Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
Liebesbrief eben auf dem Laptop tippen und für ihn ausdrucken«, sagte ich. So würde es auch gleich viel leserlicher sein als in Mamas Handschrift.
Aber meine ABF überzeugte das auch nicht. »Niemand, wirklich niemand, schickt einen getippten Liebesbrief, das ist völlig unpersönlich«, wandte sie ein, und ihre Stimme klang genervt.
»Also gut«, rief ich, »ich bringe hier immerhin einen Vorschlag nach dem anderen und was machst du? Du machst einfach alles nur runter. Dann sag du doch mal, was dir einfällt.«
Sina seufzte traurig. »Das ist es ja gerade, mir fällt nichts mehr ein. Darum rufe ich dich ja auch um 6 Uhr früh an.«
Da hatte ich auch das Gefühl, dass unser Weihnachtswunder nicht mehr zu retten war. Aber schließlich fiel mir etwas ein. »Sina, hast du noch diese beiden roten Herzanhänger?«
»Ja«, ihre Stimme klang verlegen, »warum fragst du?«
»Das ist der Plan: Während wir nach dem Konzert zusammenstehen, lenke ich unsere Eltern ab. Dann schmuggelst du einen der Herzanhänger in die Manteltasche meiner Mutter und einen in die Manteltasche deines Vaters.« Ich stellte mir vor, wie überrascht Mama gucken würde, wenn sie in ihre Manteltasche greifen und darin plötzlich ein Herz finden würde. Bestimmt würde sie daraufhin verliebt Sinas Vater ansehen.
»Grete«, rief Sina aufgeregt, »das ist eine geniale Idee. So werden unsere Eltern vermuten, dass der andere ihnen den Herzanhänger zugesteckt hat. Ist das romantisch. So machen wir das!«
Das freute mich wirklich, dass Sina von meiner Idee überzeugt war. »Dabei kann auch gar nichts mehr schiefgehen«, versicherte ich ihr. Aber die Tücke steckt leider immer im Detail. Und vorher mussten wir noch unseren Chorauftritt schaffen. Wenn ich nur daran dachte, fühlte ich mich richtig krank. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
Drei Stunden später standen Sina und ich als Engel in der voll besetzten Aula. Die Scheinwerfer blendeten mich, und ich konnte gar nicht sehen, wo Mama saß. Dann gab unser Musiklehrer den Einsatz. Ich war sicher, dass ich vor Nervosität kein einziges Wort herausbringen würde, aber dann sang ich das ganze erste Lied ohne größere Fehler. Wir bekamen einen dicken Applaus und stimmten das zweite Lied an. Ich schaute über die langen Stuhlreihen in der Aula. Würde unser Plan funktionieren? Würden Mama und Michel von den Weihnachtsliedern so ergriffen sein, wie wir es insgeheim erhofften?
Der Applaus brandete auf. Schon gab unser Musiklehrer den nächsten Einsatz. Von da an lief es wie von selbst, und als wir uns zum Abschluss verbeugten, bekamen wir einen tosenden Applaus. Alle Chormitglieder fassten sich an den Händen und verbeugten sich tief vor dem Publikum. Ich war so froh, dass ich es geschafft hatte, dass ich am liebsten in die Luft gesprungen wäre. Auch Sina strahlte vor Begeisterung. Ihre dunkelroten Haare leuchteten in dem Scheinwerferlicht und ihre zarten, durchsichtigen Engelflügel gaben ihr etwas Festliches. Das Publikum klatschte immer noch, unser Musiklehrer gab uns ein Zeichen, hintereinander liefen wir von der Bühne.
Im Musikraum herrschte ein Durcheinander. Alle sprachen durcheinander, lachten und die Chormitglieder umarmten sich gegenseitig. Sina und ich legten unsere Engelflügel ab und nahmen unsere Winterjacken von dem Tisch, auf dem sie gelegen hatten. Sina fasste vorsichtig in ihre Jackentasche und nickte. »Die Herzen sind startklar«, flüsterte sie. »Du musst unsere Eltern unbedingt ablenken, sonst schaffe ich das nicht, die Herzen in ihre Manteltaschen zu schmuggeln.«
Ich nickte. Was ich genau machen würde, hatte ich mir noch nicht überlegt. »Ach, da wird mir schon etwas einfallen«, sagte ich und wollte ins Foyer gehen. Aber Sina hielt mich am Ärmel fest.
»Du versprichst mir, dass du nicht den Feuermelder drückst.«
Ich sah sie sprachlos an. »Du denkst doch nicht wirklich, dass ich …«
»Dass du es nur weißt. Ich will nämlich nicht ohne dich in die Schule gehen«, rief Sina. »Also ablenken, aber nicht zu doll.« Wir trennten uns im Foyer und machten uns in dem Gewimmel von Eltern und Schülern auf die Suche nach unseren Eltern und staunten nicht schlecht: Mama und Michel standen gemeinsam im Foyer.
Sina duckte sich hinter einige Oberstufenschüler und hielt mich zurück. »Sollen wir sie noch ein bisschen alleine lassen?«, fragte sie. »Vielleicht sind sie von den Liedern so ergriffen, dass sie …« Michel schaute auf seine Armbanduhr. So ganz verliebt
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