Tausend Worte der Liebe
Moment ist, um sich darüber zu unterhalten, Shay. Feststeht, dass Sie keinerlei Grund haben, sich Sorgen zu machen.«
»Aber …«
Er legte seine Hand warm und beruhigend über ihre. »Vertrauen Sie mir, okay? Ich verspreche Ihnen, dass wir nach der Party alles in Ruhe klären.«
Mitch hätte sich wegen Seaview mühelos herausreden können, zog es jedoch vor, ehrlich zu sein. Sie hatte keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Und doch beunruhigten sie die Worte »vertraue mir«. Sie erinnerten Shay an Eliott und an das bittere Erwachen damals. »Gut«, sagte sie fest, »bis nach der Party.«
Wenige Minuten später betraten beide den Luxusbungalow von Marvin und Jeannie Reese. Ein besonders schönes Haus mit den polierten Eichenböden und dem Kamin aus Stein. Sie waren nicht die ersten. Es waren schon viele Gäste eingetroffen, die sich auf der Terrasse und in der Halle aufhielten.
Nach einem kurzen Blick auf Shays elegante Paillettenbluse verschwand Marvin kurz und kehrte mit einer übergroßen, glitzernden Sonnenbrille zurück, die er in einem der vergangenen Werbespots getragen hatte. Shay lachte und schüttelte den Kopf.
»Hoffentlich sprudelt nicht Orangensaft aus seiner Krawatte«, meinte Mitch in einem diskreten Flüstern.
Shay blickte Marvin liebevoll nach. »Täuschen Sie sich nicht in ihm«, entgegnete sie. »Er liest Proust und Milton und spricht drei Sprachen fließend.«
Ivy drängte sich an den Gästen vorbei und kam auf Shay und Mitch zu.
»Jeannie bat mich, euch zu begrüßen. Sie ist in der Küche und kämpft mit einer Skulptur aus Eis, die im Kühlschrank festgefroren ist. Es handelt sich um eine perfekte Nachbildung der Venus von Milo.«
Jetzt wissen wir wenigstens, warum das bedauernswerte Mädchen keine Arme hat«, bemerkte Todd, der sich zu ihnen gesellte.
Ivy und Shay zogen ein Gesicht wegen dieser Bemerkung, die wohl witzig sein sollte, und Ivy stieß Todd mit dem Ellenbogen in die Seite, wobei ein paar Tropfen Champagner auf seinen tadellos sitzenden Smoking schwappten.
»Noch sechs Monate bis zur Hochzeit, und ich stehe schon unter dem Pantoffel«, beschwerte sich Todd.
Rechts von ihnen war auf einer großen Tafel das kalte Büfett aufgebaut worden. Dorthin zog es Shay, nicht etwa aus Hunger, sondern aus beruflichem Interesse. Ein selbstständiges Geschäft mit Partyservice war nun einmal ihr Traum.
Ivy holte sich ein Krabbenbrötchen und betrachtete es missbilligend. »Schaut das nicht traurig aus? Man sollte es nicht für möglich halten, dass in ganz Skyler Beach niemand Partys beliefert. Mrs Reese musste sich alles aus Seattle bringen lassen.« Tatsächlich sah man dem Krabbenbrötchen die weite Reise an. Es schien verwunderlich, dass die Venus von Milo nicht als klebrige Pfütze angekommen war.
Nur die Rücksicht auf Hank hatte Shay bisher davon abgehalten, sich ernsthaft mit Plänen in dieser Richtung zu befassen. Aber der finanzielle Einsatz war beträchtlich, das Risiko entsprechend groß, und sie musste schließlich ihr Kind ernähren.
»Du siehst fantastisch aus«, flüsterte Ivy. »Ist diese Bluse schwer?«
»Sie wiegt eine Tonne«, gestand Shay. Ihr Blick folgte Mitch, und ihr blieb auch nicht der kleinste Ausdruck in seinem Gesicht verborgen.
»Lass uns die beiden trennen, ehe sie irgendwelche Pläne fassen«, meinte Ivy leichthin.
Als später ein warmer Imbiss serviert wurde, zogen sich Shay und Mitch auf die große Terrasse zurück in eine ungestörte Ecke. Vom Strand her hörten sie dem Rauschen der Wellen zu, am samtschwarzen Nachthimmel glänzten silberne Sterne, und vom Wasser her wehte ein lauer Sommerwind.
Seit einer Weile war zwischen Shay und Mitch kein Wort gefallen. Bei Eliott hatte sie immer das Gefühl gehabt, solche Gesprächspausen ausfüllen zu müssen. Mit Mitch zu schweigen, war selbstverständlich, vertraut und schön.
Auch nachdem das leere Geschirr abgeräumt worden war, blieben Shay und Mitch sitzen. Erst als sanfte Musik aus der Halle ertönte, erhoben sie sich wortlos und tanzten. Dass sein maskuliner Körper ihrem weichen, nachgiebigen so nahe war, war für beide süß und qualvoll zugleich.
Shay sah, dass Mitch sich herabneigte, um sie zu küssen. Aber statt den Kopf abzuwenden, kam sie ihm entgegen. Unbewusst machte sie sich gefasst auf einen heftigen Kuss, so wie sie es von Eliott kannte. Doch Mitchs Kuss war zart, zögernd, beinahe prüfend. Sie fühlte seine Zungenspitze, wie sie dem Umriss ihrer Lippen folgte und ein köstliches
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