Taubenkrieg
der die
Gangster
einen gewissen Gustav Sowieso fertiggemacht haben, spricht leider zusätzlich für die Bandenkriegtheorie. Dieser Gustav ist einer der Geschäftsführer im
Hot Lady
, das ist dieses Bordell, an dem sich der Streit zwischen den Clubs ursprünglich entbrannt hat.«
»Der Typ hat mich zuvor länger als zwei Stunden beschattet. Vielleicht hat der Überfall auch damit etwas zu tun?«
»Dann hat das LKA Hannover zu Recht die Sorge, dass unsere verdeckte Arbeit hier in Meckpomm auffliegt. Die neuen Erkenntnisse problematisieren das Ganze zusätzlich.«
Wencke schnaubte. »Wir sind eingesetzt worden, weil Niedersachsen einen Bandenkrieg verhindern wollte. Die neuen |143| Erkenntnisse stützen unsere These, dass der Mord an Kellerbach nicht auf das Konto eines verfeindeten Clubs geht.
Eine
DNA heißt, es war eindeutig keine Rockerbande vor Ort. Und wir sollen uns jetzt grundlos zurückziehen?«
»So einfach ist das nicht. In dem Gutachten vermitteln wir den Eindruck, sicher zu sein, dass im Bootsschuppen zwei Personen gewesen sind. Täter und Opfer. Da es nun lediglich Spuren von Kellerbach gibt, fällt unsere These in sich zusammen. Wir sind genauso schlau oder dumm wie das LKA Meckpomm – und somit nicht berechtigt, ihnen ins Handwerk zu pfuschen.«
»Dass dieser Einsatz den Rahmen sprengen würde, wussten unsere Chefs bereits vorher«, motzte Wencke. »Sie haben diesen ganzen Zauber bewilligt, weil sie fest an einen Erfolg geglaubt haben. Und nur weil es jetzt nicht geradeaus geht, soll alles für die Katz gewesen sein?«
Die Kosian blickte Wencke an wie ein ungezogenes Kind, und auch die beiden Techniker schielten in ihre Richtung. So also fühlte es sich an, wenn man alle Energie aufbrachte und doch nicht vom Fleck gekommen war. Wie so ein bescheuertes Motorrad, bei dem die Räder durchdrehten,
Burn Out*
hieß das Manöver, hatte
Patch
ihr erklärt. »Und was machen wir jetzt? Alles abblasen? Nachdem wir mittendrin sind in dem Fall?«
Die Kosian nickte. »Nicht so Hals über Kopf, das würde auffallen. Aber stellen Sie sich darauf ein, morgen Ihre Koffer zu packen. Ihr Sohn wird sich freuen, wenn Sie so schnell wieder bei ihm sind.«
Ja, das wird Emil, dachte Wencke. Aber ich … nein, beim besten Willen, ich kann mich kein Stück darüber freuen.
|144| Die Zwölf
steht als Zahl für den sich schließenden Kreis
»Wer sind Sie? Und was wollen Sie von mir?« Nikola Kellerbach erhob sich nicht von ihrem Platz und blieb auch stur dabei, Zucker in ihren Espresso zu rühren. Sie schaute noch nicht einmal über ihre roten Brillenränder.
Heide blieb etwas unglücklich vor dem runden Tisch stehen, wartete, machte nichts, ließ sogar ihre Sommerjacke an, obwohl es im Inneren des
Café Prag
nicht gerade kühl war, trotz der hohen Decken. Die Hitze ließ sich nicht aufhalten, kroch durch die Gassen der Altstadt und bei jeder Gelegenheit auch in die Häuser. Die Kellnerinnen waren damit beschäftigt, kalte Getränke zu servieren, Eisbecher und vielleicht mal einen Salat. Man sah ihnen an, dass sie den Feierabend herbeisehnten, zum Arbeiten war es heute zu schwül. Nur Leos Schwester wirkte wie ein Eisschrank. »Ich habe nicht viel Zeit, und wenn es um meinen Bruder geht, möchte ich Sie herzlich bitten, sich an die Kripo zu wenden. Dazu werde ich nämlich kein Wort sagen.«
Heide versuchte, nicht zu einer wachsweichen Pfütze zusammenzuschmelzen. Sie war für solche Auftritte ungeeignet. Es kam ihr unwirklich vor, dass sie hier in diesem zeitlosen Intellektuellencafé Leos Schwester ansprach, einfach so und offensichtlich unerwünscht. Normalerweise hätte sie noch nicht einmal einen Schritt hier hineingesetzt, das war nicht ihre Welt.
|145| Aber Tim Beisse wusste, dass Nikola Kellerbach ihre Mittagspause im
Café Prag
verbrachte. Um Punkt 13.30 Uhr. Er wusste, dass sie einen halben Liter italienisches Mineralwasser und ein Sandwich bestellen und an welchem Tisch sie sitzen würde. Alles wusste er.
Sogar, dass Heide seiner Aufforderung nachgehen würde, selbst wenn es ihr noch so sehr widerstrebte. Auch daran hatte Tim Beisse, dieser merkwürdige Besucher gestern Abend, keinen Zweifel gehabt.
Heide holte tief Luft, als habe sie vor, eine Oper zu singen. »Ich bin … ich war die Freundin von Leo.«
Nikola lächelte mit der linken Gesichtshälfte, die rechte verriet, dass sie kein Wort davon glaubte. »Unsinn!«
»Doch! Wir waren seit über einem halben Jahr ein Paar.«
Der Blick, mit dem
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