Tatort Oktoberfest (German Edition)
so schnell wie möglich. Wir sind im Hippodrom. Geh an der Seite rein, beim VIP-Eingang. Kannst du das für mich machen? Danke.“ Zur Regisseurin gewandt: „In zehn Minuten kommen die Sachen.“
„Das haut hin. Ich kümmere mich inzwischen um die richtige Position der Kameras. In einer halben Stunde sollte die Lottofee eintreffen und in die Maske gehen. In einer Stunde sind wir mit der Auslosung dran. Zwei Takes haben wir vorher noch, einen mit Ihnen am Ausschank, Claudia, und eine Schaltung zu Ochshammer im Schottenhammelzelt. Meinen Sie, Sie bekommen das mit dem Ausschank gut hin?“
„Hoffentlich. Welche Aufgabe ist meinem Konkurrenten zugefallen?“ fragt Claudia. Die Regisseurin kichert: „Sinnigerweise ist Ochshammer in der Ochsenbraterei zugange. Während Sie Maßkrüge füllen, trägt er Ochsenbraten aus. Er wird ziemlich große Tabletts stemmen müssen. Ich bin nicht sicher, ob er das noch packt. Er ist schon ziemlich betagt für einen solchen Job.“ Abschätzig fügt sie hinzu: „Sein Gehilfe, dieser Kopitzki, ist ihm heute abhandengekommen, und ohne ihn agiert er äußert hilflos.“ Der Gedanke erheitert sie so, dass sie in schadenfrohes Lachen ausbricht.
Claudia fühlt sich verpflichtet, Ochshammers Position zu verteidigen. „Irren Sie sich nicht. Ich glaube, er ist noch recht gut beieinander.“
„Na, wenn Sie das sagen.“
Claudia denkt: dumme, voreingenommene Pute. Doch dann entschuldigt sie die junge Frau. Vielleicht lockert das Lachen die Nervenanspannung. Ihr Job ist stressig.
Claudia ruht sich auf einer für das Filmteam reservierten Bank am Rand aus, erleichtert, dass niemand sie beachtet. Sie muss Atem schöpfen, bis der nächste Akt eingeläutet wird.
„Hier, Ihre Kleider, Frau Fioretti“, weckt sie die Stimme von Sandra, ihrer Kellnerin. Sie schreckt zusammen und braucht einen Moment, bis sie den Lärm der Blasmusik, das Klappern der Teller und die Schritte der vorbeihastenden Bedienungen wieder wahrnimmt. „Danke, Sandra.“ Sie umarmt die ihr Vertraute schnell und nimmt ihr das Paket ab. Dann schaut sie sich hilflos um und winkt eine der Bedienungen zu sich. „Wo kann ich mich umziehen?“
„Fragen Sie am besten bei der Schenke“, gibt diese ihr ohne stehen zu bleiben zur Antwort.
Als sie mit dem Kleid über dem Arm dort eintrifft, eilt der Wirt auf sie zu. „Schee, dass d‘ da bist.“ Er drückt ihr Küsschen auf jede Wange.
„Hallo Sepp, ja, ich freu mich auch“, sagt sie schlicht. „Wo kann ich …?“ Sie deutet auf die Sachen. Die Regieassistentin eilt ihr atemlos zu Hilfe, windet ihr den Kleiderstapel aus den Händen.
„Ich habe mich erkundigt, im Nebenraum der Schenke besteht die Möglichkeit, dass Sie sich umkleiden können, nicht wahr? Mein Name ist Sonia.“
Der Wirt nickt. „Kommen Sie“, bedeutet er ihnen.
Sonia raunt ihr beim Gehen zu: „Wir denken, es würde sich gut machen, wenn Sie vor laufender Kamera aus dieser Tür herauskommen.“ Ihr Finger zeigt auf die Tür hinter der Schenke. „Wir glauben, das würde dem Ganzen etwas Intimes, Vertrautes verleihen. Die Chefin gibt uns ein Zeichen.“
Sie erreichen gerade den Bierausschank. Einer der Schankkellner zwinkert Claudia zu. Der Wirt führt sie in den Nebenraum. Sie stehen plötzlich bei den großen Bierbehältern aus Stahl. „Also dann, toi, toi, toi“, verabschiedet er sich. Claudia reizt es, sich umzuschauen. Sonia bettelt: „Rasch bitte, Claudia.“
Schnell streift sie ihr Dirndl ab und wirft sich das andere über. Im Stahlbauch des Behälters spiegelt sich eine hübsche Frau in einem Designerdirndl mit lila Schürze, die Schleife links gebunden. Glücklich betrachtet sie sich einen Moment. Ihr fällt zum zigsten Mal ein, dass er nachher im Zelt sein wird, mit seiner Frau natürlich und hochoffiziell. Sollen ihm ruhig die Augen übergehen. Sie lächelt in sich hinein und beglückwünscht sich zu dem Kleidertausch.
„Sie sehen wundervoll aus, Claudia, sexy wie immer“, flötet Sonia. In diesem Moment erlischt das Licht. Sie stehen im Dunkeln.
„Was soll das werden? Ist das auch einer Ihrer Fernsehgags? Ich finde das nicht besonders lustig. Wo sind Sie?“ beschwert sich Claudia, mit einem Mal etwas mürrisch.
„Nein, ganz sicher nicht. Ich habe keinen blassen Schimmer, was das soll. Mist, der Lichtausfall bringt unseren ganzen Zeitplan durcheinander, hoffentlich dauert er nicht so lange“, jammert Sonia vor sich hin. „Sicher wird das Licht gleich wieder angehen, oder
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