Tatort Oktoberfest (German Edition)
beackern. Sonst …“ Seinen Einwand: „Bisher sind wir mit unserem traditionellen Angebot doch gut gefahren“, fegte Rottler locker vom Tisch. „Wir müssen erreichen, dass die jungen Leute von diesem vegetarischen Schnickschnack, von wegen Tierschutz und so, abkommen. Sie müssen wieder auf den Geschmack gebracht werden, mehr Wurst und Fleisch zu essen.“ Und auf seinen skeptischen Blick hin legt er nach: „Natürlich sind die Skandale mit dem Gammelfleisch nicht angetan, den Wurstverzehr zu fördern.“ In diesem Punkt konnte er ihm beipflichten und protestierte lauthals: „Nicht bei mir.“ Rottler klopfte ihm auf die Schulter und besänftigte ihn: „Sicher, Herr Ochshammer, nicht bei Ihnen. Sie machen Ihre eigenen Stichproben und Kontrollen.“
„Ich bin stolz darauf, für meine Betriebe bislang immer Unbedenklichkeit nachweisen zu können.“
Ochshammer verlässt seinen Fensterplatz, wandert unruhig im Raum herum. „Kann ich Ihnen helfen?“ fragt ihn Kopitzki.
„Nein, passt schon.“ Es fällt ihm einfach schwer zu akzeptieren, dass dieser junge Schnösel in seinem Betrieb rumschnüffelt. Aber kann er Rottlers Worte ohne weiteres ignorieren? „Wenn Sie sich der modernen Zeit nicht stellen, gehen Sie unter. Kopitzki ist ein kluger Kopf und ein exzellenter Berater in Sachen Modernisierung. Und bei der Wiesn-Bewerbung haben Sie allein nicht die geringste Chance, da müssen Sie …“ Ja, wenn seine Gisela noch wäre. Aber sie hat ihn vor zwei Jahren allein gelassen. Mir ihr zusammen hätte er es geschafft, aber so?
Ochshammer gibt sich einen Ruck und versucht, Zuversicht in seine Stimme zu legen: „Okay, Kopitzki, dann starten wir heute Abend die Vorrunde, und die werden wir ebenso wie die Hauptrunden gewinnen. Ich vertraue mich Ihnen an.“
Kopitzkis Lächeln fällt etwas schief aus. „Sicher, Herr Ochshammer.“
„Ich mache dann mal meine Runde durch den Betrieb“, verabschiedet Ochshammer sich, ohne seine Bedenken losgeworden zu sein. Trotzdem oder gerade deshalb schlägt er Kopitzki betont kameradschaftlich auf die Schulter, auch, um seiner Befangenheit Herr zu werden. Als der andere zusammenzuckt, verliert sich ein Stück davon, und sein Gleichgewicht kommt wieder einigermaßen ins Lot. Er pfeift beim Hinausgehen einen Schlager vor sich hin.
Kopitzki reibt sich das Schultergelenk und flucht, nachdem sich die Tür geschlossen hat. Bei diesem Ochshammer-Job müsste man eigentlich Gefahrenzulage beantragen, und dann dieses Grinsen des Alten. Wie geschaffen, um Rachegelüste zu schüren. Missmutig kaut er auf seinem Kugelschreiber herum. „Nicht mehr lange“, murmelt er. „Dann kannst du dir deine Kraftmeierei an den Hut stecken. Wir arbeiten mit anderen Methoden. Von wegen: ‚keinen Mumm und keine Muckis mehr, die Jungen heute. Können alle nur ihren Laptop bedienen, arbeiten sich nicht mehr vom Metzgergesellen bis ganz nach oben vor.‘ Heute kommt es auf andere Dinge an, nicht darauf, ob du noch immer ein Rind ausschälen oder eine gefrorene Schweinehälfte in einen Laster hieven kannst und dich mit deinen 51 Jahren noch topfit fühlst. Deine Figur ist noch ganz passabel, immerhin. Aber ansonsten lebst du in der Steinzeit.“ Wieder besänftigt summt er vor sich hin. Ochshammer wird sich noch wundern. Rottler und er werden eine Glanznummer hinlegen. Zwar werden sie ihm den Wiesn-Job an Land ziehen, damit er sich dort seine Streicheleinheiten besorgen kann, aber ansonsten? Hämisch grinsend hämmert Kopitzki in seinen Laptop: „Blöder Ochse, damischer Ochse, saublöder Ochse, Hornochse …“ Bald wird der Betrieb hier ebenso funktionieren wie in Regensburg. Bei diesem Gedanken summt er gutgelaunt vor sich hin. Rottler wird noch die Huber knacken und kleinkriegen. Richtig warm wird es Kopitzki bei dieser schönen Vorstellung, und er legt eine zweite Zeile nach: „Ochshammer ist ein blödes Rindvieh.“
Nach einer Weile betätigt er die Löschtaste und ruft sich zur Ordnung. Er muss sich auf den heutigen Abend konzentrieren, der muss hinhauen, sonst springt ihm der Ochshammer noch vor dem Beginn des Wettbewerbs ab, und da muss er ihn durchboxen, koste es, was es wolle. Persönliche Animositäten sind fehl am Platz. Vielleicht sollte er ihm noch ein paar Kleidervorschriften mit auf den Weg geben. Ochshammers altmodische Jägeranzüge sind nicht das Gelbe vom Ei. Er greift zum Telefon. „Kopitzki hier, ich bin der persönliche Berater von Herrn Ochshammer. Wir bräuchten für
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