Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
einen jungen Kerl, der einen marineblauen Overall trug und einen Eimer und einen Schrubber in der Hand hielt.
»Ja?«, erwiderte Sean.
»Vielleicht weiß ich, wo Bill wohnt.«
Sean sah ihn lächelnd an. »Diese Information könnte für uns durchaus sehr nützlich sein.«
Der junge Kerl – der seinem Namensschild zufolge Joe hieß – beugte sich zu uns vor. »Hier kann ich nix sagen, hier sieht’s jeder. Treffen Sie mich in ein paar Minuten draußen – vor dem Schaufenster mit den Damenunterhosen.«
»Wir werden da sein«, antwortete Sean mit verschwörerischem Kopfnicken.
Er ließ meine Hand nicht los, sondern zog mich durch die Drehtüren nach draußen. Zusammen liefen wir an den Schaufenstern vorbei, bis wir an der Auslage mit der Damenunterwäsche ankamen, für die mit dem Slogan Das ideale Geschenk zum Valentinstag für die Dame Ihres Herzens geworben wurde.
Dabei handelte es sich genau um die Sorte Unterwäsche, die für einen Mann das ideale Geschenk zum Valentinstag darstellte. Meiner Erfahrung nach waren diese Dessous weit davon entfernt, die ideale Unterwäsche für irgendeine der Frauen zu sein, die ich kannte.
Sean starrte ins Schaufenster.
»Du kannst deine Zunge wieder einrollen«, erklärte ich und wandte der Auslage meinen Rücken zu.
»Ist das etwa nicht das ideale Geschenk für dich ?«
»Wohl kaum.«
»Armer David.«
»Ich hätte dir wirklich mehr Geschmack zugetraut, als auf so etwas abzufahren«, erwiderte ich und nickte mit dem Kopf in Richtung der Dessous.
»Vielleicht.« Sean grinste. »Aber ein kurzer Blick kann nicht schaden.«
Joe tauchte vor uns auf. »Hab nicht viel Zeit«, erklärte er und sah sich verstohlen um. »Sonst suchen sie mich. Hab gehört, wie Sie eben nach Bill gefragt haben, und hab Sie hier«, er nickte zu mir herüber, »auch nach ihm fragen sehen. Hat er was ausgefressen?«
»Nein, überhaupt nicht …«, wollte ich erklären. »Er …«
»Lassen Sie uns gleich zur Sache kommen«, unterbrach mich Sean.
Ich starrte ihn finster an und verschränkte eingeschnappt die Arme vor der Brust.
»Bill hat nichts angestellt«, fuhr Sean direkt an Joe gewandt fort. »Wir würden ihm nur gern ein paar Fragen stellen. Vielleicht könnte das hier dabei helfen?« Sean zog zwei Zwanzig-Pfund-Noten aus seiner Geldbörse.
»Nee, in letzter Zeit hab ich ein Gedächtnis wie ein Sieb«, erwiderte Joe und sah gen Himmel.
Sean zog zwei weitere Zwanziger aus dem Portemonnaie.
O mein Gott, das machte dann schon achtzig Pfund! Hätte David jemals so viel Geld bei sich, würde er sich die Börse ans Handgelenk ketten.
Joe nickte. »Das könnte helfen.« Er wollte nach den Scheinen greifen, doch Sean riss sie rechtzeitig weg.
»Zuerst die Informationen.«
Ich war beeindruckt. Das war ja fast wie im Kino!
»Ich hab keinen Schimmer von der Hausnummer oder so, aber er wohnt auf jeden Fall in West Ham. Da ist er jeden zweiten Samstag bei West Ham United im Stadion auf der Zuschauertribüne.«
»West Ham ist ein ziemlich großer Bezirk, Joe.« Sean zog einen weiteren Zwanziger aus dem Portemonnaie.
»Ähm, ich glaube, er sagte, er wohnt in der Chesterton irgendwas …«
Sean zählte die Scheine in seiner Hand.
»Chesterton Terrace – das war’s. Ja, jetzt fällt es mir wieder ein.«
»Was ist mit der Hausnummer?«, hakte Sean nach.
»Nee, die weiß ich nich. Kann ich jetzt das Geld haben?«
Sean musterte Joe mit zusammengekniffenen Augen. »Also schön, hier.«
Joe schnappte sich das Geld und verschwand schnurstracks wieder im Kaufhaus.
Sean drehte sich zu mir um. »Na?«
Ich starrte immer noch Joe hinterher und war sprachlos, wie schnell sich Sean um hundert Pfund erleichtert hatte.
»Tut mir leid. Das Geld bekommst du natürlich zurück.«
»Nein, ich meinte nicht das Geld – mach dir darum keine Sorgen. Was sagst du zu Joes Informationen?«
»Oh … natürlich. Ich denke, damit lässt sich etwas anfangen. Aber wenn dort niemand seine Nachbarn kennt, könnte sich die Suche nach ihm zur berühmten Nadel im Heuhaufen entwickeln …« Ich seufzte. »O Mann, warum muss das bloß immer alles so schwierig sein?«
»Komm schon«, rief Sean und nahm meine Hand. »Sag niemals nie – das wird eine echte Herausforderung!«
15
E ine Herausforderung? Der Desserttheke in einem Restaurant zu widerstehen, wenn mich die darin befindlichen heißen Schoko-Karamell-Törtchen lockten – das war das normale Ausmaß meiner alltäglichen Herausforderungen.
Einen älteren Herrn
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