Tausche Brautschuh gegen Flossen
monströsen, Motorrädern ähnelnden Dreirädern, gemacht
haben. In der Stadt gibt es einen Händler, sagt er, der die Maschinen verkauft und
vermietet. Wenn ich Lust habe das auszuprobieren, leiht er noch einmal eines aus.
»Was hast du bisher von Teneriffa
gesehen?«, erkundigt er sich. »Außer dem Teide bei Nacht.«
Ich erzähle von der Jeep-Safari.
»Ja, natürlich!« Er lacht und zieht
eine Augenbraue hoch. »Die Jeep-Safari. War das mit im All-inclusive-Paket?«
Auf diese Provokation hin widerstehe
ich dem Drang, ihn in die Seite zu boxen, doch wenigstens taue ich endlich auf.
»Was ist so schlimm an all-inclusive?«
»Na ja, grundsätzlich ist es eine
nette Idee und in Ländern wie Ägypten oder dem Irak sicherlich empfehlenswert, wenn
man nicht als Geisel enden will.« Er wendet den Blick ab, offenbar, um sein andauerndes
Amüsement vor mir zu verbergen, und schaut auf den nachtschwarzen Atlantik. »Aber
hier in Europa, auf einer Insel wie dieser, wo es so viel zu sehen gibt …«
»Ich habe diesen Urlaub nicht gebucht«,
verteidige ich mich. »Ich wurde lediglich genötigt, mitzukommen.«
Sein Blick flitzt zu mir hin. Er
hebt den Wein an den Mund, trinkt aber nicht, sondern traktiert seine Unterlippe
mit dem Glasrand, derweil er über meine Aussage grübelt. »Du wurdest genötigt?«
Also erzähle ich, wie es kam, dass
ich vor drei Tagen auf der Insel landete, wobei ich die Abmachung zwischen Lukas
und mir nicht auslasse. Christoph ist so taktvoll, dieses Thema unberührt zu lassen.
»Und jetzt findest du es ganz furchtbar
hier?«
»Gestern fand ich es noch furchtbar,
und ich war deprimiert«, gebe ich zu. »Aber seit der All-inclusive-Jeep-Safari
heute finde ich es schön.«
»Gut«, lautet Christophs Kommentar,
bevor er wieder aufs Meer schaut. »Und du hattest nicht vor, mir ein Sterbenswörtchen
zu verraten?«
»Absolut nicht.«
»Dann muss eine höhere Macht entschieden
haben, dass ich trotzdem davon erfahre.«
Schicksal nennt sich diese Macht,
da bin ich mir sicher. Schon beim Discovery Channel hatte es seine Finger im Spiel
sowie bei Ninas und Bastians Urlaubsbuchung. Zudem hat es dafür gesorgt, dass ich
ihn nicht vergesse, und es hat mich vor ein paar Stunden zum Teide getrieben. Vielleicht
reibt es sich gerade die Hände, das Schicksal, nun, da es erfolgreich gewaltet hat,
und plant weitere Streiche. Harmlose Streiche, hoffe ich. Bislang dachte ich immer,
das Schicksal hätte eine freundliche Natur, doch inzwischen ziehe ich ein gewisses
teuflisches Wesen in Erwägung.
Mit einem Seufzen, das ansteckend
zufrieden klingt, lässt sich Christoph auf die Decke zurückfallen. Er verschränkt
die Hände hinter dem Kopf und schaut zu mir auf. »Es ist so irre. Wir sitzen hier,
als sei es selbstverständlich, als hätten wir das schon immer getan.«
Abermals spricht er mir aus der
Seele, und abermals schweige ich dazu.
In mancher Sekunde, meine ich in
der Gesellschaft eines vertrauten Freundes zu sein, und schon im nächsten Augenblick
ist er ein Fremder. Der Klang seiner Stimme hat ein Summen in meinem Magen ausgelöst.
Es sind keine Schmetterlinge, die darin herumschwirren, es sind Fledermäuse.
Christoph betrachtet mich, als sei
er wunschlos glücklich. Wahrscheinlich ist er das, denn ich bin es ja auch – irritierenderweise.
In diesem Moment will ich nichts mehr, als mit ihm auf der Decke zu sitzen, und
muss mir immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass es geschieht. So real uns die
Bilder am Computer erschienen, so illusorisch wirken sie nun, wo die Sandkörnchen
auf der Haut und das Meeresrauschen im Ohr echt sind.
»Wie viel Zeit haben wir noch?«,
fragt er.
»Zehn Tage
ab morgen.«
»Was habt
ihr für morgen geplant, Nina und du?«
»Uns aus dem
Weg zu gehen, nehme ich an. Seit wir hier gelandet sind, benimmt sie sich seltsam.
Ich bin es leid, hinter ihr herzurennen, um ihr Moral zu predigen.«
Ich erzähle
ihm von unserem Streit beim Abendessen und Ninas geplanten Tauchgang mit ›Deep Blue‹.
»Stimmt, die Jungs sind für morgen
angemeldet.« Christoph klingt ein wenig verärgert. »Aber sie können nicht, ohne
sich mit uns abzustimmen, einen weiteren Teilnehmer mitbringen. Ist Nina denn je
getaucht?«
Als ich verneine, legt sich sein
Ärger, und er beginnt zu feixen, in etwa so wie ich mir vorstelle, dass es das Schicksal
tut. »Das macht mir jetzt schon Spaß«, schließt er mit einem Zwinkern. »Ich hoffe,
du bist morgen dabei.«
In der Morgendämmerung bin ich
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