Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
dass ich meine Familie belüge, indem ich ihr nicht den wahren Grund verrate, warum ich für einen Monat nach London gekommen bin? Auf die Tatsache, dass die einzige Person, die mir dabei helfen könnte, meine Mutter zu finden, am Ende der Woche schon an der Grippe gestorben sein könnte? Oder auf die Tatsache, dass mein Magen olympische Gymnastikübungen durchführt, wenn du so nah neben mir auf der Couch sitzt?
»Hmmm …« Sean schien tief in Gedanken versunken zu sein.
Krampfhaft versuchte ich, an Bill und das Fenwick-Kaufhaus zu denken, doch mein Verstand setzte sich einfach immer wieder über diese Gedanken hinweg und beschloss stattdessen, sich lieber mit Sean zu beschäftigen und der Frage, wie es wohl wäre, ihn zu küssen …
Seine Küsse wären fest und entschlossen – die Art von Küssen, die einem den Atem rauben. Nicht unentschlossen und feucht, sodass man sich am liebsten anschließend mit Mundwasser den Mund ausspülen würde.
O mein Gott, Scarlett – reiß dich zusammen! Warum zum Teufel denkst du über so etwas nach? Du bist mit David verlobt! Außerdem kannst du Sean kaum ertragen – warum solltest du ihn dann küssen wollen? Du hast ihn dir wohl einmal zu oft als Brad Pitt vorgestellt! Genau, das muss es sein. Ich nahm einen großen Schluck aus meinem Weinglas.
»Was denkst du?«, fragte mich Sean.
»Hmmm?« Obwohl ich merkte, dass Sean mit mir redete, segelte mein Verstand nur langsam ins Wohnzimmer zurück.
»Meine Idee! Was hältst du davon?«
»Könntest du sie bitte noch einmal kurz wiederholen?«
Sean seufzte. »Wir laufen mit Strumpfmasken über dem Gesicht ins Geschäft rein, richten die Pistolen auf den Geschäftsführer und bedrohen ihn so lange, bis er die Adresse von Bill herausrückt.«
»Du machst wohl Witze?«
Sean zog eine Augenbraue hoch.
O Gott, mein Magen muss die Goldmedaille gewonnen haben – er setzt zu einer Ehrenrunde an!
»Ja, natürlich war das ein Witz! Alles in Ordnung mit dir? Du hast mir gar nicht zugehört, oder?«
Nein, habe ich nicht. Ich bin verlobt – ich sollte also besser nicht so über dich denken. Er ist nicht Brad Pitt, Scarlett! Und er ist auch nicht Ewan McGregor oder Jude Law oder irgendeiner dieser anderen Filmstars, denen er ein wenig ähnlich sieht. Er ist schlicht und einfach Sean, dein neuer Nachbar auf Zeit.
»Ja, alles in bester Ordnung«, erwiderte ich und riss mich zusammen. Ich trank einen weiteren großen Schluck Wein. »Ich, ähm, war nur einfach in Gedanken und habe darum nicht gehört, was du gesagt hast, das ist alles.«
»Ich sagte, wir beide sollten morgen zu Fenwick gehen. Dann werde ich meinen natürlichen Charme spielen lassen, um die Verkäuferin dazu zu überreden, mir mehr über Bill zu erzählen.«
»Klingt gut.«
»Okay – spätestens jetzt ist mir klar, dass hier etwas nicht stimmt. Ich biete dir eine derartige Vorlage, Red, und du gibst nicht einen einzigen sarkastischen Kommentar dazu ab?«
»Oh, ja, tut mir leid. Weißt du was, Sean, ich fühle mich nicht besonders. Ich glaube, ich gehe jetzt besser nach Hause.« Ich erhob mich und stürzte zur Tür. »Aber die Idee ist gut«, sagte ich dann und schaute über die Schulter zurück ins Wohnzimmer. »Wann sollen wir uns morgen treffen?«
»Um zehn?«, schlug Sean vor. »Soll ich noch mit nach drüben kommen und dir helfen? Dich ins Bett packen und so was?«
»Nein!«, entfuhr es mir, vielleicht ein wenig zu laut. »Nein, danke, ich komme schon zurecht. Bleib du einfach hier … bei deinem Wein … allein. Und ich gehe nach nebenan … in mein Bett … allein.«
»Na gut …« Sean klang verwirrt. »Dann bis morgen um zehn.«
»Ja, um zehn«, sagte ich nickend und verschwand rückwärts durch die Tür. Ich rannte die Eingangstreppe von Seans Haus hinunter, meine eigene Treppe wieder hinauf und stürzte durch die Haustür. Buster, die Alarmanlage, musste irgendwie bemerkt haben, dass der Zeitpunkt nicht gerade günstig war, um sich mit mir anzulegen, und verhielt sich tadellos.
Wenigstens einer von uns beiden. Denn ich fürchtete, dass mein eigenes Verhalten alles andere als tadellos gewesen wäre, wenn ich heute Abend noch eine Minute länger bei Sean verbracht hätte.
14
W ie abgemacht, klopfte Sean am nächsten Morgen um zehn Uhr bei mir an. Nachdem er sich erkundigt hatte, ob es mir heute besser ginge, machten wir uns auf den Weg in die Bond Street – eine U-Bahn-Strecke, die ich mittlerweile ganz gut kannte.
Wir erreichten Fenwick und
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