Tausche Brautschuh gegen Flossen
zurück im Hotel. Nina sitzt in einem
Sessel. Im Fernsehen läuft ein Musiksender.
»Wo zur Hölle warst du?«, begrüßt
sich mich und schleudert mir das Kopfkissen entgegen, das sie umarmt hat. »Beinahe
hätte ich die Polizei verständigt.«
Ich hebe das Kissen auf und werfe
es aufs Bett. »Ich war am Strand spazieren.«
»Da hab ich nachgesehen. Da warst
du nicht!«
»Der Strand ist lang.«
»Konntest du nicht einen Zettel
schreiben?«
Dass ich ihr keine Nachricht hinterlassen
habe, ist ausschließlich auf meine Nervosität zurückzuführen. Es war keine böse
Absicht. Dennoch entschuldige ich mich nicht. Wie oft habe ich mich um sie gesorgt.
Nun weiß sie, wie sich das anfühlt.
»Wie war dein Abend mit Markus?«
Nina winkt ab und legt sich ins
Bett.
Tiefes Blau
Nicht eher als zum Frühstück lässt Nina sich zu einer Konversation
mit mir herab.
»Markus und
Jürgen – das ist sein Freund – holen mich in einer Stunde ab«, brummt sie und spießt
ein Stück Ananas auf die Gabel, als wolle sie das Obst erdolchen. »Solltest du es
dir anders überlegen und uns doch begleiten wollen, bist du herzlich eingeladen.«
Eine besondere Betonung liegt auf dem Wort ›herzlich‹.
»Wenn du mich
unbedingt dabeihaben willst …«
Gereizt fällt
sie mir ins Wort. »Ich will dich nicht unbedingt dabeihaben, schon gar nicht, wenn
du miese Laune hast und jeden Mann beleidigst, der bloß freundlich sein will. Doch
ich will auch nicht, dass du im Hotel versauerst und zu viel nachdenkst, über Dinge,
die du im Moment nicht ändern kannst.«
»Ich kann mich
irren, aber bist nicht du diejenige mit der miesen Laune?«
»Lass mich bloß
in Ruhe!«, knurrt sie und wählt ein Stück Pfirsich als nächstes Opfer. Sie ersticht
den Pfirsich und fuchtelt damit vor meiner Nase herum. »Wirklich, ich warne dich,
wenn du dich nicht zusammenreißt und ab und zu mal lächelst …«
»Schon verstanden!«
»Na, dann ist ja alles prima!«
Als ich mit Nina, Markus und Jürgen die Tauchschule
betrete, erläutert Christoph einem Kunden die Unterschiede verschiedener Neoprenanzüge
und wann welcher eingesetzt wird.
Nina erkennt
ihn sofort und knufft mich in die Seite, während wir zum Tresen gehen, um dort zu
warten. »Ist ja der Hammer«, wispert sie und ist völlig aus dem Häuschen. »Das ist
doch dein Christoph! Alle Wetter! In natura sieht er noch besser aus als im Fernsehen.«
»Zum einen ist er nicht meiner,
zum anderen ist dieser Mann gewiss nicht der, für den du ihn hältst. Also sei still!«,
ermahne ich sie und nehme eine der ausgelegten Broschüren zur Hand.
»Lena, mach mich nicht schwach!«
Ihre Stimme wird etwas lauter, und ich bedeute ihr, die Klappe zu halten, woraufhin
sie wieder flüstert. »Sag bloß, du erkennst ihn nicht!«
»Er ist es nicht!«
»Du hast bloß Schiss!« Vielsagend
zwinkert sie mir zu. »Ich freu mich schon auf sein Gesicht, wenn er dich sieht.«
Als der Kunde den passenden Anzug
hat, begrüßt Christoph Markus und Jürgen, teilt ihnen ihre Utensilien zu und fordert
sie auf, diese für den Tauchgang vorzubereiten. Danach kommt er zu Nina und mir
an den Tresen.
Nina räuspert sich. »Also, meine
Freundin L-e-n-a …«, es fehlt nicht viel und sie hätte meinen Namen buchstabiert,
»… wollte unbedingt tauchen gehen und hat mich überredet, mitzukommen.«
Christoph lächelt freundlich. »Welche
Erfahrungen habt ihr?«
Nina kommt meiner Antwort zuvor:
»Lena hat bereits so einen Lappen. Ich noch nicht, aber ich lerne schnell.«
Er schickt mir einen amüsierten
Blick. »Welchen Lappen hat die Lena denn?«
»Open Water Diver.« Endlich komme
ich zu Wort. Allerdings auch nur, weil Nina die Bezeichnung nicht kennt. »Die Grundausbildung
also.«
»Und du bist noch nie getaucht?«,
wendet sich Christoph an Nina.
Als sie verneint, checkt er die
Termine im Kursbuch und knipst gedankenverloren die Miene seines Kugelschreibers
rein und raus.
»Okay«, sagt er, schaut erst auf
seine Uhr und dann zu uns. »Lena, wenn du magst, kannst du gleich mitkommen. Mein
Kollege Lenny und ich fahren mit drei Tauchern zum Aquarium, auch bekannt als Stingray
City. Wie der Name verrät, gibt’s da eine Menge Rochen zu sehen.« An Nina gerichtet
meint er: »Für dich käme der Schnuppertauchkurs mit Katja infrage. Der beginnt in
einer Stunde.«
Nina hört ihm gar nicht zu, sonst
hätte sie spätestens jetzt Protest eingelegt, schließlich will sie mit Markus abtauchen.
Sie zappelt herum und zwinkert,
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