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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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sagte darauf; »Du hast wahrlich einen sehr zarten Körper, und da dir solches Mißbehagen aus dem Felle meines Gewandes zu erwachsen scheint, kann ich mir wohl denken, daß, wenn dein Körper so beschaffen ist, dein Antlitz noch viel zarter sein muß!« Also zu ihr redend, näherte er sich ihr mit einem Spiegel, der in dem Gemache hing, und stellte sich; vor ihn, so daß sie ihn sehen mußte, und als sie ihn nun doppelt sah, hielt sie sogleich die Hände vors Gesicht. Wie sie aber der Fürst fragte, aus welchem Grunde sie das täte, antwortete sie: »Weil es sich nicht ziemt, daß ich von einem andern Manne als dir gesehen werde!« Diesen Betrug merkteder Fürst, drehte sich nach dem Bilde und sah es lachen. Trotzdem verstellte er sich, da er die Nacht mit der Jungfrau schlafen wollte. Am Morgen stand er beizeiten auf und schickte sie in ihre Wohnung, die über der Küche lag, zurück; dann trat er in das Bad, und nachdem er sich hier ein wenig aufgehalten hatte, gab er Befehl, daß ihm die dritte Jungfrau zugeführt würde. Als die vor seinen Augen erschien, umarmte er sie fröhlichen Antlitzes und trat mit ihr in den Palastgarten, wo sie sich in das frische Gras setzten und sich über allerlei Dinge unterhielten. Hier war nun ein sehr schöner See, welcher der verschiedenen Fischarten wegen, die in ihm schwammen, gar lieblich zu betrachten war. Wie die Jungfrau jedoch an ihn herantrat, zog sie plötzlich einen Schleier vor das Antlitz; als der Fürst sie fragte, weshalb sie das täte, antwortete sie: ›Weil es in diesem See männliche Fische gibt; es ziemt sich nicht für mich als Frau, von ihnen gesehen zu werden!‹ An solchen Worten merkte der Fürst, daß sie nicht besser war als die beiden ersten; er wollte sich dessen aber vergewissern, und sich gegen das Bild wendend, sah er es lachen. Nicht weit davon auf diesem See lag auch ein kleines und sehr schönes Schiffchen mit gehißten Segeln und vielen geschnitzten Holzfiguren, das zur Zierde des Sees hergestellt war und hier festlag; es war einem großen Schiffe ähnlich, das auf hohem Meere segelt. Nun kam es, daß der Wind es bald nach dieser, bald nach jener Seite trieb, bis es unterging. Die Jungfrau sah es, gab vor, ohnmächtig zu werden, und fiel zu Boden; und als sie wieder zu sich gekommen war und vom Fürsten um die Ursache ihrer Angst gefragt wurde, antwortete sie: ›Als ich das Schiffchen mit den Seeleuten, die sich in ihm befanden, untergehen sah, überkam mich der größte Kummer.‹ Da nun der Fürstdie Schlechtigkeit und den Betrug der Jungfrau bedachte, die vorgab, der Holzfiguren wegen, die mit dem Schiffe untergegangen waren, ohnmächtig geworden zu sein, richtete er die Augen auf das Bild und sah es lachen, und es wurde ihm gewiß, daß er sich nicht getäuscht hatte. Aber dennoch ließ er der Jungfrau nichts merken, umarmte sie und schlief die Nacht bei ihr. Er schickte sie am Morgen zeitig in ihre Behausung zurück, die über dem Flusse hergestellt war, und ließ, nachdem er das Bad verlassen, die vierte vor sich führen. Als die vor seinem Angesichte stand, wollte sie sich ihm aus Ehrfurcht nicht nähern, da nahm er sie bei der Hand und begann sie gar sehr zu liebkosen. Er sah sie jedoch ganz ehrbar und mit guten Sitten begabt; glaubte aber dennoch, daß sie den andern ähnlich und schlecht sei, und wandte die Augen gegen das Bild und sah es nicht lachen, weil sie wahrhaft gut und ehrbar war. Als er die Nacht auch bei ihr geschlafen hatte, schickte er sie morgens in ihre Wohnung, die über dem Keller lag, zurück. Da er nun aber diese Jungfrau um ihrer Bescheidenheit und tiefen Ehrfurcht willen, nach der Begebenheit mit den drei andern zu schließen, für eines armen und gemeinen Mannes und nicht für eines Fürsten Kind hielt, wollte er nicht mehr bei ihr schlafen. Es geschah aber, daß er eines Abends in das Gemach derer ging, die vorgegeben hatte, durch das in ihr Gesicht geflogene Rosenblatt ohnmächtig geworden zu sein; er legte sich nach dem Mahle zu ihr, und nachdem sie verschiedene Gespräche gepflogen hatten, schlief er ein; als er nach einer Weile aufwachte und die Jungfrau neben sich zu finden glaubte, merkte er, daß sie nicht auf dem Lager war. Darüber verwunderte er sich gar sehr, stand sogleich auf, nahm das Licht und suchte sie sorgsam in allen Ecken des Gemaches, fandaber alle Türen geschlossen außer der, welche in den Stall führte; die sah er offen stehen. Da packte ihn ein wilder Zorn; er nahm den Säbel und ging

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