Tausendschön
wir uns meist über die Arbeit unterhalten. Das schien für uns beide das Richtige zu sein.«
» Wussten Sie von den Drohungen, denen Jakob ausgesetzt war?«
» Aber ja«, bestätigte Agne. » Es haben ja mehrere von uns solche Drohungen bekommen.«
» Wie bitte?« Fredrika hielt in der Bewegung inne.
Agne Nilsson nickte entschieden. » Doch, doch«, sagte er wieder. » So war das. Und es war ja nicht das erste Mal.«
» Waren denn früher schon Drohungen von demselben Absender gekommen?«, fragte Joar.
» Nein, nicht von diesem Absender, aber sozusagen mit dem gleichen Ziel, bei anderen Gelegenheiten, wenn Leute meinten, dass wir uns in Dinge einmischten, die uns nichts angingen.«
Joar breitete Kopien der E-Mails, die an Jakob gegangen waren, auf dem Tisch aus. » Kennen Sie diese hier?«
» Na klar«, sagte Agne. » Ich habe ja, wie gesagt, ebensolche Mails bekommen. Nur dass in meinen nicht ›verdammter Pfarrer‹, sondern ›Sozialistenschwein‹ stand.« Er lächelte schwach.
» Haben Sie denn nie Angst gehabt?«, fragte Fredrika.
» Nein, warum sollte ich?«, erwiderte Agne Nilsson und sah fast erstaunt aus. » Den Drohungen sind ja nie Taten gefolgt. Und irgendwie war es ja auch zu erwarten, dass man so etwas bekommt. Man kann kein solches Netzwerk betreiben, ohne dass es irgendjemanden aufbringt.«
» Aber diese E-Mails hier klingen ziemlich aggressiv«, meinte Joar.
» Durchaus, aber das muss man vor dem Hintergrund des letzten Falles sehen, dessen wir uns angenommen hatten. Es ging um einen Jungen, der aus den Söhnen des Volkes aussteigen wollte. Das würde schwer werden, und wir wussten das. Wenn die E-Mails nicht irgendwann aufgehört hätten, wären wir wahrscheinlich auch zur Polizei gegangen. Wir haben ja sogar in der Gruppe Polizisten, mit denen wir reden können. Aber eine formelle Anzeige zu erstatten, das versuchen wir immer so lange wie möglich zu vermeiden.«
Fredrika unterdrückte einen Seufzer. Hoffentlich würden sie sich das nächste Mal nicht so viel Zeit lassen.
» Was meinten Sie damit, dass die E-Mails aufhörten?«, fragte Joar. » Zumindest Jakob hat noch wenige Tage vor seinem Tod solche Nachrichten erhalten.«
Agne Nilsson machte eine verzweifelte Geste. » Das kann ich wirklich nicht erklären«, sagte er. » Ich habe letzte Woche noch mit Jakob zusammengesessen, und da hatte keiner von uns eine neue E-Mail erhalten, auch danach nicht mehr. Deshalb habe ich die Sache auch nicht wieder angesprochen, und er erwähnte sie auch nicht.« Er wand sich. » Wobei ich gestehen muss, dass wir uns in den letzten Tagen nicht mehr gesprochen haben. Er hatte viele Vorträge geplant, und ich hatte selbst auch viel zu tun.«
» Können wir von den E-Mails, die Sie bekommen haben, Kopien bekommen?«, fragte Joar.
» Natürlich«, sagte Agne Nilsson.
» Kennen Sie einen Tony Svensson?«, fragte Joar dann.
Agne Nilssons Miene verfinsterte sich. » Oh ja. Jeder Sozialarbeiter und jeder Polizist in dem Vorort, in dem er wohnt, kennt ihn.«
» Wussten Sie, dass die E-Mails von ihm kamen?«
Agne Nilsson schüttelte den Kopf. » Also, wir wussten natürlich, dass er der SV angehört. Aber dass ausgerechnet er die Drohmails geschickt haben soll, das wusste ich nicht.«
Joar sah aus, als würde er nachdenken. » Was wurde denn aus dem Jungen, der die SV verlassen wollte?«, fragte er dann.
» Das endete, gelinde gesagt, im Chaos«, seufzte Agne Nilsson. » Ronny Berg heißt der Junge übrigens. Aber ich habe den Fall nicht bis zum Ende betreut, das hat Jakob getan. Wenn ich ihn recht verstanden habe, gab es Gründe, an der Motivation des Jungen, die SV zu verlassen, zu zweifeln.«
Fredrika lehnte sich interessiert nach vorn, musste aber einsehen, dass ihr der Bauch im Weg war, und setzte sich wieder aufrecht hin. » Wieso?«
» Er machte wohl den Eindruck, als würde er die Gruppe nicht aus ideologischen Gründen verlassen, sondern wegen eines Konflikts, den er mit anderen Mitgliedern hatte. Aber ich weiß, wie gesagt, nicht allzu viel darüber. Ich werde mich mal umhören, vielleicht kann ein anderer aus dem Netzwerk mehr darüber sagen.«
Joar nickte. » Ja, tun Sie das.«
Während er seine Unterlagen zusammenschob, sagte Fredrika vorsichtig: » Möglicherweise brauchen Sie Schutz, Agne. Zumindest bis wir wissen, wie das alles zusammenhängt und ob es überhaupt zusammenhängt.«
Erst sagte Agne Nilsson nichts, dann fragte er leise: » Das heißt, Sie meinen, dass es
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