Tausche Brautschuh gegen Flossen
halten.«
»Dass es zwei Übungen sind, höre
ich jetzt zum ersten Mal!«
Lukas ignoriert meinen leisen Groll
und zieht mich näher an sich. »Dann hast du mir nicht zugehört …«
»Ganz sicher habe ich das. Ich höre
nämlich immer zu, wohingegen du …!« Weiter komme ich nicht, denn Lukas verschließt
meinen Mund mit einem dritten Kuss, rollt sich dann auf den Rücken und zieht mich
mit sich.
»Still!«, flüsterte er an meine
Lippen und schiebt seine Hände unter mein Shirt. Sie sind kühl auf meiner Haut und
lösen einen Schauder aus. »Da sind lauter blaue Sprenkel auf deinem Hemd«, sagt
er. »Zieh es doch aus!«
Zwei Stunden später stehen wir beide mit knurrendem Magen in der Küche
und starren in einen mit Ausnahme des Gemüsefaches leeren Kühlschrank. Beinahe neidisch
schaut Lukas zu Momo hin, der sich an einem Geflügelallerlei labt und dabei schmatzt.
»Wovon zur Hölle ernährst du dich,
wenn ich nicht da bin?«, grummelt er und beginnt, hinter anderen Türen nachzuschauen.
»Tomaten, Gurken, Paprika, Tiefkühlpizza«,
entgegne ich wahrheitsgemäß und setze noch einen obendrauf: »Und von Knusperflakes.
Joghurt und Obst sind auch noch da, also könnten wir uns ein gesundes Müsli zaubern.«
Als wolle ich mit der Zubereitung beginnen, nehme ich einen Apfel und Weintrauben
aus dem Obstkorb.
Lukas schnaubt: »Sehe ich aus wie
ein Hamster?« Das Obst legt er zurück, nimmt mich Huckepack und trabt mit mir in
Richtung Badezimmer. »Wie ist es damit: Wir duschen jetzt fix und schwingen uns
danach auf die Fahrräder, stoppen im Markt, kaufen Essen, das wirklich welches ist,
und machen ein Picknick am Wald.«
»Perfecto!«, quittiere ich seine
Idee.
Der Stadtwald von Mühlhausen ist ein Teil des Hainichs und ein beliebtes
Ausflugsziel für Mountainbiker, Läufer und Nordic Walker. An Wochenenden und bei
gutem Wetter wimmelt es dort vor Bewegungs- und Konditionsjunkies. Auf dem Weg passieren
Lukas und ich den Schwanenteich und die Tennisplätze, auf denen ich meine halbe
Kindheit und Jugend verbracht habe – zumindest fühlt es sich im Nachhinein so an.
Meine Eltern und mein Bruder sind talentierte Spieler. Obwohl ich schon immer das
ganze Gegenteil war und egal, wie oft ich meinen Schläger in eine Ecke pfefferte,
wollten sie die Hoffnung doch nicht aufgeben. Irgendwann waren sie jedoch damit
zufrieden, dass ich etwa eine Stunde trainierte und den Rest der Zeit im Gras lag
und malte. Möglicherweise akzeptierten sie es, weil sich außer der Trainingswand
kein Gegner fand, der mein Spiel ertrug. Noch heute grummelt mein Bauch beim Sichten
der Tennisplätze.
Hinter den Sportanlagen und der
Quelle steigt der Weg an und führt auf den letzten Kilometern bis zum Stadtrand
und dem Wald bergauf. Lukas und ich scheuchen die Bikes über den unebenen Erdboden
und überholen eine Gruppe Walker. Bald darauf gelangen wir zu einer Ausflugsstätte,
deren Biergarten zur sonnigen Mittagsstunde mit mehr Sportlern gefüllt ist. Wir
fahren weiter, mal auf Wegen, mal über Stock und Stein und nehmen bald die letzte
Steigung vor den Katalaunischen Feldern. Dort angekommen stellen wir fest, dass
die Bank, auf der wir am liebsten sitzen, bereits besetzt ist, also fahren wir noch
ein Stück weiter an den Feldern entlang und machen schließlich an einem Punkt halt,
von wo aus man die vom Frühherbst gefärbte Gegend gut überblicken kann. Mischwald
säumt die sanft verlaufenden Hügel. Bisweilen hört man einen LKW, der die unweit
verlaufende Landstraße entlangbrummt, die einst ins Grenzgebiet führte.
Lukas packt die Brötchen und den
Käse, Erdbeeren, Schokolade und Sekt aus dem Rucksack. Beim Öffnen knallt der Korken
bis in die Baumwipfel und die Flüssigkeit sprudelt über, weil sie während der Fahrt
etwas warm geworden ist und geschüttelt wurde. Schnell halte ich die zwei Plastikgläser
unter, damit Lukas sie füllen kann. Sie sind geleert, noch bevor wir zu essen beginnen,
weil wir zu beschäftigt sind herumzualbern und zu erzählen.
»Gab es wieder lustige Zwischenfälle?«,
frage ich und nehme mir endlich eine Erdbeere.
Lukas lacht. »Gleich zwei«, antwortet
er, während er das Brötchen teilt, um mehrere Stückchen Schokolade zwischen die
Hälften zu legen.
Im Supermarkt hat er Ewigkeiten
damit zugebracht, Nutella in Tafelform zu suchen. Er wollte mir nicht glauben, dass
es das nicht gibt, sondern lediglich eine weniger schmackhafte Alternative. Also
hat er eine Tafel Milka gekauft und scheint
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