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Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Kobjolke
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mit einem Schnauben ab und geht ins Wohnzimmer.
    Seine Reaktion würde ich ihm gern
übel nehmen, doch er ist vollkommen im Recht. Er muss an meinem Verstand zweifeln,
muss sich fragen, was für eine Irre er geheiratet hat. Nur eine Irre denkt darüber
nach, etwas so Gutes für ein Online-Techtelmechtel aufs Spiel zu setzen.
    Ich will nicht zu Christoph! Nie
und nimmer will ich Lukas das antun! Keinen einzigen Tag könnte ich auf Teneriffa
verbringen, ohne an Lukas zu denken, ohne ihn zu vermissen, ohne zu bereuen, was
ich getan habe.
    In Anbetracht dessen ist unser Streit
absolut sinnlos.
    Es ist Wochenende. Statt uns zu
fetzen oder uns anzuschweigen oder abwechselnd Klamotten in eine Tasche zu stopfen,
könnten wir einen gemeinsamen Koffer packen und einfach abhauen. Verreisen. Irgendwohin.
    Aber das passiert nicht.
    Dieses Wochenende geht in unsere
Geschichte ein als das grauenvollste überhaupt.

Man sieht nur mit dem Herzen gut
     
    Lukas und ich sind ausgepowert. Wir sind mit den Nerven am Ende. Kraftlos,
willenlos.
    Montagmorgen im Bett fragt er mich,
was ich nun machen will. Mit noch geschlossenen Augen murmele ich: »Wenn sich hier
nicht bald was ändert, bin ich weg!«
    »Falsche Antwort!« Lukas wirft sein
Deckbett zurück, steht auf und läuft nach draußen.
    Natürlich war das die falsche Antwort!
Eigentlich wollte ich sagen, dass ich gern zaubern könnte. Dann würde ich dafür
sorgen, dass alles wieder so ist wie früher. Bedauerlicherweise habe ich in der
Schule gefehlt, als Magie unterrichtet wurde. Doch, an unseren Streit gewöhnt, wollte
ich meinen Mann verletzen, bevor er mich verletzt.
    Aus der Küche dringt das Klappern
von Geschirr und Besteck. Der Kühlschrank geht auf und zu. Irgendwann schrillt der
Eierkocher. Der Duft von aufgebackenen Brötchen und Kaffee zieht durch die Wohnung.
Momo kommt ins Schlafzimmer, um mich um sein Frühstück anzubetteln.
    Als ich die Küche betrete, schaut
Lukas mich mehr traurig als vorwurfsvoll an. Ohne ein Wort gehe ich zu ihm und umarme
ihn. Lange bleiben wir so. Der Kaffee wird kalt und Momo dreht beharrlich seine
Runden um unsere Füße.
    »Ich weiß, du hast das in letzter
Zeit oft gehört«, murmele ich. »Mir fällt keine Variation dazu ein. Ich meine es
so, wie es sage. Es tut mir leid. Ich liebe dich. Ich möchte bei dir bleiben.«
    Mit einer sanften Bewegung streicht
er mir eine Strähne aus dem Gesicht. »Lass uns wegfahren! Egal, wohin! Ich denke,
ein Luftwechsel wird uns guttun!«
     
    Zwei Stunden später haben wir gefrühstückt, eine
Reisetasche gepackt und meiner Mutter wegen des Katers Bescheid gegeben. Sie ist
verdutzt über unseren spontanen Entschluss, sagt aber nichts weiter. Es würde mich
nicht wundern, wenn sie über unsere Situation bestens informiert ist. Mütter wissen
immer alles, selbst wenn sie dafür an der Wand lauschen müssen.
    »Wohin soll
es nun gehen?«, fragt Lukas, als wir Mühlhausen hinter uns lassen.
    Ich werfe einen Blick auf das Schild,
das die Autobahn ankündigt, und blinzle in die Herbstsonne. »Mir ist jedes Ziel
recht.«
    »Sag wenigstens Norden oder Süden!«
Lukas zieht eine Braue über den Rand seiner Sonnenbrille und grinst. »Oder soll
ich vor der Autobahnauffahrt parken, damit wir es ausdiskutieren können?«
    »Worauf hast du denn Lust?«
    »Auf Meer!«
    Also nehmen wir die Autobahn in
Richtung Norden. Richtung Lieblingsinsel.
    Als ich klein war, haben meine Eltern
mit Karsten und mir jedes Jahr drei Wochen in Wiek auf Rügen verbracht, wo wir uns
in immer derselben Ferienwohnung einmieteten. An regnerischen Tagen fuhren wir nach
Sassnitz, um an den Kreidefelsen entlangzuwandern und nach Donnerkeilen zu suchen.
Auch die Leuchttürme von Kap Arkona standen jedes Mal auf dem Programm. Schien die
Sonne, verbrachten wir den Tag am Strand von Juliusruh, was eine viertelstündige
Fahrt in unserem hellblauen Trabi bedeutete, die mir damals ewig lang erschien.
Ich konnte es nicht abwarten, zum Meer zu kommen. In Juliusruh stellten wir den
Trabi in einer der Buchten vor den Dünen ab. Da nur wenige Leute ein Auto besaßen
und die meisten mit dem Zug anreisten, war ein Parkplatz nie ein Problem. Heute
findet man in Juliusruh nicht mal mehr eine Lücke am Straßenrand, wenn man zu spät
kommt.
    Sobald die Pappe also stand, luden
wir Kühltasche, Windschutz und Sonnenschirm aus dem Kofferraum und schleppten alles
durch den warmen, von Kiefernnadeln gespickten Sand zum Wasser. Am Strand hatten
wir unseren festen

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