Taumel der Gefuehle - Roman
höchstwahrscheinlich einem Dienstboten in die Arme gelaufen.
Stattdessen schlug Elizabeth vor, durch eines der Fenster zu schlüpfen. »Die Galerie«, erklärte sie ihm. »Dort gibt es ein Fenster, das sich nicht richtig schließen lässt.« Nachdem sie sich auf diesem Weg Einlass ins Haus verschafft hatten, lauschten sie gespannt. Kein Geräusch war zu hören, das Haus schien in völliger Ruhe dazuliegen. Lord und Lady Battenburn schliefen ungestört, während die Dienerschaft erst langsam erwachte. Whittington und Sutton würden nicht vor der Mittagszeit ankommen, sodass North und Elizabeth eine lange Wartezeit vor sich hatten.
Elizabeth führte North durch einen Geheimgang, der parallel zum Dienstbotenaufgang angelegt war, in das obere Stockwerk. Die Treppe war schmal und steil, und Staub legte sich auf ihre Jacken. North half Elizabeth, in ein angrenzendes leeres Schlafzimmer zu gelangen, indem er einen Kleiderschrank zur Seite rückte.
Sofort erkannte er den Raum. »Hier hat South geschlafen. Bist du durch den Geheimgang in sein Zimmer eingedrungen?«
»Nein«, flüsterte sie. »Ich bin durch die Tür gekommen. Es war nicht schwierig. Er schläft wie ein Toter.« Elizabeth bedachte Northam mit einem ärgerlichen Blick, als er zu kichern begann. »Du bist zu laut!«, tadelte sie ihn.
Gehorsam unterdrückte er das Lachen. »Wohin gehen wir jetzt?«
Langsam öffnete Elizabeth die Tür zum Korridor und schloss sie so leise wie möglich, nachdem sie den Raum verlassen hatten. »In diesem Flügel gibt es einen Salon, durch den wir zu einem Geheimgang gelangen, der wiederum zu vielen anderen Zimmern führt. Wir können uns dort ein wenig freier bewegen, und vielleicht erfahren wir so, in welchem Raum der Baron seine Gäste empfangen wird.«
Mit Northam auf den Fersen schlich Elizabeth den Korridor hinab in Richtung des Salons. Da Elizabeth glaubte, einen Dienstboten gehört zu haben, schlüpften sie rasch in das nächstgelegene Schlafzimmer und warteten einige Minuten, die ihnen allerdings wie eine Ewigkeit vorkamen. Als sie endlich ihr Ziel erreichten, nahm Northam seine Frau fest in die Arme und küsste sie.
»Wofür war das?«, flüsterte sie überrascht.
»Anstatt einer Entschuldigung«, antwortete er. »Du hattest Recht. Ich hätte es niemals geschafft, diese Räume allein zu finden.«
»Nun, dann ist es ja gut, dass ich hier bin.«
Der Geheimgang war durch eine Vertäfelung neben dem Kamin zu erreichen. North und Elizabeth mussten einige Meter kriechen, bevor der Gang breiter und höher wurde und sie aufrecht stehen konnten. Auf einmal machte der Gang eine Biegung und führte eine steile, enge Wendeltreppe hinab. »Wir warten hier«, sagte Elizabeth sanft. Sie setzte sich auf eine der schmalen Stufen und lehnte sich gegen die Wand.
North ließ sich einige Treppenstufen unter ihr nieder. Seine Schultern waren so breit, dass sie beinahe die beiden Wände berührten. Für einen kurzen Moment hob er die Kerze und sah sich um, bevor er sie ausblies. Nun waren die beiden von völliger Dunkelheit umgeben, an die sie sich auch nach mehreren Minuten nicht gewöhnen konnten. Die Finsternis war undurchdringlich. »Wo sind wir?«, flüsterte er.
»Im Innersten des Hauses. Soviel ich weiß, führt dieser Geheimgang zu mindestens zwölf anderen Räumen. Sobald die Dienstboten aufgestanden sind, müssen wir noch vorsichtiger sein. Du musst immer daran denken, dass nicht nur wir die anderen hören können, sondern sie auch uns.«
»Sind wir in der Nähe der Galerie?«
»Ja.«
»Und wie steht es mit der Privatbibliothek des Barons, die er angesprochen hat?«
»Auch die können wird durch diesen Gang erreichen. Es gibt viele Wege hinaus, doch nur einen hinein, North.
Sobald wir uns dazu entschließen, ein Zimmer zu betreten, können wir nicht mehr auf demselben Weg zurück. Diese Geheimtüren öffnen sich durch Federn, die nur von einer Seite zu betätigen sind. Dieser Mechanismus ist raffiniert, deshalb war es äußerst schwierig für die Männer des Königs, diejenigen zu finden, die sich hier versteckten.«
»Dann wäre es klug, wenn einer von uns hier bliebe.«
»Ganz genau. Ein weiterer Grund, warum du mich hattest mitnehmen sollen.« Treffsicher fand sie seine Schulter und streichelte leicht mit der Hand darüber. »Du wirst es nicht bereuen, mich bei dir zu haben«, fuhr sie leise fort. »Wirklich, North. Ich verspreche, ich werde alles tun, was du mir sagst.«
Er dachte lange über ihre Worte nach.
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