Tatort Oktoberfest (German Edition)
man wird uns sagen, was los ist.“ Sonia greift nach ihrem Handy. „Im Zelt auch? Ja, wir warten.“
„Ziemlich gruselig hier.“ Langsam gewöhnen sich Claudias Augen an die Dunkelheit. Durch die Holzritzen fallen schmale Lichtschlitze. „Anscheinend ist das Licht nur in diesem Zelt ausgefallen. Schöne Bescherung. Ich beneide den Wirt nicht um diese Situation. Aber ihm wird sicher was einfallen.“
„Hallo Madln, keinen Schreck bekommen, ich kann hier leider nicht mit der Kerze rein, zu gefährlich. Aber ich befreie euch gleich von der Finsternis“, behauptet eine humorige Stimme mit einer Taschenlampe in der Hand. Claudia erkennt die Umrisse eines Mannes und kichert. Er macht sich an der großen Tür zu schaffen. „Der Innenraum mit den Gasdruckbehältern hat eine Notbeleuchtung. Ich verstehe nicht, warum sie verschlossen ist.“ Der Metallriegel scheppert. Alles bleibt dunkel. Claudia ist hinter den Schankkellner getreten. Der Kegel der Taschenlampe fällt in den Raum auf ein Bündel Stoff am Boden.
„Kruzifix, auch das noch“, flucht der Kellner. „Halten Sie mal“, fordert er Claudia auf und drückt ihr die Taschenlampe in die Hand. Er bückt sich. Im nächsten Augenblick steht er mit einem Körper in den Armen in der Tür. Sonia verteilt Claudias gerade ausgezogene Kleider wie ein Polster auf der Bank, die im Raum steht. Claudia erschrickt, als er die leblose Gestalt darauf legt. Ihre Knie zittern. „Mein Gott, Ludwig. Was ist mit ihm?“ Sie leuchtet in sein Gesicht. Es ist wachsbleich, die Augen sind geschlossen, er scheint nicht mehr zu atmen. Der Kellner beugt sich über ihn, legt das Ohr auf seinen Brustkorb und tastet nach dem Puls. „Er lebt noch, zum Glück. Wir müssen einen Notarzt holen, anscheinend hat er eine Gasvergiftung.“
„Mein Gott, und das alles im Dunkeln. Der Unfall bringt unsere ganzen Aufzeichnungszeiten durcheinander. Wir müssen den Jungen unauffällig wegschaffen, auf keinen Fall darf dies übertragen werden. Was mach ich nur? Wenn die anderen Sender Wind davon bekommen und ihn filmen, dann schassen sie mich. Gibt es hier einen Ausgang? Bitte.“
„Ich rufe einen Notarzt“, sagt Claudia und telefoniert schon. Dann beugt sie sich über Ludwig und streicht ihm über das blasse Gesicht.
Kurze Zeit später flammt das Licht wieder auf. Sie hören aus dem Zelt ein allgemeines „Oh!“. Die Musik spielt „Marmor, Stein und Eisen bricht …“ Der Wirt steckt den Kopf in die Tür. „Darf ich? Oder sind Sie noch in Unterkleidern, Claudia?“ scherzt er.
„Kommen Sie rein und schließen Sie die Tür hinter sich, bitte. Wir haben hier einen Notfall. Der Junge war in dem Raum dort eingeschlossen und ist bewusstlos. Ich habe schon nach einem Arzt telefoniert.“
„Warten Sie, ich hole einen von den Gästen, er ist Arzt und sofort verfügbar. Er kommt meist nach der Arbeit, vielleicht hat er sogar seine Arzttasche dabei. Wer weiß, wann der Notarzt hier eintrifft.“ Zwei Minuten später steht er mit einem Mann wieder im Raum. Der Arzt beugt sich sofort zu dem Bewusstlosen hinunter, holt sein Stethoskop aus der Tasche und prüft den Herzschlag. Als er wieder aufsieht, sagt er: „Er hat Glück gehabt, es ist nicht so schlimm. Am besten wäre natürlich, wenn er Sauerstoff bekäme. Also warten Sie, bis der Kollege kommt. Dann ist dieser Märchenkönig bald wieder auf den Beinen. Etwas trieselig vielleicht, aber ansonsten okay. Er sollte sich für heute Ruhe gönnen.“ Der bald darauf eintreffende Notarzt attestiert einen ähnlichen Befund, und nachdem er den Patienten eine Weile mit reinem Sauerstoff versorgt hat, schlägt Ludwig tatsächlich die Augen wieder auf. „Wo bin ick? Claudia …“, haucht er.
Sie umarmt ihn und busselt ihn ab. Als sie merkt, dass er wieder munter ist, weil er versucht, sie richtig zu küssen, windet sie sich frei und flüstert: „Unser Geheimnis, nicht vergessen.“ Er setzt sich auf. „Bleib lieber noch etwas liegen, versprochen? Ich muss jetzt diese Fernsehsache mit dem Ausschenken absolvieren. Wenn das beendet ist, kümmere ich mich um dich. Es dauert nicht lange.“
„Aber die Streichhölzer nehmen wir dir lieber weg. Nicht, dass hier noch alles in die Luft fliegt“, mischt sich jetzt der Schankkellner ein. „Ich schicke dir lieber eine unserer Bedienungen, damit sie auf dich aufpasst, ja?“
„Claudia, sind Sie bereit?“ fragt Sonia ungeduldig.
„Geht schon.“
„Also, wenn ich das Zeichen gebe, treten Sie vor die Tür
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