Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Liebesbeweis und nahm es auf sich, um das Übel, das er veranlaßt hatte, wieder gutzumachen, die Erinnerung an dieses Abenteuer bei allen denen auszulöschen, die sich einbilden konnten, einige kleine Gunstbezeigungen von der Prinzessin erhalten zu haben, den Kummer von ihnen zu nehmen und ihnen endlich keinen andern Gedanken an das Ereignis zu lassen, als die gewöhnlichen Vorstellungen über Freuden und Wonnen. ›Und das ist nicht alles,‹ fügte er hinzu, ›der Korb soll seinen Weg noch einmal machen!‹ Als er aber die Furcht sah, die der schreckliche Korb den Prinzessinnen verursachte, beeilte er sich zu sagen: ›Ich will ihm auftragen, den König Kemsarai zu holen. Bist du nicht damit einverstanden, o schöne Zahide? Und du, o schöne Zuluch, willst du mich daran hindern?‹ fragte er lächelnd. Die Freude der einen und das Schweigen der andern bewiesen ihm, daß ihnen dieser Vorschlag unbeschreiblich angenehm war.
Während so die Hoffnung ebensosehr die Herzen der Prinzessinnen wie das des Königs Badanazar beseelte und der Geisterkönig sich des Vergnügens freute, sie in der Zufriedenheit der Liebe zu sehen, die ein glückliches Ziel vor Augen sieht, sauste der Korb davon und war bald im Gemach des Königs Kemsarai. Der Fürst hatte kaum noch einen Lebensatem in sich; der Anblick des Korbes freilich belebte all seine Hoffnungen aufs neue und gewährte ihm die Kraft, sich ohne jede Hilfe in den Korb zu setzen. Alsbald flog der mit gewohnter Schnelligkeit davon und trug ihn in den Saal des Palastes, wo ihn der König Badanazar und die Prinzessinnen und der Geist erwarteten. Beim Anblicke Zuluchs schwanden Kemsarai die Sinne. Der Geist flößte ihm sofort eine Flüssigkeit ein, ohne die er völlig verloren gewesen wäre; augenblicklich erlangte er seine frühere Gesundheit wieder. Die Liebe und die Prinzessin Zuluch würden solches Wunder zweifelsohne auch bewirkt haben, aber sie hätten längere Zeit dazu gebraucht. Der Geisterkönig vollzog selbst die Hochzeitsfeier der vier Liebenden; und als sie seiner nicht mehr bedurften, flog er davon, um sie der Liebe zu überlassen, der sie sich nach ihrem Gefallen und ohne Unruhe hingeben konnten!– –«
Als Moradbak diese Geschichte vollendet hatte, sprach zu ihr der Sultan, der ihr immer sehr munter vorgekommen war, obwohl er einige Male recht gut hätte schlafen können: ›Ich bin sehr zufrieden mit deiner Erzählung; zwar hat sie mich nicht einzuschläfern, jedoch zu unterhalten verstanden, und ich fühle nun, daß Vergnügen ein noch besseres Heilmittel für mein Übel als Schlaf ist. Doch will ich dir sagen, daß Kemsarai zu seinem großen Glücke eine Schwester hatte und die Prinzessin in die Gefahr kam, Mädchen zu bleiben, wenn sie nun einen Mann geheiratet hätte, der zur Lust unfähig war. Und ich zweifle selbst, daß ein Liebhaber, der sich so sehr beherrschen kann, jemals einen guten Ehemann abgeben wird!‹
Hudschadsch gab Moradbak ein Zeichen, sich zu entfernen, und befahl ihr, andern Morgens wiederzukommen; sie gehorchte ihm und erzählte ihm folgende Geschichte:
Die Geschichte des Lastträgers
Es gab einst in Bagdad einen Steinschneider, Abdullah Dscherberi mit Namen; der hatte nur einen Sohn, dem er die beste Erziehung gab, die ihm möglich war. Als er nun fühlte, wie sich der Todesengel über ihn neigte, ließ er seinen lieben Sohn, diesen Sohn, den einzigen Gegenstand all seiner Empfindungen, kommen, um den Trost seiner Umarmung zu haben; und er hatte noch Zeit, ihm Ratschläge zu geben, deren seiner Meinung nach dessen große Jugend noch bedürfen konnte. Nachdem er ihm ans Herz gelegt hatte, die göttlichen Gebote niemals außer acht zu lassen, beschwor er ihn, vor allen Dingen niemals am Abend vorher zu bedenken, was er anderen Morgens tun müsse. Und er starb, indem er seinen Sohn umarmte, der das zwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Nicht lange schmerzte den jungen Dscherberi der Dorn des Kummers, der in seinem Herzen hätte sitzen müssen, da er einen so guten Vater verloren hatte. Außer dem Hausrate und den Häusern, die er erbte, fand er in einem Keller des Hauses fünfmalhunderttausend Dinare, die in fünfzig Gefäßen aufgehäuft waren, deren jedes noch zehntausend Dinare galt. Diese Summe schien dem Jüngling, der noch keinen Begriff vom Reichtum hatte, ein Schatz Indiens zu sein; er überließ sich daher allem Aufwande, der sich ihm bot, und kaufte Frauen zu seinem Vergnügen und wollte, daß sie kostbar
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