Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
Vom Netzwerk:
sollte, und klagte einer alten Jüdin, die ihr oft fremde Kostbarkeiten verkaufte, ihre Not. Die Alte nun ließ sich von ihrem Zustande rühren, mehr jedoch noch durch die Belohnung, die sie ihr zusicherte, wenn sie diese Heirat verhindern könnte. ›Nimm alles, was in meinen Händen ist‹, sprach Güzülbec leise zu ihr; ›daß Naerdan nur keiner andern angehöre; und ich schwöre dir beim heiligen Propheten, ich will nichts besitzen, was nicht dir gehören soll. Hätte ich doch alle Schätze Indiens, um dich für meine Dienste verpflichten zu können!‹ Die Jüdin verließ sie, indem sie ihr schnelle Hilfe versprach und versicherte, daß sie sehr bald von ihr Nachrichten bekommen sollte.
    Am Tage, der dem folgte, an dem die Jüdin Güzülbec so trostreiche Versprechungen gemacht hatte, begegnete Hüssendschar in den Straßen Erserums Kara Mehemmet, der vor erst vier Monaten abgereist war, und versicherte ihm seine Überraschung, die; durch eine so schnelle Rückkunft verursacht war. Kara Mehemmet aber entgegnete ihm, daß er einen seiner Geschäftsfreunde auf der Hälfte des Weges nach dem Orte, den er aufsuchen wollte, angetroffen und ihm die Geschäfte, die er in Indien gehabt hätte, so vorteilhaft abgetreten habe, daß er sich entschlossen hätte, sich nicht mehr so großen Mühseligkeiten auszusetzen, die seinem Alter nicht dienlich sein könnten, und endlich der Ruhe genießen wollte, die ihm sein Reichtum im Vaterlande zu suchen erlaubte. Hüssendschar erinnerte ihn auf der Stelle an das Übereinkommen, das er mit ihm getroffen hatte und das die Heirat zwischen Naerdan und seiner Tochter anging. Kara Mehemmet erklärte sich bereit, solches auszuführen, doch wünschte er, daß die Hochzeit in einem Landhause vor sich ginge, dessen Erwerbung er gemacht hätte. Hüssendschar willigte ohne weiteres in dies Verlangen ein. Sie brachen auf der Stelle auf, um Naerdan zu suchen, und fanden ihn in dem Geschäfte Hüssendschars tätig. Und Kara Mehemmet sprach zu ihm: ›O lieber Sohn, wenn du mir folgen willst, sollst du meine Tochter sehen, sie ist nun fünfzehn Jahre alt; und sollst sie heiraten, wenn sie dir zusagt!‹ Naerdan antwortete ihm bescheiden, aber doch ziemlich kalt und folgte ihnen mit einer gewissen Freude, in der Hoffnung, durch dieses Mittel sich eine Neigung aus dem Kopfe schlagen zu können, der er sich nicht mehr glaubte hingeben zu dürfen.
    Kara Mehemmet nun führte sie aus den Toren der Stadt hinaus. Als ihn Hüssendschar diesen Weg einschlagen sah, sagte er zu ihm: ›Nun, o lieber Freund, wo liegt denn das Haus, in dessen Besitz ich dich nicht weiß?‹ Kara Mehemmet antwortete ihm: ›Man muß sich seiner Reichtümer freuen; du sollst sehen, auf welche Art meine neue Besitzung geschmückt ist; seit langem freue ich mich auf das Erstaunen, das du zeigen wirst; und die Heirat meiner Tochter mit Naerdan ist das Ziel eines Geheimnisses, das ich bis heute aus einem reizenden Wohnsitze gemacht habe, dessen ich mich in Ruhe erfreuen will, indem ich Naerdan mit den Vorteilen meines Geschäfts auch alle Sorgen überlasse, die es mir brachte!‹ Als er solche Rede beendigt hatte, standen sie vor einem großen Hause, dessen Tor von zwei Türhütern bewacht wurde. Naerdan sah mit Erstaunen eine stattliche Menge Pagen am Fuße der Treppe; die waren prächtig gekleidet, ihre Hemden bestanden aus Seide, ihre Beinkleider aus Atlas, ihre Wämser aus indischen Stoffen und ihre Kaftane aus gewässertem Taffet, ihre Gürtel aber waren mit köstlichen geschnittenen indischen Steinen besetzt. Diese Pagen sehritten ganz ehrfurchtsvoll vor ihnen einher und leiteten sie in ein wunderbar ausgestattetes Empfangszimmer. Als sie auf einem Ruhebette Platz genommen hatten, brachte man ihnen Kaffee und Eingemachtes; und bald setzte man ihnen ein prächtiges und wohlschmeckendes Mahl vor; die Schüsseln, die man ihnen darbot, waren aus Silber, Und alles Weißzeug war reich gestickt. Nach dem Essen bat Kara Mehemmet Hüssendschar, in ein anderes Zimmer zu gehen und ihn mit Naerdan allein zu lassen, da er besondere Geschäfte mit ihm zu besprechen habe. Hüssendschar verließ sie. Kara Mehemmet öffnete einen Schrank, der in das Gemach seiner Frauen führte, und rief seine Tochter. Sie antwortete ihm auf der Stelle mit einer Stimme, die so süß war wie die eines Engels und so lieblich, daß sie selbst in Naerdans Herzen eine lebhafte Bewegung verursachte. Die Schöne ließ nicht lange auf sich warten und zeigte ihre

Weitere Kostenlose Bücher