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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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Angriffen die
G-Point -Gangster
stecken, das habe ich noch nie |256| geglaubt und werde es auch nie. Doch mit dieser Meinung stehe ich verdammt alleine da.«
    Plötzlich ging die Tür auf und Gauly kam herein, seinen Schritt konnte man fast schon militant nennen. Wenige Millimeter vor Wencke blieb er stehen, beugte sich zu ihr herunter, so nah, dass sie die Poren auf seiner etwas zu breiten Nase erkennen konnte. »Verdammt noch mal, Tydmers, Sie sind doch eine kluge Frau!« Sein Atem roch nach Salbeibonbons. »Ich habe mir eben Ihre Akte aus Niedersachsen kommen lassen. Alle Achtung! Mit dreißig schon Hauptkommissarin, dann ein Stipendium in Quantico und schließlich Fallanalytikerin in Hannover. Beeindruckend! Ich erinnere mich sogar, von Ihrem bravourösen Einsatz in Istanbul gelesen zu haben. Ein Bombenattentat in der Blauen Moschee haben Sie verhindert – wow!«
    »Was wollen Sie?«, fragte Wencke.
    »Ich würde Sie gern überzeugen, dass das, was wir hier tun, richtig und moralisch korrekt ist!« Man konnte ihm nicht ansehen, ob er das sarkastisch meinte oder ernst.
    »Aus welchem Grund? Meine Meinung ist Ihnen doch egal, Sie werden ohnehin dafür sorgen, dass ich nie wieder außerhalb dieses Schuppens etwas erzählen kann.«
    Er überging den Einwurf, stattdessen ließ er sich von einem der braven Kerkermeister einen zweiten Stuhl bringen, auf den er sich rittlings setzte. »Wissen Sie, das höchste Gut des Menschen ist seine Freiheit«, begann er sein Plädoyer.
    »Wem erzählen Sie das?« Wencke rasselte mit den Handschellen.
    »Doch Freiheit ist nur machbar, wenn man diejenigen, die damit nicht umzugehen wissen, kontrolliert.«
    »Reden Sie von den
Devil Doves
? Von ASMV? Oder von den Zuständen in der DDR?«
    Er zog seine buschigen Augenbrauen hoch, und die sich aufwerfenden |257| Falten zierten seinen kahlen Schädel. »Ein intelligenter Kommentar, Frau Tydmers. Und ich will gern darauf eingehen. Ich nehme an, Sie haben die üblichen Vorurteile, die alle Westdeutschen pflegen, wenn sie sich über die Deutsche Demokratische Republik äußern. Ein Unrechtsstaat sei es gewesen, der die Menschen in ihrer individuellen Meinung eingeschränkt, sogar unterdrückt hat.«
    »In etwa das denke ich, ja.«
    »Was Sie und die anderen dabei aber völlig außer Acht lassen, ist die Tatsache, dass es auch in der angeblich so freien Bundesrepublik genügend Gesinnungen gab und gibt, die sich gegen die Gemeinschaft stellen und wirkliche Freiheit unmöglich machen. Die Rechtsradikalen breiten sich in den Dörfern aus und vergraulen die Einheimischen. Das so hoch gelobte Multikulti bringt in Wirklichkeit jede Menge Probleme wie Ehrenmorde, unterdrückte Frauen, kulturelle Feindseligkeiten und Bildungsstaus mit sich. Die freie Marktwirtschaft schürt den Neid untereinander, ist verantwortlich für kriminelle Machenschaften von Betrug bis Raubüberfall. Und kein Mensch interessiert sich dafür, was in den Straßen und Häusern seiner Stadt passiert. Jeder achtet nur auf sich, auf seine Sicherheit und sein Wohlergehen. Und alle haben Angst!« Jetzt erhob er sich und blieb breitbeinig über dem Stuhl stehen. »Als Leitender Oberstaatsanwalt muss ich mich tagtäglich mit den Auswüchsen beschäftigen, die diese so viel gerühmte Freiheit des neuen Deutschlands mit sich bringt. Und ich kann das nicht mehr aushalten!« Er sah Wencke an, als erwarte er einen Satz aus ihrem Munde, den er dann als neuen Auftakt für seinen Monolog nutzen könnte. Doch den Gefallen tat Wencke ihm nicht.
    »Sie mögen über ASVM schmunzeln und an alte Stasimethoden denken. Ich sehe Ihnen an, Sie glauben, wir hätten nichts dazugelernt, wären noch immer auf dem Stand der |258| vergangenen Zeiten. Sie täuschen sich. Ich wünsche mir keinen Staat mehr, in dem man fürchten muss, dass der Nachbar oder beste Freund einen bespitzelt. Das waren unsaubere Methoden damals. Diese Heimlichkeiten, Lügen, falschen Spiele   …«
    »Sie wünschen sich das Ganze also eher   … unheimlich?«
    »Wenn jeder auf jeden acht gibt und ein Jugendlicher weiß, dass die Mitbürger ihn im Auge behalten, wenn er in den Supermarkt geht, dann wird er es unterlassen, eine Schnapsflasche zu stehlen. Der Junge wird gar nicht erst anfangen mit dem ganzen Mist. Weil er weiß, die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, ist viel zu groß. Diese Überwachung kann die Polizei allein nicht bewerkstelligen. Da müssen wir alle ran, da müssen Sie und ich aktiv mitmachen. Und für

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