Tauchstation
von Suzanne gefürchteten düsteren Sterbeakt zu tun. Statt dessen landeten sie inmitten einer fröhlichen Feier, die sie an die Party vom Vorabend erinnerte; allerdings fand diese in kleinerem Rahmen statt. Der Raum war höchstens so groß wie ein Wohnzimmer. Die etwa hundert Gäste trugen die übliche Einheitskleidung; nur einer stach deutlich hervor: Er war nicht weiß, sondern rot gekleidet. Im hinteren Teil des Raums war in die Wand eine große Apparatur eingelassen, die in etwa die Form eines Donuts hatte. Sie erin nerte Perry an einen Kernspintomographen. Daneben stand ein Tisch, auf dem eine Schachtel und ein Buch lagen; so wohl die Schachtel als auch das Buch sahen aus wie die Utensilien, die Arak ihnen in der Katakombe gezeigt hatte.
»Arak!«, rief der Mann in Rot, als er die neuen Gäste ent deckte. »Was für eine erfreuliche Überraschung!« Er ent schuldigte sich bei den Leuten, mit denen er sich gerade un terhielt, und eilte zur Tür. »Und wie ich sehe, haben Sie Ihre Schützlinge mitgebracht! Herzlich willkommen!«
»Das gibt’s doch gar nicht!«, flüsterte Suzanne Perry zu, als der Mann näher kam. »Ich habe ihn gestern Abend be grüßt.« Er war einer der beiden Männer, die sich zu Ga rona und ihr gesellt hatten. »Eigentlich sieht er nicht gera de so aus, als ob er bald das Zeitliche segnen würde.« Er schien die Gesundheit in Person und strotzte nur so vor Männlichkeit. Er hatte dickes, dunkles Haar, eine makello se Haut und strahlende Augen. Sie schätzte ihn auf Ende dreißig.
»Wie eine Trauerfeier kommt mir das hier auch nicht vor«, murmelte Perry.
»Danke, Reesta«, sagte Arak. »Ich dachte mir schon, dass du sicher nichts dagegen hast, wenn unsere Gäste kurz bei deiner Feier hineinschauen. Hast du gestern Abend Gelegenheit gehabt, sie kennen zu lernen?«
»Ich hatte die Ehre, Dr. Newell vorgestellt zu werden«, erwiderte Reesta. Er verbeugte sich vor Suzanne und streck te ihr seine aufgerichtete Handfläche entgegen.
Ein wenig verkrampft erwiderte Suzanne die Geste. Rees ta strahlte vor Freude.
»Darf ich dir auch Perry, Donald, Richard und Michael vorstellen?«, ergriff Arak erneut das Wort. Während er sie aufzählte, deutete er jeweils kurz auf die Genannten. Reesta verbeugte sich höflich. Richard und Michael schenkten der Begrüßung keinerlei Aufmerksamkeit. Sie interessierten sich mehr für die weiblichen Gäste, von denen ihnen einige vom Vorabend bekannt vorkamen.
»Sufa und ich haben beschlossen, unseren Neuankömmlingen schon jetzt ein bisschen von unserer Kultur zu zei gen«, fuhr Arak fort. »Wir führen ihnen verschiedene Dinge vor, ohne sie groß zu erklären, und hoffen, ihre Zweifel und ihren Unglauben, die in der Orientierungsphase so ausge prägt sind, dadurch ein wenig zu zerstreuen.«
»Eine gute Idee«, entgegnete Reesta und fügte an die Neuankömmlinge gewandt hinzu: »Bitte feiern Sie mit uns.« Er trat einen Schritt zur Seite und bedeutete ihnen mit leuchtender Miene, sich zu den übrigen Gästen zu ge sellen.
»Heißt das, sie haben keine Ahnung, warum ich dieses Fest ausrichte?«, fragte Reesta an Arak gewandt, während die Menschen der zweiten Generation den Raum betraten.
»Bestenfalls eine äußerst vage Vorstellung«, erwiderte Arak.
»Ach, wie herrlich naiv!«, freute sich Reesta. »Wie erfri schend!«
»Wir haben gerade meiner Nische in der Katakombe ei nen Besuch abgestattet«, fuhr Arak fort. »Aber ich habe ih nen ganz bewusst noch nicht alles erklärt.«
»Ein hervorragendes Konzept«, stellte Reesta zwinkernd fest und stupste Arak mit dem Ellbogen. Dann wandte er sich den Neuankömmlingen zu und fixierte Suzanne. »Heute ist ein wichtiger Tag für mich. Heute stirbt nämlich mein Körper.«
Suzanne jagte die Nachricht einen kalten Schauer über den Rücken. Der Mann sah nicht nur absolut gesund aus – er wirkte auch so. Sogar Richard und Michael schienen auf einmal neugierig.
»Aber das ist kein Grund zum Verzagen«, fuhr Reesta lä chelnd fort, als er merkte, wie unbehaglich Suzanne sich bei dem Gedanken fühlte. »In Interterra ist es ein fröhliches Er eignis, wenn man seinen Körper sterben lässt. Man entschei det sich dazu, weil er einem irgendwann zu viel Ärger und Probleme bereitet. Und für mich kommt der Augenblick kein bisschen zu früh. Dieser Körper hat von Anfang an nicht viel getaugt. Ich musste schon etliche Organe austau schen lassen und die Kniegelenke sogar zwei Mal. In letzter Zeit kommt es mir so vor,
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