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Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Kobjolke
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Momo,
der auf einem Küchenstuhl hockt, um uns zuzuschauen und auf einen herabfallenden
Batzen zu lauern, hält es schließlich nicht mehr aus und flieht. Selbst als ich
Lukas ein Stück Salatgurke in den Mund stecke, schweigt er nicht, sondern singt
an der Gurke vorbei weiter, als wäre sie gar nicht da.
    Sobald die Gewürze unter das Fleisch
und die Bohnen gemischt wurden, füllt sich die Wohnung mit einem so verführerischen
Duft, dass wir uns beeilen, auch das Gemüse hinzuzufügen. Die Mischung darf nun
zwei Stunden vor sich hinköcheln. Indes verdrücken Lukas und ich uns mit frisch
gebrühtem Kaffee ins Schlafzimmer, dessen Fenster eine breite Fensterbank hat. Wir
staffieren sie mit unseren Kopfkissen aus und setzen uns hinein, um den Kaffee zu
schlürfen und dem Wetter beim Regnen zuzuschauen. Schon einmal habe ich das in dieser
Woche getan, erinnere ich mich und finde es seltsam, wie unterschiedlich das gleiche
Bild wirken kann. Jetzt scheinen die Tropfen nicht träge und traurig zu sein, sondern
sie flitzen aufgeregt die Scheibe entlang, darauf bedacht, den Tropfen in der Nachbarspur
zu überholen.
    Lukas stellt die Tasse beiseite
und nimmt sein iPhone zur Hand, um nachzusehen, was am Abend in Mühlhausen stattfinden.
    »Kino, Cocktails, Kabarett oder
Krawall«, murmelt er nach einer Weile. »Worauf hast du Lust?«
     
    Nach einer Nacht mit Kino, Cocktails und Krawall wachen wir spät am
nächsten Morgen auf. Von draußen dringt das Plätschern des Regens und das Geräusch
von Reifen auf nasser Fahrbahn herein, also halten wir die Augen geschlossen und
dösen eine weitere Stunde aneinander gekuschelt.
    »Lust auf Frühstück?«, nuschele
ich irgendwann und rutsche noch ein Stück dichter an ihn.
    »Lust, den ganzen Tag hierzubleiben«,
kontert Lukas. »Im Übrigen sind wir zum Kaffee bei meinen Eltern eingeladen.«
    »Lust, das abzusagen? Wegen brutaler
Kopfschmerzen oder so?«
    »Lust, eine beleidigte Schwiegermutter
zu ertragen?«
    Mit einem lautlosen Seufzen halte
ich mich an ein Sprichwort und akzeptiere die Dinge, die ich nicht ändern kann.
    »Meine Mutter sagte gestern, sie
würde den Kuchen mit Schmand statt Sahne backen, damit er weniger Kalorien hat.«
    »Deine Mutter ist ein Herzchen«,
kichere ich. »Wahrscheinlich wird sie nie verstehen, dass es Menschen gibt, die
Kuchen nicht aufgrund der Kalorien verschmähen, sondern weil es Kuchen ist.«
    »Nein, das wird sie nie verstehen.«
    »Ich zähle bis drei und dann werfen
wir beide die Bettdecken zurück …«
    »Abgemacht.«
    Ich zähle und stehe alsbald vorm
Bett. Lukas liegt noch drinnen, während seine Decke auf dem Boden liegt. Nun zieht
er meine über sich und feixt: »Von Aufstehen hast du kein Wort gesagt.«
     
    Den Satz höre ich ihn noch sagen, als ich Stunden später allein schlafen
gehe. Dabei sehe ich ihn vor mir, das schelmische Blitzen in seinen grünen Augen
und seinen zu einem schiefen Lachen verzogenen Mund, das blonde zerstrubbelte Haar
und die Muskeln unter seiner glatten, warmen Haut.
    Traurig ziehe ich die Bettdecke
bis unter die Nase und erstelle einen Plan für die nächsten fünf Tage. Dieser Plan
schließt eine Frage ein – eine sehr wichtige Frage ist es. Sie lautet: Wann sind
endlich meine Freundinnen wieder da?

Freundinnen
     
    Mit dem Wort ›Freundschaft‹ gehe ich sparsamer
um als mit dem Geld auf meinem Konto. Ein weiterer Gegensatz zu meinem Bruder Karsten,
der mit der halben Stadt und ganz Süditalien dick befreundet ist, dessen Freundeskreis
in der Anzahl jedoch ständig schwankt. Meine Freunde grenzen sich deutlich von dem
großen Kreis der Bekannten ab, der nie ein Teil von mir sein wird, weil wir einander
nicht wirklich kennen.
    Widerfährt
mir Gutes, so sind meine Freunde die ersten, die es erfahren. Sie sind diejenigen,
mit denen ich Erfolge feiere, bei denen ich über eine Enttäuschung weine, denen
ich Geheimnisse anvertraue und die ich vermisse, wenn sie nicht da sind. Meine Freunde
machen mein Leben bunter, abwechslungsreicher und keiner von ihnen ist je ersetzbar.
Ohne sie alle könnte ich nicht ich selbst sein – was meine Situation ja ganz wunderbar
beweist.
    Die Freundschaft
zwischen Hannah, Nina, Lilly und mir kann mit einem Kompass verglichen werden, dessen
Mitte die Basis ist, auf der wir zusammenkommen und kommunizieren. Dabei sind wir
charakterlich so verschieden und haben so unterschiedliche Neigungen wie die Himmelsrichtungen,
sind aber dennoch in gewisser Weise voneinander

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