Tausendschön
theoretisch ja, aber praktisch? Nein, ich glaube das nicht. Ronny Berg hat nicht die Kontakte für so etwas. Vor allem nicht, wenn er ohne Unterstützung und Schutz der Söhne des Volkes dasteht.«
Fredrika konzentrierte ihre dunklen Augen auf ihr Notizbuch, und Joar verzog keine Miene. Aber er sah verdammt verkniffen aus, stellte Alex fest.
» Ich glaube nicht daran«, sagte Fredrika mit einem Nachdruck in der Stimme, den Alex lange nicht bei ihr gehört hatte.
» Woran glaubst du nicht?«, fragte er.
» An die Rechtsradikalentheorie«, sagte sie und hatte plötzlich eine neue Schärfe im Blick. » Es ist doch so, wie ich dir vorhin schon gesagt habe, Alex: Es kommt mir irgendwie alles zu avanciert vor. Nicht, in eine Wohnung einzubrechen und jemanden zu erschießen, sondern die Art und Weise, wie das Ganze bewerkstelligt wurde. Und dann ist da ja noch das Krankheitsbild von Jakob Ahlbin. Derjenige, der den Mord inszeniert hat, hat davon wissen müssen, denn es wird ja in dem vermeintlichen Abschiedsbrief erwähnt.« Sie hielt kurz inne. » Wenn wir uns vorstellen, dass es jemand war, den sie kannten, dann erscheint alles gleich weniger seltsam. Da ist es nicht mehr ganz so erstaunlich, dass die Mörder in die Wohnung gelassen wurden oder dass es keine Spuren von gewaltsamem Widerstand gibt.«
» Und auch der Brief und der Einblick in ihr Privatleben bekommen dann eine Erklärung«, fügte Peder hinzu.
» Was sollte dann das Motiv sein?«, fragte Alex frustriert.
Fredrika sah ihn unbewegt an. » Ich weiß es nicht. Aber ich finde, dass wir die Verbindung zwischen Jakob Ahlbin und Yusef, dem Mann, der auf dem Frescativägen überfahren worden ist, näher betrachten sollten.«
Mit Muhammed Abdullahs Hilfe hatte der Mann endlich einen Namen bekommen, und endlich war auch die Verbindung zu Jakob Ahlbin hergestellt. Ahlbin hatte mit Abdullah in Kontakt gestanden, der wiederum den Mann kannte, der überfahren worden war.
» Hängt diese Verbindung in irgendeiner Weise mit der Rechtsradikalenspur zusammen?«, fragte Joar.
» Nicht soweit wir bisher wissen.«
» Aber Muhammed hatte Angst«, warf Fredrika ein. » Der Freund seines Sohnes ist nach Schweden gekommen und verschwunden, noch ehe er es zu den Einwanderungsbehörden geschafft hatte.«
» Nachdem er sich aufgemacht und eine Bank überfallen hat«, fügte Peder hinzu.
» Und damit sind wir bei dem Überfall auf den Geldtransport«, sagte Alex und schnitt eine Grimasse.
Doch so einfach wollte Fredrika das Thema nicht fallen lassen. » Da ist noch eine Sache.«
Endlich, dachte Alex bei sich, endlich kommt wieder Leben in sie.
» Ja?«, sagte er geduldig.
» Die E-Mails«, sagte Fredrika. » Ich glaube, dass Tony Svensson die Wahrheit gesagt hat, als er meinte, er habe nicht alle E-Mails selbst geschrieben.«
Die anderen sahen sie erstaunt an.
» Ich habe die Nachrichten noch einmal durchgelesen«, sagte sie. » Es würde mich sehr wundern, wenn jemand wie Tony Svensson Verweise auf Bibelfiguren wie Hiob zustande brächte. Die E-Mails, die nicht von Svenssons Computer aus verschickt worden sind, haben in Teilen einen anderen Tonfall als diejenigen, die Svensson selbst verschickt hat.«
Alex sah skeptisch aus. » Aber wer sonst sollte Zugang zu seinem Mail-Account haben? Ist der Absender nicht derselbe, ganz gleich von welchem Computer die Mails geschickt wurden?«
» Einige Mails sind zwar von Svenssons Computer verschickt worden, aber offenbar von einem Account, den die Söhne des Volkes gemeinsam nutzen. Folglich gibt es ziemlich viele Leute, die sich irgendwann einmal das Passwort verschafft haben konnten.«
Sie hatte die Mails dabei und blätterte nun darin.
» Ich bin mir ziemlich sicher«, sagte sie. » Wer immer von dem anderen Computer aus E-Mails geschrieben hat, versucht scheinbar, den Tonfall der ersten Mails nachzuahmen. Doch es gelingt ihm nicht so richtig. Ganz im Unterschied zu den Mails von Tony Svensson enthalten die anderen Mails nämlich Bezüge zur Bibel. Die E-Mails der SV sind plumper und geradeheraus.«
» Was willst du damit sagen?«, fragte Alex und stützte das Kinn in die Hände.
» Ich weiß es nicht genau«, gestand Fredrika. » Aber vielleicht wusste jemand von den Drohungen, die Jakob bereits zu einem früheren Zeitpunkt erhalten hatte, und benutzte sie, um das Drohbild bei ihm zu verstärken. Vielleicht, um selbst nicht ins Blickfeld zu geraten, damit wir nicht woanders suchen. Aber Jakob wusste das sehr
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