Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Titel: Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Johnny
Vom Netzwerk:
genannt, aber auf dich würde die Bezeichnung Schnösel passen.«
    »Wenn es sein muss, ja.«
    »Ich weiß nicht, was du zu wissen glaubst, aber es gibt nichts, womit du mich erpressen könntest.«
    »Wie lange sind Sie schon verheiratet?«
    Red zögerte und blickte mich neugierig, aber auch misstrauisch an. »Im November werden es vierzig Jahre. Lieb, dass du fragst. Ich sage dir auch, wo du das Geschenk kaufen kannst. Am besten bei Crate and Barrel. Sie findet diesen Ramsch ganz toll.«
    »Vierzig Jahre? Seltsam, denn ich weiß noch, dass Pop mir eine Geschichte über Sie beide in San Felipe geschrieben hat. Es ging um eine Flasche mezcal con gusano, eine jugendliche Schwärmerei und einen erstaunlich überzeugenden Transvestiten. Aber ich dachte, er hätte gesagt, das wäre vor fünfunddreißig Jahren gewesen. Den Brief habe ich noch, ich kann jederzeit nachsehen.«
    Sein Pokerface zeigte keine Regung, aber an seiner Schläfe rann eine Schweißperle herunter. In diesem Eiskeller konnte das nur bedeuten, dass ich einen Nerv getroffen hatte.
    Ich fuhr fort und ließ ihn nicht vom Haken. »Auch wenn Pop seine eigenen Geheimnisse nicht gern preisgab, mit Ihren war er nicht so pingelig. Sie beide sind vor zirka zwanzig Jahren zum Hunderennen nach San Luis Rio Colorado gefahren, stimmt’s? Pop hat erzählt, Sie hätten am Ende so einem mexikanischen usurero Ihren Ehering verscherbelt, um Ihre Wettschulden zu bezahlen.
Das war schon eine tolle Geschichte. Ihre Frau ist im Garten, haben Sie gesagt? Ich glaube, ich gehe mal hallo sagen? Was haben Sie ihr erzählt? Sie hätten ihn verloren? Sie wurden überfallen?«
    Ich starrte ihn an. Er starrte mich an.
    Nach einer Weile sagte er: »Du warst schon immer ein kleines Arschloch.«
    »Stimmt«, sagte ich.
    Red stopfte seine Pfeife und nahm sich ewig Zeit, um es ganz perfekt zu machen. Als er schließlich die Pfeife angezündet hatte, sagte er: »Ich erzähle dir alles, aber genauso, wie es war. Jede verdammte Kleinigkeit. Willst du das wirklich? Alle Einzelheiten? Willst du wirklich die Geheimnisse deines Vaters wissen? Dein Vater war mein Freund, mein bester Freund. Trotzdem konnte er ein ziemlicher Dreckskerl sein.«
    »Was ich will, spielt keine Rolle. Ich muss es einfach wissen.«
    »Ich war da, als du geboren wurdest. An dem Tag, als deine Mutter starb. Du weißt das natürlich, aber du kanntest sie nicht. Du hast sie nie als Paar zusammen gesehen, außer auf Fotos. Ich war mit deinem Vater im Wartezimmer. Ich sehe ihn noch da sitzen. Sein Gesicht ohne Ausdruck, sein Körper in sich zusammengesackt. Stumm hielt er ein paar billige Zigarren in der Hand. Gott, Zigarren! Das waren andere Zeiten. Ich kannte deinen Vater fünfzig Jahre lang. Noch länger. Aber das war das einzige Mal, dass ich ihn im nüchternen Zustand habe weinen sehen. Er hatte Angst, war am Boden zerstört und sogar glücklich. Alle Gefühle, zu denen ein Mann fähig ist, er fühlte sie alle auf einmal. Er war ein gebrochener Mann. Mit einer Verantwortung, der er nicht gewachsen war. Mit einem Verlust, der ihn aus heiterem Himmel getroffen hatte, und einer Belastung, die er nicht wollte. Ich rede von dir, James.«
    Ich hörte zu und spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg.
    »Als Big Jack deine Mutter kennenlernte, war er schon über fünfzig und sie war erst sechs- oder siebenundzwanzig. Sehr jung. Auch in dem Alter war Jack noch ziemlich wild. Ein eingefleischter Junggeselle, ein Säufer, ein Spieler, durch und durch ein Tunichtgut.
Die Geschichten, die er dir erzählt hat, waren garantiert harmloser als die Wirklichkeit. Der Schweinehund hat ständig irgendwelchen Ärger angezettelt. Aber blöd war er nicht. Ich kenne niemanden, der so viel liest. Er kannte sich aus. Ein guter Mensch, aber immer in der Bredouille. Zumindest sah es so aus. Er war zu lang allein gewesen, er wusste es nicht besser. Für ihn ging’s nur ums Überleben. Viele, die in der Depression aufgewachsen sind, waren so, aber Big Jack ganz besonders. Deine Mutter Barbara, sie hat ihn gebändigt.
    Jack hat deine Mutter geliebt. Das steht fest. Bis du kamst, zählte für ihn auf der Welt nichts außer ihr. Soweit ich das beurteilen konnte. Klar, wir waren Freunde, aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Er war Barb total ergeben. Bei dem Altersunterschied ist es auch gar nicht anders möglich. Sie hatte ihn schließlich nicht wegen seinem Geld geheiratet. Er hatte keines. Er war nie ein besonders guter Farmer. Zuerst haben

Weitere Kostenlose Bücher