Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
und jedem sehr teuer war. Es traten aber eines Tages vier von den ersten seiner Vornehmen vor sein Antlitz und versuchten ihn mit vielen Reden zu überzeugen, daß, wenn auch der größere Teil der Weiber voll des Betruges sei und sie auch sehr unvollkommene Tiere wären, man doch auch weise und gute unter ihnen finden könnte; und schlössen damit, daß er schon darum ein Weib nehmen müßte, um einen Erben zu haben. Nach solchen und vielen andern Reden, die ihn dazu bestimmen sollten, sagten sie auch, daß, wenn er das Weib auch nur für ein treuloses Tier hielte, er von acht oder zehn die Auswahl treffen sollte, auf die Weise könnte es leicht geschehen, daß er ein gutes fände, das er als Gattin heimführen könnte, auf daß er einen Erben für sein Reich zeugte. Obwohl solche Worte den Absichten des Fürsten ganz entgegengesetzt waren, erweckten sie doch einen Widerhall in seinen Ohren; und er beschloß, einen Versuch zu machen, um nicht billigerweise seines großen Starrsinns wegen von seinen Völkern getadelt zu werden. Nun hatte er von der Schönheit und den guten Eigenschaften von vier Jungfrauen, Töchter von vier großen, ihm befreundeten Herren gehört und schickte vier Abgesandte zu ihnen, um sie zu bitten; die nun, von ihnen mit reichen Geschenken beladen, führten ihrem Fürsten in kurzer Zeit die Jungfrauen zu, die von ihm herzlich und mit großer Ehrerbietung aufgenommen wurden, und er gab Auftrag, daß jede von ihnen eine von den vier bezeichneten Wohnungen innehaben sollte, die in denFlügeln des Serails, wo sich das Bildnis befand, hergestellt waren.
Und als es zu später Stunde war, ließ er sich eine von ihnen ins Gemach führen und begann sie zu liebkosen; und während er sich mit ihr über verschiedene Dinge unterhielt, legte er die Hand auf einen Korb mit Rosenblättern, den er bei sich hatte, und nahm einige Blätter heraus; und wie er sie der Jungfrau auf den Busen streuen wollte, geschah es, daß ihr ein ganz kleines Rosenblättchen ins Gesicht fiel; darauf gab sie vor, wegen des Stoßes vor die Stirne gar gewaltigen Schmerz zu spüren, und heuchelte sogleich eine Ohnmacht. Hierüber war der Fürst ziemlich bestürzt, rief einige seiner Diener und ließ Essig herbeischaffen; und ihn mit Rosenwasser mischend, hielt er ihn der Jungfrau unter die Nase und feuchtete ihre Stirn damit an und rieb sie, bis ihr die Besinnung wiederkehrte. Und nachdem sie ein wenig ausgeruht hatte, erhob sie sich schließlich; und der Fürst nahm sie bei der Hand und führte sie ganz sachte an das Fenster des Gemaches, wo sie mit den Augen gegen das Bildnis stand, das er lachen sah; und sogleich wurde ihm der Betrug klar und die Verstellung, welche die Jungfrau ins Werk gesetzt hatte, indem sie vorgab, von dem Stoße vor die Stirn ohnmächtig geworden zu sein. Nichtsdestoweniger ließ er sich nichts merken. Und mit ihm über dieses Mißgeschick redend, lehnte sie sich an das Fenster, plötzlich aber hob sie die Hände vors Gesicht und bedeckte es; solches tat sie, weil sie vorgeblich das Bild für einen Mann hielt; womit sie dem Fürsten zeigen wollte, es ziemte sich nicht, daß sie von jemand anderem als ihm gesehen würde. Doch da er sich ihres ersten Betruges schon vergewissert hatte, wollte er auch den zweiten erfahren und drehte sich nach dem Bilde um undsah es lachen. Nun wurde ihm klar, daß sie eine schlimme Jungfrau voll des Betruges war; damit sie aber nicht merkte, daß er hinter ihre Täuschung gekommen war, schlief er die Nacht bei ihr. Und er erhob sich folgenden Morgens beizeiten und umarmte sie und schickte sie in ihre Behausung, die über dem Stalle lag, zurück. Dann ging er nach muselmännischer Sitte ins Bad, wusch sich und gab Auftrag, man solle eine andere der Jungfrauen vor sein Angesicht führen. Er ging ihr fröhlichen Antlitzes bis in seinen Hofraum entgegen und nahm sie bei der Hand und führte sie in sein Gemach. Er trug aber ein mit Hermelin besetztes Gewand; so geschah es denn, daß er sie beim Umarmen um den Hals faßte und ihre Brüste mit dem Hermelinfelle berührte. Da sagte sie, daß ihr solches ein groß Unbehagen bereite. »O weh,« sprach sie, »o Herr, entferne dich bitte ein wenig, weil ich fühle, wie das Fell deines Gewandes heftig in die Haut sticht und mir schweres Unbehagen verschafft!« An solchen Worten erkannte der Fürst die Bosheit und den Trug der Jungfrau; er wandte sich gegen das Bild und sah es lachen und wurde ihrer Täuschung ihne. Doch verbarg er das und
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