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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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auszustehen. Der bescheidene Naturforscher empfand für den eigenwilligen, egozentrischen, zu Intrigen neigenden Owen bald eine starke persönliche Abneigung . Offensichtlich war Owen von heftigen Neidgefühlen geplagt, da Darwins Artenbuch nach 1860 im Zentrum des Interesses vieler Londoner Bürger stand, während die Leistungen des ruhmsüchtigen Paläontologen weit weniger Beachtung fanden. Mit der Wiederherstellung vollständiger Dinosaurier-Skelette hatte Owen trotz seiner kreationistischen Ansichten wertvolle Beiträge zur Entwicklung der modernen Paläontologie geleistet. Die Skelett-Rekonstruktionen befinden sich noch heute in einem Museum, wo sie im 19. Jahrhundert von Menschengruppen als Sensation bewundert wurden. Das
Iguanodon-
|202| Exemplar in Abb. 7.4 ist in einem Werk des österreichischen Naturforschers Othenio Abel zu finden. Im nächsten Abschnitt wollen wir diesen Urvater der Paläobiologie kennenlernen .

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Othenio Abel, die Begründung der Paläobiologie und ein vergessener Evo-Beweis
    In der amerikanischen Fachliteratur wird üblicherweise der Ursprung der modernen
Paläobiologie
mit dem Jahr 1975 in Verbindung gebracht: Damals wurde erstmals ein Fachjournal mit dem Titel
Paleobiology
publiziert, das noch heute neben Periodika wie
Historical Biology
,
Journal of Palaeontology
,
Lethaia
,
Precambrian Research
usw. zu den führenden Zeitschriften auf dem Gebiet der wissenschaftlichen »Ursprungsforschung « zählt. Weiterhin verweisen manche Autoren auf das Standardwerk von G. G. Simpson (1944), in dem erstmals paläobiologische Inhalte dargelegt sein sollen (Jackson und Erwin 2006). In einem biologiehistorischen Beitrag konnte jedoch belegt werden, dass die Paläobiologie bereits im Jahr 1911von dem österreichischen Naturwissenschaftler Othenio Abel (1875 – 1946) begründet wurde (Kutschera 2007 b). Dieser außergewöhnlich produktive Forscher hatte schon 1906 in einem Übersichtsartikel zum Thema »Fossile Flugfische« eine Definition der Paläobiologie geliefert, die er dann in seinem umfassenden Hauptwerk
Grundzüge der Palaeobiologie der
Wirbeltiere
(Abel 1911) präzisierte: »Ich führe für jenen Zweig der Naturwissenschaften, der sich die Erforschung der Anpassungen der fossilen Organismen und die Ermittlung ihrer Lebensweise zur Aufgabe stellt, die Bezeichnung ›Paläobiologie‹ ein« (Abb. 7.5). Weiterhin betrachtete Abel die Paläobiologie als ein »Mittel zur Erforschung stammesgeschichtlicher Zusammenhänge «. Ein Beispiel, das Abelsche Verfahren der historischen Rekonstruktion darstellend, zeigt Abb. 7.6. Die Dokumente belegen, dass bereits vor Jahrmillionen (Trias) einzelne Fischpopulationen, die als Arten zu interpretieren sind, durch drastisch vergrößerte Brustflossen gekennzeichnet waren. Da |203| heute bekannt ist, dass der bis zu 200 m weite Flug gewisser tropischer Meeresfische (Familie Exocoetidae) ein durch Räuber ausgelöstes Fluchtverhalten darstellt, belegen derartige Fossilfunde , dass bereits in der Urzeit die natürliche Selektion (Raub-Feinddruck ) am Werk war und letztendlich die Gestalt der Tiere bestimmt hat (Kutschera 2005, 2008 a). Weiterhin rekonstruierte Abel (1922) aus Fossilfunden u. a. die Evolution der ausgestorbenen Mastodonten (Familie Mammutidae), die als entfernte Verwandte der Elefantenartigen (Familie Elephantidae) zu den Rüsseltieren zählen (Säuger-Ordnung Proboscidea). Abel (1922) konnte die evolutionäre Entwicklung des Rüssels aus |204| einer verlängerten, mit zwei Endlöchern versehenen Nase belegen . Diese Abelsche »Rüssel-Theorie« der ausgestorbenen Mastodonten ist in Abb. 3.14, mit einer aktuellen Datierung der zu Grunde gelegten Fossilfunde, dargestellt (s. Kapitel 3, S. 101).
    Abb. 7.5: Portrait von Othenio Abel (1875 – 1946) und das Cover seines 1911 erschienenen Standardwerks. Mit diesem Buch wurde die Wissenschaftsdisziplin der Paläobiologie begründet (nach Kutschera, U.:
Trends Ecol. Evol
. 22, 172 – 173, 2007).
    |204| Othenio Abel versuchte weiterhin durch Gründung eines deutschsprachigen Fachjournals die von ihm etablierte Wissenschaftsdisziplin voranzubringen. Im Jahr 1928 erschien Band 1 der Fachzeitschrift
Palaeobiologica: Archiv für die
Erforschung des Lebens der Vorzeit und seiner Geschichte
. Der Herausgeber (O. Abel) hat diesen Band seinem akademischen Lehrer Louis Dollo (1857 – 1931) gewidmet. Während des 2. Weltkriegs wurde das Journal eingestellt – die letzte Ausgabe ist 1948

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