Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Kobjolke
Vom Netzwerk:
als vor einem Hai«, antworte ich und schlürfe
den letzten Schluck des Caipirinhas durch den Trinkhalm. »Die beiden gelten als
viel gefährlicher.«
    »Aber doch nicht aus Bösartigkeit«,
klinkt sich Hannah ein.
    »Haie sind auch nicht bösartig!«
    »Meine Güte, wen juckt’s«, stöhnt
Nina und stellt unsere gelehrten Gläser auf das Tablett. »Ich mixe mir noch einen.
Hat noch wer Bedarf?«
    Fünf Minuten später kehrt Nina pfeifend
mit vier Caipis zurück und grummelt, weil wir noch immer die Hai-Reportage schauen.
    ›Um Haien zu begegnen, ist nicht
zwingend eine Reise nach Australien erforderlich‹, ertönt die Stimme des Kommentators,
als die abgebildete Landkarte von Australien einer von Europa weicht. ›Sogar in
der Ostsee wurden sie gesichtet, siedeln sich hier auch vorrangig kleinere Spezies
an. Vielen anderen Arten, dem Hammerhai zum Beispiel, sind diese Gewässer jedoch
zu kühl. In den wärmeren Küstengebieten im Süden Europas fühlen sie sich wohler.‹
    Auf der Landkarte werden die Kanarischen
Inseln herangezoomt. Ein Kribbeln tänzelt über meine Haut, denn ein unterschwelliges
Gefühl sagt mir, dass es nun nach Teneriffa geht.
    »Hey, ist das nicht die Insel, auf
der dein Taucher wohnt?«, mutmaßt Nina.
    »Er ist nicht mein Taucher!«, erkläre
ich tonlos, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.
    Der Kommentator meldet sich wieder
zu Wort: ›In der Meerenge zwischen Teneriffa und La Gomera kann man häufig Hammerhaie
sichten, die wahrscheinlich von den Fischfarmen im Süden Teneriffas angelockt werden.
Wir haben uns mit einem Experten getroffen, der diese Tiere lange Zeit studiert
hat und bereit ist, uns eine Unterwasserführung zu geben. Dr. Christoph Storm promovierte
an der Duke Universität von North Carolina in Meeresbiologie mit einer Dissertation
über Lebensräume, Wandergewohnheiten und Verhalten der gejagten Jäger.‹
    Mein Herz
bleibt stehen!
    Ja, ganz sicher
ist es stehen geblieben. Ich atme nicht mehr, ich spüre meinen Puls nicht. Mir wird
kalt.
    Ein Schrei
aus drei Mündern holt mich ins Leben zurück. Meine Freundinnen haben sich aus ihren
Couch-Lümmel-Positionen aufgerichtet, Nina hat sogar ihr Glas umgeschüttet, was
momentan aber keinen interessiert.
    »Ich geh kaputt!«, murmelt Hannah
und ergreift meine Hand, um sie fest zu drücken. Doch ich beachte sie nicht weiter
und starre wie gebannt auf den Bildschirm.
    »Du meine Güte …«, kommt es von
Lilly, bevor sie mit einem Seufzen gegen die Couchlehne plumpst. »Das hat gerade
noch gefehlt. Hätten wir den Fernseher nicht auslassen können?«
    »Um uns das hier entgehen zu lassen?«
Nina steht auf und geht ganz nah an den Fernseher. »Schaut ihn euch bloß mal aus
der Nähe an!«, grunzt sie. »Lena, ich glaube, absolut jede von uns wäre hier schwach
geworden.« Mit einem weiteren Grunzen fügt sie hinzu: »Ich wahrscheinlich am schnellsten.«
    »Schieb deinen Hintern ein Stück
zur Seite«, ruft Hannah und wirft ein Kissen nach ihr. »Wir wollen auch was sehen.«
    Christoph lehnt gegen die Bootsreling
und erzählt von seinen bisherigen Begegnungen mit Hammerhaien. Er ist braun gebrannt
und hat faszinierend blaue Augen. Eine dunkle Sonnenbrille steckt in seinen blonden,
kinnlangen Haaren, die dann und wann von einer Brise durchwirbelt werden. Er trägt
ein dunkles T-Shirt, eine Jeans und ist barfuß. Während er spricht, hält er die
Arme meist vor der Brust verschränkt. Manchmal löst er sie, um seine Schilderungen
mit Gesten zu unterstreichen.
    Auf die Frage, ob er damit rechnet,
bei seinem heutigen Tauchgang einen Hammerhai anzutreffen, zieht er eine Braue hoch.
    ›Dafür gibt es keine Garantie. Wenn
Sie die wollen, müssen Sie in den Norden nach Puerto de la Cruz fahren. Dort gibt
es den Loro Parque, in dem alle möglichen Riesenfische Kunststücke vorführen und
zum Glück nicht ahnen, dass es so was wie Freiheit gibt.‹ Wie zur Beschwichtigung
lächelt er und wendet sich von der Kamera ab, um über das Wasser zu schauen. ›Es
gehört eine Portion Glück dazu, einem solchen Tier zu begegnen.‹
    Das Gespräch kommt auf die Tauchschule,
und wie bestellt klettert ein Mann aufs Boot, der ungefähr in Christophs Alter ist.
Christoph schlingt einen Arm um den Hals des anderen, zieht ihn spielerisch grob
näher und strubbelt ihm durch das kurze rote Haar. ›Das hier ist Lenny, einer meiner
Tauchlehrer.‹ Die Männer tauschen einen Blick aus. ›Er ist Engländer und von Anfang
an im ›Deep Blue‹ dabei.

Weitere Kostenlose Bücher