Tatsache Evolution
erschienen. Diese Fakten belegen, dass die moderne Paläobiologie in Europa begründet wurde und nicht eine moderne »US-Erfindung« ist, wie immer wieder behauptet wird.
Wir wollen in diesem Abschnitt, in Ergänzung zu den in Kapitel 5 referierten Befunden, zwei Zitate aus einem klassischen Lehrbuch zur Geschichte des Lebens auf der Erde anführen, um die Bedeutung der Paläobiologie für die Evolutionsforschung nochmals zu verdeutlichen. So schrieb z. B. L. Reinhardt (1925) in einem Abschnitt zur Paläontologie diesbezüglich das Folgende: »Alle, auch die gewaltigsten Veränderungen auf der Erdoberfläche, sind durch die Summierung kleiner, aber außerordentlich langer Zeiträume hindurch fortwirkender Ursachen zu erklären. Alles Lebendige hat sich kontinuierlich aus sich selbst entwickelt und verändert. Die gesetzmäßige Aufeinanderfolge der Versteinerungen beweist , dass die Kontinuität des Lebens niemals durch allgemeine Katastrophen unterbrochen wurde.« (Anmerkung: Der Autor bezieht sich auf Umweltkatastrophen, die im Sinne von Georges Cuvier alle Lebewesen der Erde ausgelöscht haben sollen , s. Kapitel 3.) Bezüglich der von Charles Darwin begründeten Deszendenztheorie äußerte sich Reinhardt (1925) wie folgt: »Alle in wesentlichen Merkmalen übereinstimmenden Formen sind auch wirkliche Verwandte, und deshalb darf man im Sinne der Deszendenztheorie oder Abstammungslehre in der Tat von einem natürlichen System sprechen. Die Versteinerungen können |205| danach von nichts anderem als von den Ahnen der jetzt lebenden Organismen herrühren. Durch das Studium der zeitlichen Aufeinanderfolge derselben müssen wir auch die Entwicklungsgeschichte … kennenlernen.« Noch klarer formuliert Reinhardt (1925) seinen »paläontologischen Evolutionsbeweis « in dem folgenden Satz: »Nur die Abstammungslehre bietet dem Naturforscher eine natürliche Lösung des Rätsels über die Entwicklung und Aufeinanderfolge der organischen Lebewelt, mögen auch die Meinungen über die Ursachen, welche die Umänderungen der Arten in einer bestimmten Richtung hervorrufen, noch geteilt sein. … So entstand nach und nach die bunte Fülle der Organismenwelt aus einigen wenigen Grundformen.« Mit diesen Zitaten aus dem Jahr 1925 wollen wir die allgemeinen Betrachtungen zur Paläobiologie abschließen und uns einigen konkreten Beispielen aus diesem Wissenschaftszweig zuwenden. Ein umfassendes Bild von der Entwicklung der Tier- und Pflanzenwelt im Verlauf der Erdgeschichte |206| wurde an anderer Stelle publiziert (Futuyma 1998, Levin 2003, Cowen 2000, Storch et al. 2007, Prothero 2007, Kutschera 2008 a).
Abb. 7.6.: Originalfossil eines Flugfischs (
Thoracopterus niederristi
) aus den östereichischen Reibler-Schichten (Trias) (A) und Rekonstruktion des lebenden Wirbeltiers (B) (nach Abel, O.:
Jahrbuch Geol. Reichsanstalt
56, 1 – 3, 1906).
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|206| Trilobiten und Dinosaurier: Evolution ausgestorbener Langzeit-Urtiere
Neben den mikroskopisch kleinen Bakterien und kernhaltigen (eukaryotischen) Einzellern, die als »unsichtbare Dauer-Organismen « der Evolution angesehen werden müssen, kennen wir zwei ausgestorbene Tiergruppen (Makroorganismen), die außergewöhnlich lange – über Millionen von Generationen-Abfolgen hinweg – auf der Erde existiert haben: Die Trilobiten des Erdaltertums (Paläozoikum) und die Dinosaurier des Erdmittelalters (Mesozoikum).
Bereits Darwin (1859/1872) erwähnte in seinem Artenbuch mehrfach die heute als »Dreilapper« bekannten wirbellosen Urzeit-Tiere , die Gliederfüßer(Arthropoden)-Gruppe der Trilobitomorpha (Abb. 7.7 B, 7.8). Über nahezu 300 Millionen Jahre |207| hinweg haben diese »Meeres-Käfer des Paläozoikums« die Ozeane besiedelt. Es wurden bisher etwa 15 000 Arten dieser Hartschaler beschrieben. Trilobiten treten erstmals in unterkambrischen Gesteinen auf (vor etwa 540 Mio. J., Gattungen
Fallotaspis
,
Olenellus
) und sterben gegen Ende des Perm aus (vor 250 Mio. J.). Die letzten Vertreter dieser erfolgreichen hartschaligen Gewebetiere (Metazoa) (z. B.
Paraphillipsia
,
Kathwaia
,
Acropyge
) fielen dem Perm/Trias-Massenaussterben zum Opfer, bei dem vor 251 Mio. J. über 90% aller Tierarten ausgelöscht wurden. Die Ursachen dieser größten Katastrophe in der dokumentierten Erdgeschichte sind im letzten Abschnitt dieses Kapitels beschrieben.
Abb. 7.7: Versteinerte Trilobiten aus dem Devon (
Phacops
) (A) und Skelett eines Riesen-Dinosauriers aus der Kreidezeit (
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