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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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ab, welcher die schönsten Haare der Welt fallen ließ; sie schien so schön, daß Badanazar davon betroffen wurde und das erstemal in seinem Leben Liebe fühlte. Wenig fehlte daran und er wäre ihr zu Füßen gefallen. Da er sich indessen nicht auf einmal so verändert gegen sein bisheriges Betragen zeigen wollte und auch noch über ein Gefühl errötete, das ihm bisher unbekannt war, sagte er mit einer geheuchelten Ruhe: ›Der Betrug, den du, o Zahide, begangen hast, verdiente, daß du getötet würdest; wer weiß, ob du gar über deine erlauchte Geburt wahre Angaben machst; doch will ich deinen Reizen Gnade erzeigen. Lebe bei Zuluch, doch hoffe niemals, deinen Bruder wiederzusehen, noch in sein Reich zurückzukehren; und du, o meine Schwester, fahre fort, dir einen Gatten zu suchen. Zahide entspricht dem Gesetze nicht!‹
    Die beiden Prinzessinnen entfernten sich, und Zuluch, die trotz der Gleichheit des Namens nicht zu glauben wagte, daß der, den sie liebte, auch der wäre, von dem Zahide ihr soeben gesprochen hatte, stellte so viele Fragen an sie, und Zahide erzählte ihr so viele Einzelheiten, daß Zuluch in ihrer Freude, von dem geliebt zu werden, den sie anbetete, beschloß, sich eher jeder Gefahr auszusetzen, als wieder in die Gärten des Geisterfürsten zurückzukehren.
    Badanazar säumte nicht lange, die, welche ihm Seufzer verursachte, wiederzusehen. Er wollte zu ihr von seiner Liebe sprechen; aber wennschon sie ihn sehr liebenswert fand, behandelte sie ihn doch mit der größten Härte. Der Fürst beklagte sich darüber; Zahide aber sprach zu ihm, daß, wenn er ihr gefallen wollte, sie auf die Prinzessin Zuluch die Ansprüche geltend zu machen wünschte, wozu sie die vom Geisterkönige auferlegten und von seinem Diwan gebilligten Gesetze hinreichend berechtigten. Badanazar machte einige Schwierigkeiten, doch endigte er mit diesen Worten: ›Ich stimme allem zu, was du verlangst, soweit die Sache von mir abhängt, und werde keinen anderen Willen mehr als den deinigen haben!‹ ›Von diesem Augenblicke an‹, sprach sie darauf, ›verbiete ich die Gastereien im Garten und wünsche, daß der Korb nicht mehr ausgeschickt wird, um Fremde zu holen!‹ ›Ich sehe mich genötigt, dir zu sagen,‹ entgegnete der König, ›daß alles, was du verbietest, den König der Geister angeht; aber du sollst ihn selbst sprechen,‹ fügte er hinzu, ›leicht ist es mir, ihn kommen zu lassen; was ich in dieser Angelegenheit tun kann, ist einzig, meine und deine Bitten zu vereinigen. Aber soll sich meine Schwester‹, fuhr er fort, ›denn niemals verheiraten?‹ ›Warum denn nicht?‹ entgegnete Zahide. ›Das Gesetz befiehlt mir,‹ unterbrach sie der König, ›den Gatten, den ihr das Schicksal bestimmt, in den von dem Geisterkönige errichteten Gärten zu prüfen!‹ ›Alle Eide, die etwas Unmögliches fordern, gelten nicht‹, antwortete ihm Zahide mit einer Überzeugung, die den König in Erstaunen setzte. ›Ich will einen einfacheren leisten, den ich heilighalten will‹, fuhr sie fort. ›Du liebst mich, o Herr?‹ fragte sie ganz sittsam. ›Nun denn, ich will dich heiraten, wenn du dich aus Liebe zu mir drei Tage lang einer Sache entschlagen kannst, der du zu deiner Lebensfreude ganz besonders bedarfst!‹ ›Ich willige darein,‹ versetzte der König, ›und wessen soll ich mich mit deinem Willen entziehen? Es gibt nichts, was ich nicht zu tun fähig wäre, um dir zu beweisen, wie sehr ich dich liebe!‹ ›Ich kenne dich noch nicht gut genug, um ein bestimmtes Opfer zu verlangen,‹ antwortete sie ihm, ›doch wenn du mich liebst, würdest du dich zweifelsohne der Sache entschlagen, die ich dir angeben würde; indessen will ich keinen andern Richter als dich selbst und verlasse mich dabei ganz auf deine Ehrlichkeit.‹ Badanazar aber verließ sie, um mit seinem Wesir zu beratschlagen und eine auffallende Entbehrung auszusinnen, und hatte von den Prinzessinnen bis zum Abend des folgenden Tages Abschied genommen, weil er zur Jagd gehen wollte. Nachdem er lange Zeit nachgesonnen hatte, glaubte er das Gesuchte gefunden zu haben. ›Ich liebe nur die Tigerjagd, du weißt es, o Wesir, und will auf die Gazellenjagd gehen, die ich nicht leiden kann; das ist ein Opfer, das ich der schönen Zahide bringen will, und ist eine Entbehrung, die ich mir auferlege; wir wollen hören, was sie dazu sagt. Nein, und wenn hun- dert Tiger morgen vor mir herliefen, ich will nicht auf einen zielen, das schwöre ich; solches muß

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