Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
in einer endlos langen Straße zu finden, in der sich Haus an Haus reihte – das war dagegen eine andere Sache. Diese Aufgabe war durchaus damit vergleichbar, eine Straßenbrücke mit einer Zahnbürste anzustreichen, aber dabei so peinlich, als müsse man die Malerarbeiten nur mit Unterwäsche bekleidet ausführen.
»Wie um alles in der Welt sollen wir mit der Suche anfangen?«, fragte ich Sean, als wir auf die endlosen Häuserreihen vor uns starrten.
»Indem wir an die erste Tür klopfen?«, schlug Sean vor. »Willst du die eine Straßenseite übernehmen und ich die andere?«
Da ich nicht sonderlich versessen darauf war, bei fremden Leuten anzuklopfen, und schon gar nicht, dies auch noch ohne Seans Unterstützung zu tun, lehnte ich seinen Vorschlag ab und sagte: »Nein, lass uns zusammen losziehen.«
»Na dann – was du heute kannst besorgen …«
Wie konnte er dabei noch so fröhlich bleiben? Nachdem wir an all diesen Haustüren angeklopft haben würden, würden unsere Sohlen qualmen und wir eine Sehnenscheidenentzündung im Arm haben.
Aber glücklicherweise verfügten die meisten Häuser über Türklopfer – und manche sogar über Klingeln, weshalb meine Hände Gott sei Dank verschont blieben. Meine Geduld jedoch nicht.
Nach der zwanzigsten Haustür war mir ständige Routine schon richtig vertraut geworden.
»Entschuldigung, wohnt hier vielleicht ein gewisser Bill?«, lautete stets Seans Frage, nachdem ich angeklopft oder geklingelt hatte und die Tür dann tatsächlich geöffnet worden war. Wenn dann die Antwort negativ war – wie in allen Fällen bisher – und die Person, die die Tür aufgemacht hatte, uns selbige nicht vor der Nase zugeknallt hatte, stellte Sean schnell die Anschlussfrage: »Sie kennen nicht zufällig einen Mann namens Bill, die hier in dieser Straße wohnt?«
Es dauerte jedoch nicht lange, bis mir aufging, warum mir dieses Vorgehen so vertraut vorkam. Es lag nicht an der ständigen Wiederholung von Klopfen, Klingeln und Fragen, sondern an der Tatsache, dass ich diese Szene schon einmal in einem Film gesehen hatte. Kaum zu fassen, dass ich nicht schon früher darauf gekommen war!
»O Mann!«, rief ich und schlug mir mit der Hand vor die Stirn.
»Was ist los?«, fragte Sean und öffnete eine kleine Pforte, die zur nächsten Haustür führte. »Wir können noch nicht aufgeben – wir haben nicht einmal die Hälfte der Häuser abgeklappert!«
Auf dem winzigen Fleckchen Erde vor dem Haus wuchsen sogar ein paar Pflanzen, und von den sonst üblichen Kühlschränken, Matratzen oder leeren Bierkästen, die wir dort bei den letzten paar Häusern vorgefunden hatten, war nichts zu sehen.
»Es ist ein Film!«, jubilierte ich.
»Was? Der Vorgarten?«
»Nein – das, was wir hier gerade machen. Anklopfen und fragen, ob jemand Bestimmtes hier wohnt. Nur, dass es im Film eben Hugh Grant ist, der nach seiner Hausangestellten Martine McCutcheon sucht, und wir im echten Leben nach Bill, Fenwicks Mädchen für alles.«
Sean schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wie du das immer anstellst. Du kannst diese Filmszene doch unmöglich manipuliert haben!«
»Ich manipuliere keine einzige meiner Filmszenen, Sean! Das ist doch genau das, was ich beweisen möchte! Filme sind gar nicht so anders als das wahre Leben. Vielleicht habe ich zu Beginn ein paar Manipulationen versucht«, gab ich zu und erinnerte mich an Kings Cross. »Doch immer, wenn ich eine Szene künstlich herbeiführen wollte, ist die Sache schiefgegangen. Und wie ich dich erinnern darf: Es war deine Idee, diese Straße von Haustür zu Haustür abzuklappern und zu fragen, ob Bill hier wohnt.«
»Dann entschuldige bitte, dass ich dir helfen wollte, aber …«
»Ja, Bill wohnt hier«, ertönte plötzlich eine Stimme.
Wir waren so in unsere Diskussion vertieft gewesen, dass wir überhaupt nicht bemerkt hatten, wie sich leise die Haustür geöffnet hatte. Eine ältere Dame mit einer bunten Schürze stand vor uns und wischte sich die mit Mehl bedeckten Finger an einem Geschirrtuch ab.
»Ja?«, erwiderten wir überrascht.
»Ja. Was wollen Sie denn von ihm? Leider geht es ihm nicht so gut. Oh, Sie sind doch nicht etwa von der Lotteriegesellschaft, oder? Haben wir gewonnen, und dieser alte Dummkopf hat mal wieder die Zahlen nicht richtig kontrolliert? Das hat er nämlich schon einmal, damals haben wir allerdings nur fünfzig Pfund gekriegt, aber es reichte, um uns etwas Schönes davon zu kaufen. Als Rentner können auch kleine
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