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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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machen kannst; und was mich angeht, so will ich, froh, mit dir leben zu können, mir in meiner Zurückgezogenheit nur den Dienst Allahs angelegen sein lassen!‹ Solche Worte ließen auch nicht mehr die geringste Unruhe in Jahias Gemüte aufkommen. Und alle diese Güte als einen deutlichen Beweis der Liebe Allahs ansehend, sprach er zum Scheich: ›Wenn ich tausend Jahre dir zu Diensten leben würde, o mein Herr und mein Vater, so genügte das noch nicht, um dir ob deiner Wohltaten danken zu können. Sei wahrlich versichert, ich will dir bis zum letzten Atemzuge völlig Untertan sein!‹ Und einer machte dem andern Freundschaftsschwüre und Beteuerungen, die sie, trinkend, einen guten Teil der Nacht beschäftigten. Endlich konnte sich Jahia nicht mehr aufrecht halten, und der Scheich gab Auftrag, daß man einen gestickten Vorhang vor eins der Ruhebetten hängen, goldene und seidene Pfühle herbeibringen und ein silbernes Bett aufstellen sollte. Als man allen seinen Befehlen mit unglaublicher Pünktlichkeit nachgekommen war, sprach der Scheich zu ihm: ›O mein Sohn, ich wünsche, daß du dich mit deiner Frau zu Bette legst; seine Kinder verheiraten, ist eine der größten Freuden des Alters; beide gehört ihr mir an, und so habe ich denn in diesem Augenblicke das Vergnügen, euch zu vereinen!‹ Jahia widerstand nicht, sie lagen bald darauf im Bette, und der Alte ging aus dem Zimmer.
    Kaum hatte er sich so weit entfernt, daß er nichts mehr hören konnte, als die schöne Sklavin mit einem Seufzer zu Jahia sagte: ›O junger Mann, du hast nicht mehr lange zu leben, denke an deine Rettung!‹ Diese Worte kühlten Jahias Blut völlig ab. Er zitterte an allen seinen Gliedern; indessen drang er in Meimune, ihm das Rätsel zu lösen. ›Ich nehme teil an deinem Lose‹, sprach sie zu ihm, ›und fühle Liebe zu dir, und diese Liebe verdoppelt noch das Grausen, das mir stets die Verbrechen eingeflößt haben, die hier täglich begangen werden. Versprichst du mir,‹ fuhr sie fort, ›mich mit dir zu nehmen und mich niemals von dir zu stoßen, wenn ich dich aus der Gefahr befreie, in der du schwebst?‹ Jahia versprach alles, was sie wollte, und bekräftigte sein Versprechen durch die heiligsten Schwüre. Und als die Sklavin seiner ganz sicher war, redete sie weiter: ›Du sollst das Übermaß von Verbrechen und Schlechtigkeit kennenlernen; beide vereinigen sich in diesem Greise; doch wenn du dir dein Leben erhalten willst, mußt du alle meine Vorschriften genau befolgen. Der Scheich wird zurückkommen, und so oft er dich anrufen sollte, antworte ihm niemals. Er wird mich beauftragen, dich zu wecken, scheinbar werde ich ihm gehorchen, verhalte dich still, bleibe im Bett, und du sollst Zeuge von allem sein, was vorgehen wird.‹ Jahia versprach ihr, ohne Bedenken alle ihre Befehle ausführen und ihrem Rate folgen zu wollen.
    Einige Zeit darauf kam der Scheich hinter einen der Vorhänge und rief Jahia an, der aber antwortete nicht. Und er sagte zu Meimune, sie solle ihn aufwecken, doch sie versicherte, alle ihre Bemühungen seien nutzlos; ›du hast die Stricke zu seiner Fesselung bei dir auf dem Ruhebette,‹ sprach er zu ihr, ›denke daran, daß ich um so mehr Vorsicht zu beobachten habe, als ich sozusagen der einzige Mann in meinem Hause bin; und ich habe gegenwärtig fünfzehn Gefangene. Was würde aus mir, wenn man sie befreite? Hüte ihn also mit Sorgfalt und denke daran, daß es sich um dein Leben handelt!‹ Nach solchen Worten kehrte er in sein Gemach zurück.
    Jahia kostete indessen alle Augenblicke der Angst aus, und als Meimune kein Geräusch mehr im Hause vernahm, sagte sie zu ihm: ›Stehe nun auf, ich will dir jetzt zeigen, wohin dich dein Unglück bringen konnte!‹ Er gehorchte ihr; sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn eine kleine Treppe hinunter, und als sie unten waren, ließ sie ihn durch einen Spalt sehen, der dort in der Mauer war. Er erblickte ein sehr finsteres Gefängnis, das vierzehn Gefangene verschiedenen Alters barg, die alle mit Ketten beladen waren, die ihnen um Hals und Hände und Füße hingen. In diesem Augenblicke trat der junge Mann, der dem Scheich die Laterne vorantrug, als ihm Jahia begegnet war, in das Gefängnis. Die Gefangenen aber schrien bei seinem Anblicke: ›Warum läßt man uns an diesem Orte des Schreckens leiden? Der Scheich hat uns betrogen, als er uns fünftausend Dinare gab und uns seiner Sklavinnen eine erwählen ließ, und hat uns all unsere Habe genommen und uns in

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