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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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neben sie und wartete ab. Nach ungefähr drei Minuten ließ sie ihren Kopf in seinen frotteeverhüllten Schoß fallen und er legte seine Hand auf ihr Haar. »Streicheln?«, fragte sie.
    Er streichelte keinen Millimeter weiter abwärts als bis zu ihren Ohrläppchen.
    »Was ist los? Keine Ding?«
    »Nein, keine Ding.« Das war echt zum Lachen und doch so traurig. »Können wir nur reden?«
    |176| »Reden?« Sie setzte sich auf, als hätte er ihr etwas Furchtbares angedroht. »Was willst du von mich?«
    Boris hob abwehrend die Hände. »Aber ich dachte, das wäre gar nicht so selten, dass die Männer hierher kommen und eigentlich nur reden wollen   …«
    »Pryadil’shchik!«, schrie sie so spitz, dass Boris Angst hatte, gleich von einem Haufen Securityleuten überwältigt zu werden, die aus Angst um ihr Mädchen ins Zimmer gestürmt kamen.
    »Was sagst du?«
    »Spinner! Das ist izvrashcchennyĭ! Wenn Mann nur will reden, er nimmt alte Frau mit dicke Titten. Nicht kleine Mädchen.«
    »Blödsinn, wer hat dir das denn erzählt?«
    »Meine Chef. Er sagt, Freier für Zimmer drei will streicheln und sonst normal alles, du weißt. Nicht reden. Nur Hallo und Tschüss.« Sie zog ihre Füße an und legte die Arme um die Knie. Ihre Augen waren riesig, und die Furcht schwamm darin. Jetzt sah sie zum ersten Mal wirklich wie ein kleines Mädchen aus.
    »Männer sind ja nicht alle gleich«, versuchte Boris, sie zu beruhigen. Er hütete sich jedoch davor, sie auf irgendeine Weise zu berühren. »Das weißt du doch bestimmt auch. Manche sind nett und manche böse. Du hast ja auch viele Chefs, oder nicht? Sind die alle gleich?«
    Sie schüttelte den Kopf und biss sich wieder auf die Lippe.
    »Wie viele Chefs hast du denn?« Gut, das war vielleicht ein bisschen plump, aber er wollte nicht zu viel Zeit vergeuden, schon bald könnte es hier drunter und drüber gehen. Tamara machte keine Anstalten, zu antworten. Sie fummelte an ihren rosa Fußnägeln herum. »Du hast bestimmt einen Chef, der dich bewacht, und einen, der mit dir das Geld abrechnet. Und so weiter   …«
    |177| Sie schaute ihn an, wieder von unten nach oben, dieser einstudierte Blick, der so unecht wirkte und einem gerade deswegen das Herz zerriss. »Willst du jetzt machen Liebe oder nicht? Wenn ich nicht arbeiten, kriege Probleme.«
    »Aber ich zahle ja dafür.«
    »Du Bulle, oder? Ich nicht blöd!«
    »Ich könnte dir helfen, hier rauszukommen.«
    »Nein. Ich bleibe hier. Es ist okay.« Sie schien das wirklich zu glauben. Inzwischen hatte sie eine fast trotzige Pose eingenommen. Verschränkte Arme, zusammengepresste Beine. Boris legte ihr die Bettdecke über die nackten Schultern.
    »Wie alt bist du?«
    »Zweiundzwanzig. Und ich komme aus Tscheljabinsk. Alles okay. Ich Papiere und sauber.«
    »Du machst das freiwillig?«
    Sie lachte kurz auf. »Ich mache für meine Freund. Aus Liebe. Weil er hat Frau und muss ihr geben viel Geld, damit er ist frei für mich.«
    Das glaubst du?, wollte Boris fragen, doch er hielt sich zurück, denn auch wenn er es nicht verstand, nie verstehen würde, rein theoretisch wusste er aus seinen Lehrbüchern, dass es so etwas gab. Frauen wollten an die große Liebe glauben, und wenn sie dafür die unmöglichsten Lügen schlucken mussten – alles war zu ertragen außer dem Gedanken, nicht geliebt zu werden. Wenn er Tamara ins Gewissen reden würde, wäre das Gespräch mit dem nächsten Satz beendet. »Will er dich heiraten?«, fragte er stattdessen.
    Sie nickte leicht. Dann schaute sie auf die Uhr. »Zwanzig Minuten gleich um. Wenn du bleibst, mehr Geld.«
    »Ich glaube, ich kenne deinen Freund«, machte Boris weiter. Er musste es drauf ankommen lassen und wenigstens einen weiteren Namen herausfinden. »Er ist einige Jahre älter als du, oder nicht?«
    |178| Sie nickte eifrig. »Aber kein Problem. Er ist lieb   …«
    »Genau, jetzt fällt es mir ein. Er hat mir vor Kurzem erzählt, dass er seine große Liebe gefunden hat und für sie seine Frau verlassen will.«
    Es war das erste Mal, dass sie ihm direkt in die Augen blickte. Ihr Lächeln war echt. »Du kennst ihn?«
    »Ich bin   …« Jetzt musste er improvisieren. Wen oder was konnte er sicher dem
Hot Lady
zuordnen? »Ich bin ein Freund von Gustav. Weißt du, er ist gestern nach einem Überfall ins Krankenhaus gekommen, und ich habe ihn besucht.«
    »Gustav?« Sie überlegte. »Mann mit sehr große Silberbrille?«
    »Genau der.« Boris erhob sich vom Bett, ging ins Bad und fischte seine

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