Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
Vom Netzwerk:
was?«
    Sie musste schon länger in Deutschland sein, sonst würde |171| sie solche Redewendungen nicht kennen. Dann war sie aber auch nicht die Art von Mädchen, nach denen Boris Ausschau hielt. Nicht, dass er überhaupt nach Mädchen Ausschau hielt. Aber sie wirkte auf jeden Fall zu abgeklärt und cool. Er nahm allen Mut zusammen. »Tut mir leid, du bist nicht mein Typ.«
    »Kein Problem, Süßer.« Sie lächelte, als wäre sie darüber nicht allzu überrascht. »Was suchst du denn? Ein bisschen mehr dick? Oder älter? Oder Leder?«
    Boris schüttelte nach jeder Frage den Kopf. »Eher jünger. Und unerfahren   …«
    Sie zog skeptisch ihre künstlichen Augenbrauen zusammen. »Du siehst nicht aus wie Typ, der will kleine Mädchen.« Alenka schien über gute Menschenkenntnis zu verfügen. Sie schob ihren fast nackten Hintern vom Leder und stolzierte auf ihren dünnen Absätzen in den hinteren Bereich, der durch einen Urwald aus künstlichen Palmenblättern nur schlecht einzusehen war. Die Krankenschwester hatte sich einen Patienten auf den Tisch gelockt. Ein dicker Mann um die sechzig ließ sich von ihr mit einem herzförmigen Stethoskop abhören, seine Hose zeigte eine peinliche Beule. Aus den Boxen schallte immerhin passend dazu Pinks ›Just like a pill‹.
    Alenka kam zurück mit einer sehr zierlichen Asiatin und einer etwas größeren, dafür mit geflochtenen Zöpfen dekorierten Blondine. Zweitere schaute von unten herauf und kaute sich die Unterlippe platt. Das konnte Show sein, klar, aber irgendwie hatte Boris das Gefühl, dass sie die Richtige für ihn sein könnte.
    »Tamara«, stellte Alenka vor. »Aber erst trinken, dann Zimmer, okay?« Sie zeigte der Barfrau zwei Finger, und in Lichtgeschwindigkeit standen Champagnerschalen vor ihnen. Das würde ein sündhaft teures Abenteuer werden, das wusste Boris. Er war verrückt, so weit zu gehen. Vollkommen verrückt. Was versprach er sich überhaupt von dieser Aktion?
    |172| »Zum Wohl«, prostete er seiner Auserwählten zu. Die nippte stumm an ihrer Puffbrause.
    Vier Männer kamen zur Tür herein, so laut und ungestüm, dass klar war, wenn sie hier keine Chefs wären, hätte der Securitymann ihnen schon längst ein paar Takte erzählt. An den Klamotten war unschwer zu erkennen, dass es sich um
Devil Doves
handelte, zumindest drei von ihnen trugen das hässliche Vogelskelett als Patch auf dem Rücken ihrer Kutte. Der Vierte war oben herum nackt. Sein Oberkörper wies keinen unbeschriebenen Flecken mehr auf, ein grünstichiges Tattoo reihte sich ans nächste, als würde ein Projektor ihm das Bild eines Komposthaufens auf den Rücken projizieren. Richtig gerade lief der Mann nicht, wenn man genau hinschaute, wurde deutlich, dass die anderen drei ihn hektisch und möglichst unauffällig durch den Raum bugsierten. Kräftige Männerhände hielten seine Oberarme umklammert, eine Faust auf der Wirbelsäule zwang ihn zum aufrechten Gang. Der Abgeführte konnte sich kaum rühren, doch als er einen kurzen Blick nach links schaffte, erkannte Boris ihn, trotz des zugeschwollenen Auges und des wirren Haars, das ihm quer über das Gesicht hing, da sich der Zopf gelöst hatte: Kalle!
    Boris ließ das blöde Glas auf den Tresen krachen, als wäre es ein Bierkrug. Was passierte da? Hatten sie Kalle etwa enttarnt? Das würde bedeuten, dass Wencke   … Scheiße, er musste dringend telefonieren.
    »Ich muss mal eben auf die Toilette. Bleib bitte hier sitzen«, sagte er zu Tamara, aber sie schien ihn nicht wirklich zu verstehen und nickte, als wäre in ihrem Genick ein Mechanismus eingebaut, der die passenden Bewegungen steuerte.
    Er stand auf und lief den vier Männern hinterher, die im hinteren Gang verschwunden waren. Er sah, wie Kalle in einen Raum am Ende des schwarzen Flurs gestoßen wurde. Dann trat eine dicke Frau in seinen Weg. »Wohin so eilig, Süßer?« |173| Es war die Bardame, entweder befürchtete sie, dass er sich durch die Hintertür verdünnisierte, ohne den schalen Schaumwein zu bezahlen. Oder sie hatte strikte Anweisungen, die eben Eingetretenen vor neugierigen Augen zu schützen.
    »Wo sind denn die Klos?«
    »Wir sind ein modernes Haus, Süßer! Jedes Zimmer hat ein eigenes Bad mit Pott, ganz schnuckelig, du wirst sehen. Tamara zeigt dir gern den Weg.«
    Trotz der lauten Musik meinte Boris, einen Schrei gehört zu haben. Was stellten sie mit Kalle an? Warum hatten sie ihn entkleidet? Es gab nur eine Erklärung, Boris wollte es sich aber lieber nicht

Weitere Kostenlose Bücher