Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
Vom Netzwerk:
endlich kam er selbst hinzu, und fischte es mit der größten Leichtigkeit auf. Und er war sehr erstaunt, als er seinen Namen auf der Hülle geschrieben sah; er prüfte es mit größerer Sorgfalt, öffnete es und fand das Geld und das Schreiben, das ihm keinen Zweifel ließ und ihm Allahs Macht und Güte offenbarte.
    Als ein Witterungsumschlag eingetreten war und der Kaufmann fürchtete, Allah habe seine Bitte nicht erfüllt, nahm er die tausend Dinare mit, die er entlehnt hatte, und schickte sich an, seinen Gläubiger aufzusuchen. Sobald der ihn aber von weitem erblickte, rief er ihm zu: ›Dein Bürge hat mich befriedigt; hier ist dein Wechsel, ich habe ihn zerrissen; du bist deiner Schuld bei mir ledig; damit Allah befohlen. Danke ihm für alle Wohltaten, die du erhalten hast, indem du zu ihm flehst und ihm unaufhörlich dienst!‹
    Jahia war ergriffen von dieser Geschichte und verdoppelte die Versicherungen seiner Zuneigung zu dem Scheich und seiner Dankbarkeit gegen Allah. ›Laß es genug sein!‹ sagte der Scheich mit einer gütigen Miene zu ihm. Dann ließ er eine große Anzahl königlicher Gewänder hereinbringen, und als man sie auf dem Ruhebette aufgehäuft hatte, sprach er zu Jahia: ›Ich mache dir alle diese Kleider zum Geschenk und alle meine Sklavinnen stehen dir zur Verfügung!‹ Ob dieser letzten Worte errötete der junge Muselmann. Um jedoch diese letzte Verwirrung zu zerstreuen, schenkte ihm der Scheich ein Glas seines Himmelsweines ein, und Jahia trank ihn, ohne zu wissen, was er tat. Als der Scheich nun endlich bemerkte, daß der Wein einige Verwirrung im Kopfe seines Gastes anzurichten begann, hieß er all seine Sklavinnen Musikgeräte nehmen, die ihnen jene süßesten Weisen entlockten, die für Liebeslieder bestimmt sind. Jahia wurde so sehr durch sie aufgeregt, daß er die Augen ein wenig aufzuschlagen und sich aller Vergnügen zu erfreuen begann, die ihm denen eines Sultans vergleichbar zu sein schienen. Indessen hatte er noch nicht genügend getrunken, um völlig frei von Besorgnis zu sein; und er wagte die schönen Sklavinnen nicht anzusehen, die ihre Tafel umringten. Der Scheich sah ihm beständig nach den Augen, erkannte leicht seine Gedanken und warf ihm seine Zurückhaltung vor; und ihn noch zum Trinken ermunternd, sagte er zu ihm: ›O mein Sohn, warum betrachtest du die Sklavinnen nicht? Sagte ich dir nicht, sie stehen dir zur Verfügung? Wähle dir die aus, die dir am besten zusagt, und ich will sie heute nacht zu dir geben!‹ In seiner Furcht, diese letzten Worte wären nur gesagt, um den Grund seiner Seele zu erforschen, warf sich Jahia dem Scheich zu Füßen und schwur ihm, daß er sich nicht des geringsten Verlangens nach den Frauen seiner Erhabenheit fähig fühle und sich der Ehrfurcht, die er ihm schulde, wohl bewußt sei. ›Was soll ich dir mehr sagen, o mein Sohn,‹ antwortete ihm der Greis, ›wähle, ich beschwöre dich; du kannst dir denken, daß mein Verlangen gänzlich erloschen ist und meine Sklavinnen infolgedessen für mich nutzlos sind: mit einem Worte, alles, so ich mir von Gott wünsche, ist, dich mit Kindern zu sehen, die ich mehr lieben will als du selber.‹
    Jahia fügte sich seinem inständigen Zureden, sah die Sklavinnen an und wählte sich eine von ihnen aus. Aber um bei seinen Pflichten nichts außer acht zu lassen, warf er sich dem Scheich abermals zu Füßen und sprach zu ihm: ›Ich hatte wahrlich nicht das geringste Verlangen nach den Frauen deiner Erhabenheit; aber da du nun durchaus darauf bestehst, erwähle ich die, die mir zur Seite steht.‹ Der Scheich antwortete ihm mit der zufriedensten Miene der Welt: ›Ich danke Gott, daß du so wohl gewählt, und sehe auch, du hast ein gutes Urteil, du kannst sie als ein Geschenk Allahs und als eine Tat seiner Güte ansehen; jede andere Wahl würde mir kein so großes Vergnügen bereitet haben, denn sie ist Zirkassierin. Komm näher, Meimune, komme näher‹, sagte er zu ihr, und sie bei der Hand nehmend, gab er sie Jahia mit fünftausend Golddinaren, die er in einer Schale herbeitragen ließ, und sprach weiter: ›Dieweil du mir in dieser Nacht Gesellschaft geleistet hast, mache ich dir diese Geschenke. Sieh mich immer als deinen Vater an; verlasse mich nie mehr, und alle meine Gebete sind in Erfüllung gegangen. Und ich will morgen den Kadi von Skutari zu mir bitten lassen, um dir in seinem Beisein eine Schenkung aller meiner Güter auszustellen, von deren Unermeßlichkeit du dir keinen Begriff

Weitere Kostenlose Bücher