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Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Kobjolke
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Wagen hier abgestellt, sich dagegengelehnt, zum Berg
hinaufgeschaut und an mich gedacht?
    In der Ferne blitzen die Lichter
eines Autos auf, das auf der langen Geraden näher kommt. Die Strahlen der Scheinwerfer
tasten die Fahrbahn ab. Bald vernehme ich das Brummen des Motors und schlendere
zum Heck des Leihwagens, um den Störenfried aus meinem Blickfeld und meinen Gedanken
auszuschließen. Die Geräusche werden lauter, Schotter knirscht unter Reifen und
Scheinwerferlicht beleuchtet meine Umgebung. Der Motor wird abgestellt; das Licht
erlischt. Türen öffnen sich und werden wieder geschlossen. Ich vernehme Gemurmel
und Schritte, blicke über die Schulter und entdecke zwei Gestalten, die in Richtung
der Seilbahn schlendern. Obwohl es wieder still wird, finde ich doch nicht mehr
zu meiner inneren Ruhe. Zehn Minuten später sind die beiden zurück und outen sich
als deutsche Touristen.
    »Seilbahn is closed?«, fragen sie
mich.
    Ich nicke und verkneife mir ein
Grinsen.
    »No speak Englisch?«, erkundigen
sie sich darauf, offenbar enttäuscht darüber, dass neben der Fahrt auf den Teide
auch ein Small Talk über besucherunfreundliche Öffnungszeiten ausfällt.
    Ich schüttele den Kopf.
    Sie geben nicht auf. »We have us
verfahren«, erklären sie, und ich frage mich unweigerlich, wie das auf Teneriffa
passieren kann – vor allem, wenn man zum Teide will. »And then was the Benzin over. There passt not so much Benzin in the tank as in Germany.«
    Meine Wangen schmerzen bereits,
weil ich mich so bemühe, nicht zu lachen.
    »Okay, dann«, beschließen sie und
wenden sich zu ihrem Kleinwagen um. »Adios!«
    Ich murmele ein »Buenas noches«
und beobachte, wie sie davonfahren. Dunkler und dunkler werden die Rücklichter auf
der langen Geraden, und gerade meine ich, zurück zu meinen Gedanken finden zu können,
da entdecke ich die Scheinwerfer von gleich zwei Autos, die sich nun nähern.
    Missmutig wende ich mich ab und
ertrage die Prozedur ein zweites Mal: Schotter unter Reifen, eine hell erleuchtete
Umgebung, abgestellte Motoren, das Licht erlischt. Türen öffnen und schließen sich,
Stimmen ertönen – abermals sind es Deutsche.
    Nur knapp bewahre ich mich davor
»Seilbahn is closed« zu rufen. Stattdessen verschränke ich die Arme vor der Brust
und sage mir im Stillen, dass sie ihr Zuspätkommen bald feststellen und wieder abdampfen
werden. Zum Glück brauchen sie nicht ganz so lange und scheinen keinen Bedarf an
Small Talk zu haben. Bedauerlicherweise hat einer der Wagen Startschwierigkeiten.
Das immer wiederkehrende Geräusch des dienstverweigernden Anlassers striezt meine
Nerven bald so sehr, dass ich schreien möchte und selbst kurz davor bin, das Weite
zu suchen. Als die Kiste endlich anspringt, bin ich schlichtweg erleichtert.
    Schließlich ist es wieder still.
Ganz still. Herrlich ruhig. Mit Ausnahme der …
    Musik?
    Tatsächlich. Da ist gedämpfte Musik,
die aus einem Wageninneren zu kommen scheint. Also ist nur eines der Autos gefahren.
Das andere parkt noch irgendwo hinter meinem. Wahrscheinlich sitzt ein knutschendes
Pärchen drin.
    Noch gut fünf Minuten bleibe ich,
wo ich bin, gegen den Kofferraum des Mietwagens gelehnt, die Arme verschränkt, die
Augen geschlossen. Ich lausche auf Schritte, die sich entfernen, in der Hoffnung
allein gelassen zu werden. Als sie nicht ertönen, breitet sich ein Unbehagen in
mir aus, weshalb ich mich in Gedanken vom Teide verabschiede, mir einen Ruck gebe
und zur Fahrertür gehe. Dabei fällt mein Blick auf das andere Auto.
    Ein zweites Mal an diesem Abend
stockt mein Atem. Adrenalin wird freigesetzt. Das Herz schlägt mir bis zum Hals.
Im Licht des Mondes erkenne ich eine schwarze Corvette. Mein Blick huscht weiter
zu der Person, die nicht weit davon entfernt auf einem Baumstumpf am Rande des Parkplatzes
sitzt.
    Ich erkenne ihn nicht in der Dunkelheit
und weiß doch, dass es Christoph ist.
    Da stehe ich also wie angewurzelt,
unfähig, die verdammte Tür zu öffnen und einzusteigen, und starre ihn an.
    Er sieht zurück, Schatten liegen
auf seinem Gesicht. »Hola«, sagt er.
    Ganz simpel. Ein einzelnes Wort.
Ein belangloser, freundlicher Gruß. Dennoch fährt seine Stimme in meine Glieder,
als wäre ich an Starkstrom angeschlossen. Eine Gänsehaut krabbelt meinen Rücken
hinauf und herunter.
    »Hallo«, presse ich in meiner Nervosität
auf Deutsch statt auf Spanisch zwischen den Zähnen hervor.
    »Du bist aus Deutschland?« Trotz
der Dunkelheit erkenne ich ein Lächeln auf

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