Tauchstation
Ausdrucksweise ei ner Erwachsenen brachte sie völlig durcheinander.
»Ich habe vor allem einen Riesenhunger«, erwiderte Bar lot. »Außerdem kann ich es gar nicht erwarten, endlich nach Hause zu kommen.«
»Wie lange warst du eingelagert?«, fragte Perry. »Oder wie auch immer das hier genannt wird.«
»Wir sagen ›im Speicher‹«, erklärte Barlot. »Ich glaube, es waren sechs Jahre. Das war jedenfalls die Zeit, die mir ge nannt wurde, als ich mein Wesen abspeichern ließ. Aber mir kommt es vor, als wäre seitdem nur ein Tag vergangen. Wenn wir uns im Speicher befinden, sind wir so program miert, dass wir den Fortgang der Zeit nicht registrieren.«
»Tun dir die Augen weh?«, wollte Suzanne wissen.
»Nicht im Geringsten«, versicherte Barlot. »Ich nehme an, Sie spielen auf die blutunterlaufenen Stellen an, die si cher noch nicht ganz verschwunden sind.«
»Genau«, bestätigte Suzanne. Das Weiße in Barlots Au gen leuchtete feuerrot.
»Das sind die Spuren der Befestigungsnähte«, erklärte Barlot. »Wahrscheinlich wurden gerade erst die Fäden gezogen.«
»Erinnerst du dich, dass du in einem dieser Aquarien eingesperrt warst?«, fragte Michael.
Barlot musste lachen. »Ein lustiger Ausdruck für unsere Implantationsbehälter. Aber um auf Ihre Frage zurückzu kommen – nein, ich erinnere mich nicht. Meine erste be wusste Erinnerung in diesem Körper und in all meinen vor herigen Körpern ist die an das Förderband im Trockner. Dort bin ich meistens aufgewacht.«
»Empfindet man das Downloaden und Abspeichern des Wesensabdrucks und den späteren Abruf der Daten als stressig?«, fragte Suzanne.
Barlot dachte eine Weile nach, bevor sie antwortete. »Nein«, sagte sie schließlich. »Das einzig Stressige ist, dass ich jetzt bis zur Pubertät warten muss, bis ich wirklichen Spaß haben darf.« Sie lachte, und Arak, Sufa, Richard und Michael stimmten fröhlich ein.
»Das ist unser Zuhause«, erklärte Sufa den Neuankömmlin gen, als das Lufttaxi anhielt und sich die Tür auftat. Sie zeigte auf ein Gebäude, das sich kaum von den Bungalows des Besucherpalastes unterschied. Allerdings war es nicht von großzügigen Rasenflächen umgeben, sondern erinnerte mit den Hunderten einheitlich aneinander gereihten Häu sern eher an den Außenbezirk einer amerikanischen Großstadt. »Arak und ich haben uns gedacht, dass es Sie viel leicht interessieren würde zu sehen, wie wir leben. Außerdem könnten wir einen Happen essen. Haben Sie Lust, oder sind Sie zu erschöpft?«
»Ich könnte gut etwas essen«, stellte Richard eifrig klar.
»Ich würde mir Ihr Haus sehr gern ansehen«, entgegne te Suzanne. »Danke für das Angebot.«
»Ich schließe mich an«, sagte Perry.
Donald nickte nur.
»Dann sind wir uns also einig«, stellte Sufa fest, verließ, gefolgt von Arak, das Hovercraft und bedeutete ihren Gäs ten, ihr zu folgen.
Genau wie die Unterkünfte des Besucherpalastes war auch das Innere dieses Bungalows ganz in Weiß gehalten: weißer Marmor, weißer Stoff und zahllos viele Spiegel. Der Wohnbereich war nach außen hin offen, und auch hier gab es einen Swimming-Pool, der sich in den kleinen Gar ten erstreckte. Der Raum war äußerst spärlich möbliert. Die Dekoration beschränkte sich auf ein paar große Holographien, die so aussahen wie die im Dekontaminations bereich.
»Bitte treten Sie ein!«, forderte Sufa ihre Gäste liebens würdig auf.
Sie gingen hinein und sahen sich um.
»Sieht aus wie in meinem Apartment in Ocean Beach«, witzelte Michael.
»Alter Angeber!«, rügte Richard und verpasste seinem Freund eine Kopfnuss.
»Sind in Interterra alle Häuser nach außen hin offen?«, fragte Perry.
»Ja«, erwiderte Arak. »So komisch es auch klingen mag – wir leben zwar im Inneren der Erde, aber wir sind am liebs ten draußen.«
»Und wie schließen Sie Ihr Haus ab?«, wollte Michael wissen.
»In Interterra schließt niemand sein Haus ab«, erklärte Sufa.
»Gibt es denn keine Diebe?« Michael runzelte die Stirn.
Arak und Sufa mussten lachen, entschuldigten sich aber sofort für ihre Unhöflichkeit.
»Bitte verstehen Sie uns nicht falsch«, sagte Arak. »Wir lachen Sie nicht aus. Sie sind nur so herrlich amüsant. Wir können nie voraussehen, was Sie als Nächstes sagen. Eine wirklich liebenswerte Eigenschaft.«
»Vermutlich spielen Sie auf unsere charmante Primitivität an«, stellte Donald trocken fest.
»Genau«, bestätigte Arak.
»In Interterra gibt es keinen Diebstahl«, erklärte
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