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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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will!«
    Ob solchen Ereignisses waren die Söhne gar sehr betrübt; und da sie dem Willen ihres Vaters gehorchen wollten, begaben sie sich sogleich auf die Reise, gingen aus seinem Königreiche heraus und kamen in das Land eines großmächtigen Kaisers, mit Namen Behram-Gur. Als sie nun auf der Reise nicht weit von seiner Hauptstadt waren, stießen sie eines Tages auf einen Kameltreiber, dem ein Kamel entflohen war; sie wurden von ihm gefragt, ob sie vielleicht eines auf dem Wege gesehen hätten; und weil sie die Fußtapfen und die Losung eines solchen Tieres auf der Straße gesehen hatten, nahmen sie sich vor, zu sagen, daß sie es auf dem Pfade angetroffen und – auf daß er ihnen Glauben schenkte, denn sie waren kluge und weise Jünglinge – daß sie auch viele Zeichen des verlorenen Kamels gesehen hätten. Sogleich sprach der älteste: »Sage mir, o Bruder, ist das Kamel, das du verloren hast, nicht blind auf einem Auge ?« Und als der Kameltreiber geantwortet hatte, daß solches seine Richtigkeit habe, fuhr der zweite fort und sprach: »Sage mir, fehlt ihm nicht außer dem blinden Auge auch noch ein Zahn im Maule ?« Nachdem der Kameltreiber das zugegeben hatte, wurde er vom dritten befragt: »Sage doch, hinkt es zufällig auch?« Und als der Kameltreiber auch das bestätigt hatte, sagten sie: »Deinem Kamele sind wir wahrlich, es ist nicht lange her, auf der Straße begegnet und haben es ein gut Stück hinter uns gelassen!« Darüber wurde der Kameltreiber gar fröhlich und dankte den drei Brüdern und suchte auf ihre Worte hin einen Weg von gut zwanzig Meilen das Kamel auf der Straße, konnte es jedoch nicht finden. Da kehrte er müde und kummervoll um und fand die Jünglinge folgenden Tages nicht weit von dem Orte, wo er sie verlassen hatte, trinkend an einem klaren Quell, zum Essen gelagert. Und hier klagte er ihnen, daß er sein Kamel nicht wiedergefunden habe, und sagte zu ihnen: »Ich bin gut zwanzig Meilen den Weg entlang gewandert, der mir von euch gewiesen wurde, habe aber vergebens solche Anstrengung erduldet, weil ich mein Tier nicht wiederfinden konnte; und da ich von euch die untrüglichsten Zeichen gehabt habe, kann ich wahrlich nicht glauben, daß ihr mich nur bloß äfftet!«
    Hierauf antwortete ihm der älteste Bruder: »An den Zeichen, die wir dir angegeben haben, kannst du wohl ersehen, ob wir dich geäfft haben oder nicht; auf daß du aber schließlich keine schlechte Meinung von uns hast, will ich dir noch ein anderes Zeichen angeben; dein Kamel war auf der einen Seite mit einer Last Butter, auf der andern aber mit Honig beladen!« »Und ich«, fuhr der zweite fort, »sage dir, daß auf deinem Kamele ein Weib saß«; »und dieses Weib,« sprach der dritte, »auf daß du erkennest, wir sagen dir die Wahrheit, war sicherlich schwanger!«
    Als der Kameltreiber solche Worte hörte, fing er um der vielen und zutreffenden Anzeichen willen, welche die Jünglinge angaben, an zu glauben, daß sie ihm das Kamel gestohlen hatten, zumal er es auf dem von ihnen bezeichneten Wege nicht hatte finden können. Er beschloß, sich Genugtuung verschaffen zu wollen und die Jünglinge anzuklagen, daß sie ihm sein Kamel auf der Straße gestohlen hätten, und ging vor den Richter und klagte die drei Brüder hart des begangenen Diebstahls an; die aber wurden in das Gefängnis geworfen.
    Solche Tat kam dem Kaiser zu Ohren, der einigen Verdruß darüber hatte, zumal er über die Maßen eifrig darauf bedacht war, daß man in seinem Reiche sicher und ohne Furcht vor Räubereien wandern möchte; darüber sehr aufgebracht, ließ er die drei Jünglinge andern Tages vor sein Angesicht kommen und auch den Kameltreiber rufen, da er von ihm in Gegenwart der Jünglinge über den ganzen Vorfall in Kenntnis gesetzt werden wollte. Als er genügend von dem Kameltreiber erfahren hatte, auch was für gewisse Kennzeichen des verlorenen Kamels die Jünglinge angegeben hatten, wandte er sich ganz zornig gegen diese und redete sie also an:
    »Ihr habt nun die Anklage des Kameltreibers gehört und verstanden; wegen der von euch angegebenen Kennzeichen glaube ich wahrlich, daß ihr ihm sein Tier gestohlen habt, weil er es trotz seines sehr großen Eifers auf dem Wege, den ihr ihm gewiesen habt, nicht hat wiederfinden können. Und es ist gerecht, daß ihr um solcher Missetat willen des Todes sterbet; nichtsdestoweniger habe ich beschlossen, da ich von Natur aus mehr zur Milde als zur Strenge neige, Gnade vor Recht ergehen zu lassen,

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