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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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Fenstereinfassung mit Expertenblick.
    Mighty Mäxx
ließ sich nun auch am Tisch nieder und zündete sich eine Zigarette an. Als er Wencke die schwarz-weiß karierte Schachtel entgegenhielt, kam sie das erste Mal ins Schwitzen. Sie hatte schon vor Emils Geburt mit dem Rauchen |93| aufgehört, aber wenn sie als Mallorca-Bar-Besitzerin durchgehen wollte, konnte sie nicht so zimperlich sein. »KARO? Hab ich ja ewig nicht geraucht«, sagte sie und griff beherzt zu. Der Schatzmeister gab artig Feuer, Wencke zog, inhalierte vorsichtig, ging doch, schmeckte ekelhaft, aber sie würde es überleben.
    »KARO rauchen wir alle. Wir sind so ’n bisschen ost-orientiert. Trinken auch am liebsten Lübzer.«
Mighty Mäxx
krempelte den Ärmel seines grauen Hemds hoch und ließ den Bizeps tanzen, auf dem sich in verwaschenen Farben die eintätowierte DD R-Fahne erkennen ließ. »Hammer und Sichel, auch eine Erinnerung an frühere Zeiten. Was für ein Bier hast du denn?«
    »Was?« Wencke zog wieder an der Zigarette. Diesmal etwas mutiger. Ihre Fingerspitzen kribbelten, ein Gefühl, wie sie es das letzte Mal als Teenager hatte.
    »Welche Biersorte gibt es bei dir auf Malle?«
    »Ach so   …« Mist, keine Ahnung, Wencke trank nie Bier, sie hasste alles, was blubberte, bekam Sodbrennen davon. »Jever«, fiel ihr endlich ein, und sie schickte ein kleines Dankeschön in Richtung friesische Heimat. Das war knapp gewesen. Besser, sie wechselte das Thema. »Wann würden Sie denn hier einziehen?« Sie schaffte es einfach nicht, in dieses kumpelhafte Du zu fallen.
    »Wenn wir uns vertragseinig sind, am liebsten sofort.«
    »Was ist denn mit dem alten Clubhaus?«
    »Liest du keine Zeitung?«
    Sie zuckte die Achseln. Möglichst desinteressiert wirken und trotzdem Fragen stellen, einfach war das nicht. »Bin gerade angekommen und erst seit heute Morgen hier in Schwerin, weil mein Kumpel Kalle mir gesagt hat, ihr braucht was Neues zum Wohnen. Warum, hat er mir nicht verraten.«
    »Irgendein Arschloch hat uns letzte Nacht die alte Bude |94| abgefackelt. Und vorher hat sich die Polizei da breitgemacht, es gab nämlich einen Mord auf dem Gelände.«
    »Einen Mord?«, entsetzte sich Christine Frey.
    »Haben wir natürlich nichts mit zu tun. Echt nicht, Lady, wir sind im Grunde total friedlich!« Der Hundeblick, mit dem der Rockerpräsident Wencke bedachte, wirkte ziemlich lächerlich.
    »Bei uns am Balneario gibt es auch immer Krawall, die Bullen stehen einmal die Woche in meiner Bar und machen Stress. Macht euch keinen Kopf, ich kenn das Gesocks.« Diese Sätze schienen sowohl dem Schatzmeister als auch
Mighty Mäxx
zu gefallen, also wagte Wencke eine beiläufig klingende Frage: »Wer ist denn umgebracht worden?«
    »Unser Bruder.« Der Zahlenmeister seufzte, seine Betroffenheit wirkte echt. »Ein feiner Kerl, Anwalt, Leo Kellerbach. Ganz feiger Mord.«
    »Scheiße«, drückte Wencke angemessen ihr Beileid aus. War jetzt der richtige Zeitpunkt, ihre kleine Forderung zu stellen? Oder sollte sie noch etwas mehr Boden unter den Füßen gewinnen? Wencke war unschlüssig, die Sache mit dem Bier hatte ihre Selbstsicherheit ausgebremst. Doch die gemeinsame Abneigung gegen die Polizei war ein halbwegs verbindendes Element. Reichte das? Vielleicht war sie noch zu wenig Christine Frey, wenn sie es schon mit dem Duzen nicht schaffte   …
    Zwei Motorräder fuhren auf den Hof. Kalle, ganz Fensterexperte, hatte die verschmierten Läden geöffnet, und so konnte man erkennen, dass ein Mann und eine Frau von den Maschinen stiegen. Als sie die Helme absetzten, erkannte Wencke den Mann wieder, sie hatte ihn eben bei Boris’ Vortrag auf einem Verbrecherbild zu Gesicht bekommen, der Mann mit dem Hundenamen.
Patch Blacky
sah in natura wesentlich besser aus. Im Gegensatz zu den meisten hier herumlaufenden Kerlen war er schlank, nicht übertrieben durchtrainiert, trug einen |95| Bart, der ihn nicht entstellte, und hatte eine vernünftige Frisur, dunkelblonde Locken, gar nicht schlecht. Die Frau hingegen war Wencke unbekannt. Das glatte, halblange Haar war streng aus dem Gesicht gekämmt, und eine Intellektuellenbrille in Rot komplettierte ihre Erscheinung. Sie passte weder in diese zwielichtige Gesellschaft hier noch in ihre eng anliegende Lederkluft. Doch das schien sie nicht besonders zu stören.
    »Unsere Anwältin Nikola Kellerbach«, erklärte der Präsident.
    »Der Nachname – ist sie etwa die Witwe Ihres ermordeten Mitglieds?«, gab Wencke sich unwissend.
    »Die

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