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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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ohne Gefolge? Der kann nur irgend ein Mädchen oder eine Frau besuchen.« – »Gott weiß es«, antwortete Ikirma, »daß ich weder bei einer Frau noch bei einem Mädchen war.« – »So sage mir denn, wo du warst«, entgegnete die Frau. Er antwortete: »Ich bin ja nur darum zu dieser Stunde ausgeritten, weil niemand wissen soll, wohin.« Aber sie plagte ihn so lange, bis er ihr endlich die ganze Geschichte erzählte, und als er damit zu Ende war, fragte er sie, ob er auch noch schwören solle; aber sie erklärte, daß sie nun vollkommen beruhigt sei. Nachdem Chuseima am folgenden Morgen mit dem Geld seine Schulden bezahlt und sich neu ausgestattet hatte, ritt er zu dem Kalifen Suleiman, dem Sohn Abd Almeliks, der ihn wohl kannte und daher auch gleich sich kommen ließ. Sobald Chuseima den Kalifen gegrüßt hatte, fragte ihn dieser, warum er ihn so lange nicht gesehen. Chuseima antwortete: »Meine schlechten Umstände haben mich abgehalten, und erst vergangene Nacht wurde ich in den Stand gesetzt, vor dem Fürsten der Gläubigen zu erscheinen«, und erzählte ihm hierauf, wie ihm jemand einen Beutel mit Geld gebracht. Suleiman sagte. »Kennst du den Mann?« – »Nein«, antwortete Chuseima; »er wollte sich nicht zu erkennen geben, und nannte sich nur den Mann, der das Unglück der Elenden mildert.« Suleiman wünschte sehr zu erfahren, wer er war, um ihn belohnen zu können. Bald nachher ließ Suleiman Chuseima eine Fahne überreichen und ernannte ihn zum Statthalter von Mesopotamien an Ikirmas Stelle. Chuseima machte sich auf den Weg nach Mesopotamien, und als er in die Nähe der Hauptstadt kam, ging ihm Ikirma mit den vornehmsten Bürgern der Stadt entgegen und begleitete ihn in den Regierungspalast. Chuseima fand bei der Übernahme der Kasse, daß viel Geld im Schatz fehlte, und forderte Ikirma auf, es herauszugeben. Ikirma bestand darauf, er habe kein Geld, man möge mit ihm verfahren, wie man wolle. Chuseima ließ ihn einsperren und schickte noch einmal zu ihm ins Gefängnis, um ihn aufzufordern, das, was er dem Schatz schuldig sei, zu bezahlen. Ikirma antwortete: »Ich gehöre nicht zu denen, die lieber ihre Ehre opfern, als ihr Geld; tue, was du willst!« Chuseima ließ ihn hierauf in Ketten legen und länger als einen Monat im Kerker schmachten. Als aber Ikirmas Gattin vernahm, was ihm zugestoßen, rief sie eine ihrer Sklavinnen, welche sehr viel Verstand hatte, und sagte ihr: »Gehe sogleich zu dem Statthalter Chuseima und sage: Du habest ihm einen wohlgemeinten Rat zu geben, und wenn er fragt: Was? Sage ihm, sobald du allein mit ihm bist. Belohnst du so mit Kerker und Fesseln den, welcher die Leiden der Elenden mildert?« Die Sklavin tat, wie ihr befohlen worden, und sobald Chuseima ihre Worte hörte, rief er mit lauter Stimme: »Wehe mir! So kam jenes Geld von ihm?« – »Allerdings«, erwiderte die Sklavin. Chuseima ließ sogleich die angesehensten Einwohner der Stadt zu sich rufen und ritt mit ihnen bis vor die Türe des Gefängnisses, trat dann mit seinem Gefolge hinein und fand Ikirma ganz entstellt von Schmerz und Gram, und beschämt den Kopf zur Erde beugend. Er fiel über ihn her, küßte sein Haupt und sagte: »Deine Handlungen waren edel, und ich habe dich schlecht dafür belohnt.« – »Gott verzeihe dir und mir!« erwiderte Ikirma. Chuseima nahm ihm dann die Fesseln ab und wollte sie sich selbst anlegen lassen, damit er erdulde, was er seinem Wohltäter angetan.
    Ikirma beschwor jedoch Chuseima bei Gott, dies zu unterlassen, und so gingen sie denn alle zusammen in des letzteren Wohnung; auch Ikirma, der sich entfernen wollte, wurde von Chuseima genötigt, mit ins Haus zu kommen. Als Ikirma ihn fragte, was er von ihm wolle, sagte er: »Ich will dich in einen besseren Stand setzen, denn ich schäme mich vor deiner Gattin noch mehr, als vor dir selbst.« Er führte ihn hierauf ins Bad, wo er ihn selbst bediente, schenkte ihm ein kostbares Kleid und viel Geld und begleitete ihn in sein Haus. Als Chuseima in Ikirmas Haus war, bat er ihn, ihm zu erlauben, sich bei seiner Frau zu entschuldigen, und als dieses geschehen war, bat er ihn, mit ihm zum Kalifen zu reisen, der damals in Syrien sich aufhielt. Als sie vor dem Palast des Kalifen anlangten und der Pförtner Chuseima meldete, sagte der Kalif: »Der Statthalter von Mesopotamien kommt ohne Befehl hierher, da muß wohl etwas Außerordentliches sich ereignet haben. Er ließ ihn daher schnell hereintreten und fragte ihn, noch ehe er grüßte:

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