Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
blendenden Reize; denn der Glanz ihrer Hautfarbe überstrahlte noch den Mond, wenn er voll ist. Vor ihren Vater tretend, warf sie sich ihm zu Füßen, küßte sie und sprach: ›Was wünschst du von deiner Sklavin, o lieber Vater?‹
›Ich bin erfreut,‹ antwortete ihr Kara Mehemmet, ›dich in dem Zustande zu finden, in dem ich es wünsche. Und will dich Naerdan, den du da siehst, zum Weibe geben; stimmst du dem bei?‹
›Ich habe meinem Vater schon gesagt,‹ sprach die junge Schöne darauf, ›daß seine Sklavin alles tun wird, was er befiehlt; sie ist nicht allein bereit, Naerdan, den er ihr anbietet, zu heiraten, sondern auch den letzten seiner Sklaven; das Vergnügen, meinem Herrn und Gebieter zu, gehorchen,‹ fügte sie hinzu, ›soll immer der höchste Wunsch meiner Seele sein!‹ Nachdem sie diese Worte gesprochen hatte, zog sie sich zurück.
›Nun, o lieber Sohn,‹ sprach dann Kara Mehemmat, ›was sagst du zu meiner Tochter? Bist du ihrer zufrieden?‹ Naerdan entgegnete ihm:
›Welchem Menschen könnte eine solche Schönheit nicht gefallen?‹ Kara Mehemmet genügte diese Antwort, und er ließ sofort den Imam des Viertels holen. Dann zog er eine Börse, in der dreitausend Golddinare waren, und sagte zu ihm:
›Nimm dies Geld, o lieber Sohn Naerdan, und wenn ich dich in Gegenwart des Imams frage, was du meiner Tochter in die Ehe mitbringst, antwortest du mir: dreitausend Golddinare; und dann gibst du mir diese Börse als ihr Leibbeding!‹ Der Imam ließ nicht auf sich warten; er kam im Gefolge des Schulmeisters und des Muezzins. Man deckte sofort den Tisch, und am Ende dieses neuen Mahles sagte Kara Mehemmet zu dem Imam: ›Ich gebe Naerdan, den du da siehst, meine Tochter, wenn er dreitausend Golddinare zur Sicherstellung ihres Leibbedings zahlt.‹ Hüssendschar wollte sie ihm alsogleich geben; Naerdan reichte jedoch die Börse her, die ihm sein Schwiegervater geschenkt hatte; und da diese Angelegenheit keine weitere Schwierigkeit bot, war sie bald erledigt. Der Vertrag wurde entworfen; und der feierlichen Handlung des Imams folgte ein neues Mahl. Naerdan trat zu Hüssendschar und sprach zu ihm: ›Nun ich diese Nacht nicht allein schlafe, ist es da nicht besser, wenn ich ins Bad gehe?‹ Kara Mehemmet wollte wissen, was sein Schwiegersohn wünschte. Als er es erfahren hatte, billigte er nicht nur sein Verlangen, sondern versicherte ihm auch, daß diese Reinigung nach der feierlichen Handlung des Imams durchaus nötig sei, und rief seine Sklaven herzu, die ihn nach dem köstlichen Bade führten, das man im selben Hause bereitet hatte; Mehemmet aber blieb inzwischen beim Mahle. Naerdan fand sich dann dort wieder ein, und sein Schwiegervater ließ ihn in das Frauengemach eintreten und bei seiner neuen Gattin schlafen.
Als Naerdan die Vergnügen gekostet hatte, die aus seinem Herzen die Erinnerung an Güzülbec entfernen sollten, merkte er zu seinem Kummer, daß sie ihn nicht weniger an sie fesselte denn zuvor. Solche Gedanken beschäftigten ihn einige Zeit; aber schließlich sah er sich genötigt, sich dem Schlafe hinzugeben. Nicht der Tag war es, der ihn weckte, sondern ein sehr dringendes Bedürfnis; indessen konnte er es nicht befriedigen, denn er wagte weder aufzustehn noch die geringste Bewegung zu machen; sein Arm lag nämlich unter dem Kopfe seiner reizenden Gattin, die er aufzuwecken fürchtete. Als er sein Bedürfnis aber nicht mehr zurückhalten konnte, zog er seinen Arm, so sacht es ihm nur immer möglich war, zurück. Doch wie groß war seine Überraschung, als er diesen schönen Kopf, den Kopf eines Meisterwerkes der Natur, sich von seinem Halse lösen und aus dem Bette fallen und bis an die Tür rollen sah? Bei solch entsetzlichem Schauspiel vergaß er all seine Bedürfnisse und lag wie an allen Gliedern gelähmt da.
Er war schon einige Zeit in dieser grausamen Lage, als sich Kara Mehemmet erkundigen ließ, wie die Neuvermählten die Nacht verbracht hatten. Man fand die Türe verschlossen; der unglückliche Naerdan war nicht in der Lage, sie zu öffnen, noch das Klopfen zu hören, denn er hatte das Bewußtsein gänzlich verloren. Man sah sich daher genötigt, sie einzuschlagen; der Kopf und das Blut, das man erblickte, entlockten allen Sklaven laute Schreie, und diese Schreie riefen Kara Mehemmet herbei, der alsobald den Kadi holen ließ. Man setzte Naerdan gefangen und belud ihn mit Eisenketten, um ihn bald seiner Strafe zu überlassen.
Die bösen Nachrichten, die sich mit
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