Tausche Brautschuh gegen Flossen
langsam Hunger.«
»War da hinten nicht irgendwo ein
türkischer Imbiss?«
Lukas grinst. »Gute Idee«, sagt
er und steht auf, um Döner zu holen.
Zehn Minuten später ist er zurück,
mit einem Hühnchen-Döner für mich, einem extrascharfen für sich selbst und einer
entkorkten Flasche Wein samt Plastikbechern.
»Habe ich dir je erzählt, dass mein
Großvater aus Binz stammt?«, fragt er und nimmt einen herzhaften Bissen.
»Hast du nicht. Wie ist er von Binz
nach Mühlhausen gekommen?« Stirnrunzelnd sehe ich zu ihm hin. »Wieso zieht einer
nach Thüringen, wenn er an der Ostsee wohnen kann?«
»Er war verliebt.«
»In deine Großmutter?«
»Ja. Sie war lange krank und hier
zur Kur. Sie haben sich am Bahnhof kennengelernt, da war sie gerade angekommen,
und er verabschiedete dort einen Freund, der zum Studium fuhr.«
»Das klingt romantisch.«
»Er hat es mir sehr romantisch beschrieben.
Die beiden haben sich gesehen und buff … war es um sie geschehen.«
»Buff«, wiederhole ich und schmunzele.
Als Lukas mich anschaut, umspielt
ein Lächeln seinen Mund »Wie bei uns.«
»Oh, ich glaube, bei uns war es
dramatischer.«
»Mein Großvater besaß kein Auto,
vor das meine Großmutter sich hätte werfen können.«
Als wir aufgegessen haben, schenkt
Lukas Wein in die zwei Becher und reicht mir einen. Dann lehnt er sich, wie ich,
zurück auf die grün-weiß-gestreifte Hugo-Bank, rutscht dichter an mich und legt
seinen Arm in meinen Nacken.
Mit seinem Becher stupst er gegen
meinen. »Cheers«, murmelt er und trinkt einen Schluck. Seine Brust hebt und senkt
sich lautlos unter einem Seufzen, als er auf die nun dunkle See schaut.
Am nächsten Morgen werde ich früh wach. Lukas liegt nicht neben mir.
Er ist nicht im Zimmer, auch nicht im Bad. Besorgt krieche ich zurück ins Bett und
lausche auf Schritte vor der Tür.
Eine Stunde später steht er in Sportsachen
vor mir. Offenbar war er joggen. Ein merkwürdiger Ausdruck liegt in seiner Miene,
eine Traurigkeit, die nicht verschwunden ist, als er aus der Dusche kommt und sich
unter der Decke an mich kuschelt. Seine Hände umfassen mein Gesicht. Seine Daumen
streichen sanft über meine Wangen, als sein Blick immer ernster wird.
»Lena, bitte bleib bei mir!«, flüstert
er.
»Egal, wohin
ich ginge«, flüstere ich zurück, »ich würde dich vermissen und vor Kummer krepieren.«
Lukas schiebt
seine warmen Hände unter mein Nachthemd. Spielerisch malen seine Finger Kreise um
meinen Bauchnabel und begeben sich auf eine Wanderung. Er rückt dichter zu mir,
knabbert an meinem Hals und arbeitet sich weiter nach oben, bis sein Mund meinen
findet. Sein Kuss ist sanft, vorsichtig fragend – als bräuchte er meine Erlaubnis.
Meine Hand wandert über seinen Rücken,
ertastet die Muskulatur, streicht weiter über seine Hüfte zu seinem Po. Als sie
dort leichten Druck ausübt, finde ich mich auf dem Rücken wieder. Lukas ist über
mir, legt meine Arme über den Kopf und zeichnet die Wölbung meiner Brüste unter
dem schwarzen Stoff nach. Dann zieht er mich aus, küsst meine Haut und erkundet,
angespornt von meinem Atem, der unter seinen Zärtlichkeiten immer wieder stockt,
jedes Fleckchen meines Körpers.
Ich liebe diesen Mann und begehre
ihn, wie ich ihn am ersten Tag begehrt habe, kraule durch seine blonden Haare und
fixiere den Blick aus seinen grünen Augen. Er keucht leise, küsst mich wieder auf
den Mund und schiebt sich zwischen meine Beine. Ich umschlinge ihn, lege die Hände
auf seine Hüften und drifte fort im Rhythmus unserer Herzen.
Der Tag bringt wunderschönes Wetter. Die Oktobersonne ist hell, hat
sie auch nicht mehr genügend Kraft, um Wärme zu spenden. Zum Frühstück sitzen wir
auf der um diese Jahreszeit eigentlich schon geschlossenen Außenterrasse des Gästehauses,
eingemummelt in Jacken und Schals, die Sonnenbrillen auf den Nasen. Die Küchenchefin
hat unserer Bitte nachgegeben und aufgeschlossen. Bald geben noch mehr Gäste der
frischen Luft den Vorzug und gesellen sich mit ausgeschlafenen Gesichtern zu uns.
Auch von der Terrasse aus kann man
das Meer sehen. Lukas und ich holen uns Nachschub an Kaffee, legen die Füße auf
die zwei leeren Stühle an unserem Tisch und rauchen die erste Zigarette.
»Erzähl mir von Christoph«, fordert
Lukas mich aus heiterem Himmel auf.
Ich versuche hinter die dunklen
Gläser seiner Sonnenbrille zu blicken, am liebsten direkt in sein Gehirn, um herauszufinden,
warum um alles in der Welt er will, dass ich
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