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Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Kobjolke
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gibt
Guinness, eine kleine Auswahl an Cocktails, gute Musik – und zwar ausschließlich
von CD, wofür ich dankbar bin. Auf dem Weg dorthin kamen wir an anderen Bars vorbei,
in denen entweder Liveshows oder Karaoke-Wettbewerbe stattfanden. Ich will nicht
entertaint werden, ich möchte bloß etwas trinken und brauche keine passive Unterhaltung.
    Christoph begrüßt die beiden Männer
hinter dem Tresen per Handschlag und bestellt unsere Getränke.
    »Ich hab dich im Fernsehen gesehen«,
fällt mir ein, nachdem Bier und Wein gebracht wurden. »Diese Sendung über Haie.
Ich wusste nicht, dass du einen Doktortitel hast.«
    Christoph winkt ab, als sei ihm
das Thema unangenehm. »Das wissen die wenigsten. Manchmal vergesse ich es sogar
selbst. Es spielt keine Rolle. Es war einfach …« Er zögert und grübelt. »Es war
eine Art Beschäftigung. Es hat mich abgelenkt zu einer Zeit, in der ich dringend
Ablenkung benötigte. Da ich mit dem Examen in der Tasche keine Lust hatte aufzuhören,
habe ich eben weitergemacht.«
    »Und dabei ist schwuppdiwupp deine
Dissertation entstanden, die du nachher auch noch erfolgreich verteidigen konntest?«
    »Die Arbeit daran ist mir nicht
schwer gefallen. Es war interessant, und Haie sind faszinierende Geschöpfe. Die
ganze Unterwasserwelt ist faszinierend.«
    »Verspürst
du nie den Drang, etwas zu tun, was der Bandbreite deines Wissens auf dem Gebiet
der Meeresbiologie gerecht wird?«, erkundige ich mich vorsichtig, denn ich will
ihn nicht verletzen. »Die Arbeit in der Tauchschule ist sicher abwechslungsreich,
aber ist sie echt eine Erfüllung?«
    »Absolut«,
entgegnet Christoph prompt. »Ich will nichts anderes machen und nirgendwo anders
sein. Ich mag mein Haus, meinen Job, meine Freunde, diese Insel. Mein Leben ist
so, wie ich es mir vorstelle.«
    Als ich schweige,
betrachtet er mich aus zusammengekniffenen Augen, ein sanftes Lächeln auf den Lippen.
»Ich kann mir vorstellen, was du jetzt fragen möchtest.«
    »Ach wirklich, was denn?«
    »Frag es doch einfach!«
    »Warum bist du allein?«
    »Ich bin nicht allein.«
    Okay, dann also deutlicher: »Warum
gibt es keine Frau in deinem Leben?« Das Blau seiner Augen ist zu intensiv, als
dass ich seinem Blick länger standhalten könnte, also konzentriere ich mich auf
meinen Wein und zwirble den Stil des Glases zwischen Daumen und Zeigefinger, bis
die golden schimmernde Flüssigkeit Wellen schlägt. »Ich sehe dich an und kann es
nicht verstehen. Sie müssten dir zufliegen wie Motten dem Licht.«
    Christophs Lachen klingt kratzig
und wenig amüsiert. »Wusstest du, dass die Motten eigentlich nur zum Mond wollen?«
    »Ich habe davon gehört. Nun lenk
nicht ab!«
    »Die wenigsten der Motten überleben
den Flug zum Licht«, sagt er in der offensichtlichen Absicht, mich aufzuziehen.
    »Du meine Güte, du willst mir jetzt
aber nicht erzählen, dass du gemeingefährlich bist? Ein Egozentriker? Ein unausstehlicher
Mistkerl, mit dem es niemand aushält? Oder ein notorischer Fremdgeher?«
    Christoph lehnt sich ein Stück vor
und stützt das Kinn in die Handfläche. »Ich hoffe, dass mich niemand für einen solchen
Menschen hält.«
    »Lass uns das Thema wechseln!«,
schließe ich und nippe zur Abwechslung am Wein. »Ich komme mir schon vor wie ein
Psychologe und du musst dich wie mein unfreiwilliger Patient fühlen, dem ich ein
Problem einzureden versuche.«
    »Nein, schon okay. Das ist witzig.
Du machst dir Gedanken über mich. Du analysierst mich. Und das ehrt mich irgendwie.
Zudem hast du mit deinem Vergleich ganz nah an der Antwort auf die Frage gelegen.
Die Motten lieben das Licht vielleicht, aber dem Licht sind die Motten definitiv
egal.«
    Auf mein »Hm!« wird es still. Wir
schauen uns an, bis ich blind und taub für meine Umgebung bin. Ich sehe nur Christoph
– den umwerfenden Christoph, der am liebsten unter Wasser ist und sein Herz nicht
ohne Weiteres verschenkt. Zu gern würde ich erfahren, worum sich seine Gedanken
in diesem Moment drehen.
    »Warst du je auf den ersten Blick
verliebt?«, fragt er plötzlich und setzt sich im Stuhl zurück. Nun ist er es, der
mit seinem Glas spielt, doch immerhin schaut er mich dabei noch an. Wartend.
    »Mit Lukas ist es mir so gegangen«,
sage ich, denke an den Hugo-Strandkorb auf Rügen und den kühlen, aber sonnigen Tag
im Herbst, an dem er und ich uns daran erinnerten, wie wir uns ineinander verliebt
haben. Buff!
    Mit einer Ahnung, dass Christoph
Ähnliches erlebt hat, gebe ich die Frage zurück.

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