagt, wo du das Geld für den Flitzer her hast.«
*
Wenige Minuten später setzte Gabi ihn vor seiner Wohnung in der Merianstraße ab. Grußlos sauste sie davon.
Nach dem Duschen füllte Walde Müsli in eine Schale. Zu spät bemerkte er die Brocken in der Milch, als er sie darüber schüttete. Er kippte den Brei in den Abfalleimer. Während er sich seine Jacke schnappte, sah er, dass der Anrufbeantworter blinkte. Doris hatte gegen sieben Uhr angerufen und bat ihn dringend um Rückruf.
Walde rief sofort an: »Was gibt’s?«
»Jemand war hier!« Doris hörte sich aufgeregt an.
»In der Wohnung?«
»Nein, aber es war knapp.«
»Wann?«
»Heute Nacht.«
»Ich komme.«
Waldes Wagen stand noch am Polizeipräsidium. Den Kontrabass hatte er bei dem überstürzten Aufbruch bei Sonja stehen lassen. Sein Kopf schwirrte. Er wollte jetzt seine Gedanken nicht an eine Ausrede für die Nacht verschwenden. Während er durch die Bruchhausenstraße hetzte, fing es an zu nieseln.
»Was ist los?«, sagte Walde mit Blick auf den Koffer, der mitten in Doris’ Diele stand.
»Ich fahre zu Marie.«
»Was ist denn passiert?«
»Kannst du mich zu ihr bringen?«
»Ja klar.« Walde fiel ein, dass er zu Fuß unterwegs war. »Das heißt, ich hab mein Auto am Präsidium stehen.« Er spürte Verlegenheit in sich aufsteigen.
»Du warst doch in der
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