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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Frische dazu beitragen konnte, sie wieder ins Leben zu rufen. Wirklich kamen auch drei von ihnen wieder zu sich, der vierte aber war und blieb tot. Seine Gefährten priesen ihn fast glücklich, da er es überhoben war, ein trübseliges Leben im steten Gedenken der Prinzessin, ohne Hoffnung, sie je wiederzusehen, hinzuschleppen; und sie errichteten ihm im nächsten Gehölze ein Grabmal; auf den Stein aber, unter welchem sie ihn beerdigten, gruben sie solche Grabschrift ein:
    Grausame Könige, frevelnde Sterbliche – Fürchtet des Himmels rächende Blitze;
Zärtliche Herzen, fürchtet zwei Augen! – Ihr Strahl allein kann zu Staub euch verwandeln.
Der hier ruht unter diesem Steine – Hurschid sah er und starb durch sie:
Kosend der Flamme naht sich der Schmetterling – Ach, und er stirbt, indem er getreu wird.
    Nachdem sie sich also dieser traurigen Pflicht entledigt hatten, bestiegen die drei übrigen Gefährten ihre Pferde, die man ihnen zuführte, trennten sich voneinander und irrten wie auf gut Glück umher, indem sie sich jedoch immer weiter von dem Orte entfernten, der so verhängnisvoll für sie gewesen war; der eine zog gen Osten und der andre gen Westen, der dritte aber gen Norden.
    Unterdessen fand sich Hurschid in dem erweiterten Palaste mehr beengt, als sie es zuvor gewesen war; da sie jetzt eine zahlreichere Wache und Dienerschaft umgab, war es ihr nicht möglich, unbemerkt das Roß zu besteigen und im Gefilde umherzureiten. Sie führte Klage darüber bei ihren vertrauten alten Dienern und bezeigte dabei so großes Herzeleid und Verlangen, daß der Eunuche ernstlich darauf bedacht war, sie zufriedenzustellen. Er fand auch bald Mittel und Wege dazu. Er kannte einen unterirdischen Gang, der unter den Mauern und Gräben des Palastes hindurch in ziemlicher Entfernung von ihm ins freie Feld führte und bei dem Bache im Walde, von dem oben die Rede gewesen war, auslief. Der getreue Aufseher benutzte den Augenblick, da die Wachen eingeschlafen waren, ließ zwei Pferde nach dem Ende des verborgenen Ganges führen und begleitete die Prinzessin auf ihren Lustritten einige Stunden lang im Mondscheine; beide waren jedoch sorgfältig darauf bedacht, noch vor Sonnenaufgang und vor dem Erwachen der Wächter wieder heimzukehren.
    Bei einem dieser nächtlichen Ausflüge bemerkte die Prinzessin am Eingange des Waldes ein Grabmal, das ihre Aufmerksamkeit anzog; sie ritt heran, las seine Inschrift, die wir schon gehört haben, und erkannte es als das Denkmal des durch ihre Schönheit getöteten Mannes. Die Betrachtungen, die beim Lesen dieser Grabschrift in ihr aufstiegen, stimmten sie trübe, weil sie nun inne wurde, daß ihre Reize gefährlich waren und allzu große Schönheit zuweilen ein Unglück sein konnte; sie wollte dieses Ereignisses wegen, das zugleich ihr Mitleid erregte und ihrer Eitelkeit schmeichelte, auch ihre Frömmigkeit bezeigen. Als ihr Vater sie das nächste Mal besuchte, erklärte sie ihm, daß sie dem Propheten Elias ein Gelübde getan habe, weil sie es ihm zu verdanken glaube, daß sie aus der Gefahr befreit worden sei, in der sie geschwebt habe, als man sie habe töten wollen. Der Sultan billigte ein so dankbares Gelübde und gestattete den Bau eines besagtem Propheten geweihten Bethauses an dem ihm bezeichneten Orte. Neben diesem aber wurde eine Einsiedelei für einen alten Derwisch oder Santom erbaut, der die Gebete in dem Heiligtum verrichten sollte; und man erlaubte der Prinzessin auch, zuweilen dorthin zu gehen, vorausgesetzt, daß sie gehörig verschleiert war.
    Unterdessen nun war der von den drei Hauptleuten, der gen Westen gezogen war, nach Afrika und bis in das Königreich Mauritanien gekommen; sein Herz und sein Geist waren noch immer von Hurschids Bilde erfüllt. Die Liebe hatte ihn zum Dichter gemacht, und aus dem Stegreif schuf er Verse, in denen er die Reize der Prinzessin, die alle, die das Glück hatten sie zu schauen, mit ihren Blicken tötete oder doch unheilbar verwundete, bis zum Himmel erhob. Asad – so hieß dieser irrende Hauptmann – ließ sich darüber in so starken Ausdrücken aus, weil er von einer heißen Leidenschaft beseelt war, daß er allgemeine Aufmerksamkeit erregte; und Prinz Ferahschad, der Sohn des Königs von Mauritanien, der auch davon hörte, wollte aus dem Munde des Fremdlings selbst die Wunder vernehmen, die er verkündigte. Er wurde dadurch von Bewunderung hingerissen und faßte den Entschluß, sich mit eignen Augen von einer so außerordentlichen

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