Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
durchquerten das Kaufhaus bis in die Handtaschenabteilung, wo ich Sheila hinter der Theke entdeckte. Anhand einer Lieferliste überprüfte sie die Bestände.
»So, du bleibst hier«, erklärte Sean und schob mich hinter einen Pfeiler. »Sheila muss ja nicht gleich wissen, dass wir zusammengehören.«
»Okay«, erwiderte ich und wünschte mir inständig, er hätte mich nicht berührt. Mein Magen war schon wieder in Aktion – wahrscheinlich trainierte er jetzt für den Wettkampf am Barren.
»Ich bin gleich wieder zurück«, erklärte Sean, der mich immer noch an den Schultern gepackt hielt und mir tief in die Augen sah. »Wünsch mir viel Glück.«
»Viel Glück!«, krächzte ich. Jetzt, da sich sein Gesicht so nah an meinem befand, wollte mir meine Stimme einfach nicht mehr gehorchen.
Sean ließ mich los und schritt dann entschlossen zu Sheila hinüber.
Erleichtert atmete ich auf. Das musste aufhören – sofort.
Nachdem ich letzte Nacht heimgekehrt war, hatte ich mir im Spiegel eine ernste Moralpredigt gehalten. Ich hatte mich deutlich ermahnt, dass ich in gerade einmal sechs Wochen heiraten würde. Unter keinen Umständen würde ich meinem Magen oder Verstand erlauben, irgendetwas davon zu wiederholen, was in jener Nacht in Seans Haus geschehen war. Sean war einfach nur ein Freund – genauer betrachtet, war er nicht einmal das, vielleicht ein Bekannter –, der mir half. Er war kein Filmstar oder irgendeine andere berühmte Persönlichkeit, wie mein Gehirn mir unterbewusst immer wieder suggerieren wollte, um gewisse Gefühle in mir zu wecken.
Nach meiner strengen Ermahnung hatte ich mich für das Vernünftigste entschieden und kurzerhand David angerufen. Nach einem langen Gespräch mit ihm hatte ich extrem gut geschlafen, was ich meinem reinen Gewissen zuschrieb. In Wahrheit hatte es wahrscheinlich eher etwas mit Davids langer, extrem detaillierter Beschreibung der Neuverfliesung unserer Küche zu tun.
Aber warum half Sean mir immer noch? Für ihn bestand doch gar keine Notwendigkeit; nach der Kurzreise nach Glasgow hätte er mich einfach links liegen lassen können. Es gab schlichtweg keinen Grund, warum er mich immer noch bei der Suche nach meiner Mutter unterstützte. Und trotzdem tat er es – warum?
Drüben in der Damenhandtaschenabteilung war Sean in ein Gespräch mit Sheila vertieft. Sheila schüttelte den Kopf, und Sean, der immer noch redete, tippte mit dem Zeigefinger kraftvoll auf die Glastheke.
Dann griff Sheila nach demselben Hörer, mit dem sie am Montag in der Personalabteilung angerufen hatte. Sie führte ein kurzes Gespräch, wahrscheinlich mit Janice, dann legte sie den Hörer wieder auf.
Es folgte ein weiteres Kopfschütteln ihrerseits, bevor ich sah, wie Sheila mit der Hand in meine Richtung deutete. Schnell zog ich den Kopf ein und versteckte mich wieder hinter dem Pfeiler.
»Sie brauchen sich gar nicht dahinten zu verstecken«, rief Sheila. »Ich weiß, dass Sie da sind. Ich habe Ihrem Freund gerade das Gleiche gesagt, was ich Ihnen bereits in den letzten drei Tagen gesagt habe. Wir können und werden Ihnen nicht mehr über Bill sagen. Sie müssen wohl oder übel warten, bis er wieder zur Arbeit kommt.«
Ich kam aus meinem Versteck hervorgeschlichen und gesellte mich zu Sean an die Theke.
»Dann werde ich meine Einkäufe eben anderswo tätigen!«, erklärte Sean laut. »Sheila, Sie bekommen doch Provision, oder?«
Sheila nickte ungehalten und schaute sich verstohlen um, wie viele Kunden die Szene wohl gerade mitbekamen.
»Ein blöder Fehler! Blöd! Idiotisch! Denn meine Freundin liebt Handtaschen, insbesondere teure Designermodelle. Und ich war heute in Spendierlaune und wollte sie mit mehr Handtaschen verwöhnen, als sie mit beiden Händen tragen kann. Aber nein – dank Ihnen kaufe ich in diesem Laden nicht. Schönen Tag noch.«
Allmählich bezweifelte ich, ob Sean mir wirklich die Wahrheit gesagt hatte, als er behauptete, dass er sich keine Kinofilme anschaue. Sein Ausbruch glich beinahe Wort für Wort dem von Julia Roberts, als sie die hochnäsige Verkäuferin in Pretty Woman abgekanzelt hatte. Ich wollte Sean gerade danach fragen, als er meine Hand packte und mich hinter sich her zum Ausgang zerrte.
»Sieh dich nicht um«, befahl mir Sean, während wir auf die Türen zueilten.
»Aber …«
»Vertrau mir!«
Wir erreichten den Ausgang und wollten gerade durch die Drehtür hinausgehen, als jemand etwas zischte.
»Hey, Sie, Mister!«
Wir drehten uns um und erblickten
Weitere Kostenlose Bücher