Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
unseren Picknickkorb aus dem Kofferraum. »Na, dann wollen wir mal«, sagte Mama wieder, während sie eine alte Kerze aus der Jackentasche zog. Mit der Kerze rieb sie über die Kufen unseres Schlittens, bis sie glänzten. »Damit saust er gleich besonders gut. Wollen Sie auch?« Sie hielt Michel die Kerze hin.
Doch der schüttelte den Kopf: »Bevor wir rodeln, sehe ich mir lieber an, ob die Strecke auch wirklich sicher ist.« Er zog ein Brillenetui aus der Innentasche seiner Jacke und setzte sich die Brille auf. Dann blickte er den Hang hinunter. »Seht ihr das?«, fragte er uns besorgt. »Da unten steht neuerdings ein Zaun! Wenn ihr hinabrodelt, ist es wichtig, dass ihr früh genug abbremst«, sagte er zu Sina und mir, »damit ihr nicht in dem Zaun landet.« Er sah so besorgt aus, als ob er den Zaun am liebsten abbauen würde.
»Ach was«, meinte Mama unbekümmert. Sie nahm das Schlittenseil und marschierte zum Hang. »Machen Sie sich da mal keine Sorgen, das kriegen die Mädels schon hin, nicht wahr?« Sie drehte sich zu Sina und mir um.
Sina nickte. Ich zuckte nur unbeteiligt die Schultern. Sollte Sina doch alleine rodeln. Denn ich würde nichts gemeinsam mit jemand machen, der so fies zu mir gewesen war.
Michel ging auf den Abhang zu. »Am besten gehe ich die Strecke mal eben zu Fuß ab, um alles zu kontrollieren«, sagte er, während er seinen Reißverschluss bis zum Kinn hochzog. Entschlossen, als würde er ein Unglück verhindern.
»Was gibt es da groß zu kontrollieren?« Mamas Stimme klang leicht überrascht. Auch ich hatte noch nie erlebt, dass jemand eine Rodelstrecke abging.
»Sehen Sie das?« Michel zeigte auf eine Bodenwelle, über die die anderen Schlittenfahrer laut kreischend sausten. Manche flogen sogar ein Stück durch die Luft wie bei einer Sprungschanze. »Wenn einem da der Schlitten in den Rücken schlägt, kann das schlimme Folgen für die Wirbelsäule haben. Ich schaue mal, wie man das umfahren kann.« Er hakte McSniff an die Leine, drückte Sina die Hundeleine in die Hand und ging alleine zum Abhang.
Mama trat fröstelnd von einem Fuß auf den anderen. »Wissen Sie«, rief sie ihm nach, »beim Rodeln holt jeder sich mal ein paar blaue Flecke, aber da passiert doch nichts.«
Michel, der schon den Hang hinabmarschiert war, blieb stehen und drehte sich zu ihr um. »Und woher wollen Sie wissen, dass nichts Schlimmeres passiert?«, rief er zu uns hinauf.
»Nun, ich bin jeden Winter gerodelt und habe es am Stück überlebt, wie Sie sehen.« Mama machte eine Handbewegung von Kopf bis Fuß und lachte, aber Michel verzog keine Miene. So fügte sie schnell hinzu: »Allerdings gibt es bei uns auf Juist natürlich keine Berge. Das Höchste, was wir zum Rodeln hatten, war die Böschung des Sportplatz.«
»Man kann gar nicht vorsichtig genug sein«, versicherte Michel und wandte sich zum Gehen. Als einziger Fußgänger auf dem Rodelhang stapfte er zu Fuß hinab und sprang zur Seite, als ein Schlitten ihn fast umgefahren hätte. Da tat er mir wirklich leid.
Wir blieben zu dritt mit McSniff auf der Bergkuppe zurück. Trotz des Sonnenscheins wehte der Wind kalt. Vom Rodelberg hörten wir lautes Jauchzen. Alle rodelten und hatten Spaß. Nur wir warteten immer noch auf Michels Rückkehr. Das würde dauern. Michel war gerade erst im Tal angekommen.
McSniff stand zitternd im Schnee. Sina hüpfte auf der Stelle, um warm zu werden. Auch mir wurde trotz der Schneehose immer kälter. Mama schlug die Arme um den Körper. Da sagte Sina in das Schweigen hinein entschuldigend: »Antje, weißt du, mein Vater ist beim TÜV . Dort macht er lauter Sicherheitstests. Trotzdem hat er immer Angst, dass sich jemand verletzen oder einen Unfall haben könnte.«
Mama nickte. Dann nahm sie das Seil von unserem Schlitten in die Hand. »Das mag sein, aber bis er mit der Sicherheitskontrolle fertig ist, hat die Erosion den Berg abgetragen. Ich rodel jetzt, sonst friere ich hier noch fest.« Sie zog unseren Schlitten bis zum Hang, setzte sich darauf und raste ins Tal hinab. Ganz ohne Unfall!
Sina und ich sahen uns nicht an. Aber McSniff winselte so traurig, dass Sina schließlich sagte: »Los, wir rodeln auch.« Sie löste McSniff von der Leine und setzte sich vorne auf den Schlitten. Dahinter war noch ein Platz frei, aber ich zögerte noch, ob ich mich dazusetzen sollte. Immerhin sprachen Sina und ich nicht mehr miteinander.
Obwohl Sina startklar war, fuhr sie noch nicht los. Hieß das, dass sie auf mich wartete? Ich
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