Tauchstation
brauchen bestimmt ein wenig Zeit für sich, um all das verarbeiten zu können, was Sie heute gehört und gesehen haben. Wir möchten Sie an Ihrem ersten Tag auf keinen Fall überfordern. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag.« Sie lächelte freundlich und stand auf.
»Eine gute Idee«, stimmte Suzanne ihr zu und erhob sich ebenfalls. »Ich glaube, mein Kopf ist schon jetzt reich lich überfrachtet. Heute war mit Sicherheit der überra schendste, erschreckendste und zugleich unglaublichste Tag meines Lebens.«
Michael zögerte an der Tür zu seinem Bungalow. Richard stand direkt hinter ihm. Arak und Sufa hatten sie soeben dort abgesetzt.
»Was uns wohl da drinnen erwartet?«, fragte Michael be sorgt.
»Woher, zum Teufel, soll ich das wissen, bevor du nicht endlich die Tür aufmachst?«, schimpfte Richard.
Michael griff mit einem unbehaglichen Gefühl nach der Klinke und öffnete die Tür. Dann traten sie über die Schwelle und sahen sich um.
»Meinst du, es war jemand hier?«, fragte Michael nervös.
Richard verdrehte die Augen. »Die Frage müsstest du dir eigentlich selbst beantworten können, du Spatzenhirn! Wie du siehst, ist das Bett gemacht und alles aufgeräumt. Ir gendjemand hat sogar all die Teller und Kelche ordentlich aufgereiht, die du dir an Land gezogen hast.«
»Vielleicht waren es ja nur Klone«, grübelte Michael.
»Möglich«, entgegnete Richard.
»Glaubst du, die Leiche ist noch in ihrem Versteck?«
»Am besten sehen wir einfach nach«, entgegnete Ri chard. »Sonst können wir lange darüber grübeln.«
»Okay. Ich sehe nach.«
»Warte!«, rief Richard und packte seinen Freund am Arm. »Ich vergewissere mich erst, ob die Luft rein ist.«
Er umrundete den Pool und überzeugte sich, dass nie mand in der Nähe war. Dann kam er zurück in den Raum. »Alles klar. Sieh nach, ob der Junge noch da ist.«
Michael eilte zu der dem Bett gegenüberliegenden Schrankwand und orderte: »Getränke, bitte!« Im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür des Kühlschranks. Er war voll gestopft mit Essens- und Getränkebehältern.
»Sieht noch genauso aus, wie wir ihn hinterlassen ha ben«, stellte Michael erleichtert fest.
»Gut.« Richard atmete hörbar aus.
Michael bückte sich und nahm ein paar der Behälter he raus. Plötzlich kam Sarts bleiches Gesicht zum Vorschein. Die leblosen Augen starrten ihn anklagend an. Der grausige Anblick jagte Michael einen kalten Schauer über den Rü cken, weshalb er die Behälter schnell zurückstellte. Vom Leichnam seines Großvaters abgesehen, hatte er noch nie mit einem Toten zu tun gehabt. Und sein Großvater hatte friedlich in einem Sarg gelegen und seinen besten Smoking getragen. Außerdem hatte er das Zeitliche erst mit vierund neunzig gesegnet.
»Gott sei Dank«, seufzte Richard.
»Aber was ist, wenn sie ihn heute Abend oder morgen finden?«, fragte Michael. »Vielleicht sollten wir ihn lieber hier rausschaffen und ihn unter den Farnbüschen be graben.«
»Und womit sollen wir das Grab ausheben?«, gab Ri chard zu bedenken. »Mit Teelöffeln?«
»Dann bringen wir ihn eben zu dir und verfrachten ihn in deinen Kühlschrank. Ich kann es nicht ertragen, mir den Bungalow mit einer Leiche zu teilen.«
»Das Risiko können wir auf keinen Fall eingehen«, stellte Richard klar. »Stell dir vor, uns sieht jemand. Er bleibt, wo er ist, basta.«
»Dann tauschen wir eben unsere Bungalows«, schlug Mi chael vor. »Immerhin hast du ihn umgebracht und nicht ich.«
Richard sah ihn finster an. »Das hatten wir doch schon«, knurrte er mit drohender Stimme. »Und wir waren zu dem Schluss gekommen, dass wir beide gleichermaßen in der Scheiße stecken. Jetzt halt endlich die Klappe! Ich will nichts mehr von der Leiche hören.«
»Und wann willst du endlich mit Fuller reden?«, bohrte Michael weiter.
»Gar nicht«, erwiderte Richard. »Ich habe meine Mei nung geändert.«
»Und warum?«
»Weil unser beschissener Mr Hyperkorrekt auch keine bessere Idee haben wird, was man mit der Leiche anfangen soll. Außerdem glaube ich sowieso nicht, dass wir uns große Sorgen machen müssen. Heute hat den ganzen Tag noch niemand nach der kleinen Schwuchtel gefragt. Und wie uns Arak erzählt hat, gibt es in Interterra ohnehin keine Gefäng nisse.«
»Weil es hier keine Diebe gibt«, stellte Michael klar. »Von Mord war keine Rede. Wenn ich daran denke, was sie uns heute alles gezeigt haben – zum Beispiel diese Wesensab drücke –, fürchte ich, dass Sarts Tod sie
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