Tausendstern
versuchte gar nicht erst, seine beiden Konkurrenten zu umgehen; er schoß zwischen den beiden hindurch. Die Lücke war so eng, daß die drei Blips sich auf dem Übersichtsgeschmacksfeld zu einer einzigen Masse vereinigten...
Und in einer Art Explosion wieder auseinanderwichen. Ein Schiff schoß vorwärts, eines rückwärts, und das dritte driftete seitlich ab.
Elegant wich Heem aus, denn er hatte genügend Platz zum Manövrieren. Das rückwärts davonschießende Schiff, H-55, jagte vorbei und erzeugte eine Turbulenz, die Heems Schiff durchschüttelte. »Was ist passiert?« schrie Jessica.
Heem wich erneut aus, um dem seitlich abdriftenden Schiff, H-54, zu entgehen, dann beschleunigte er abrupt. »Wenn zwei beschleunigende Schiffe zu dicht aneinander vorbeifliegen, verschmelzen ihre Turbulenzen. Das heranrasende Schiff H-60 hat drei Schiffe auf engste Kontaktdistanz gebracht, da ja die beiden ersten den gerade notwendigen Sicherheitsabstand zueinander einnahmen. Das in Verbindung mit einem beträchtlichen Tempounterschied hat alle drei Antriebsaggregate durcheinandergebracht. Ein Schiff ist völlig aus dem Rennen geworfen worden.«
»Das Schiff, das zur Seite abgetrieben ist«, sagte Jessica. »Nein. Das behält seine normale Beschleunigung bei und wurde lediglich abgedrängt. Möglicherweise ist der Pilot bewußtlos und nicht in der Lage, seinen Kurs zu korrigieren.«
»Aber die beiden anderen beschleunigen doch, eines vorwärts, eines rückwärts. Das rückwärts fliegende Schiff wird immer schneller.«
»Bei dem rückwärts fliegenden Schiff ist der Antrieb ausgefallen. Daher treibt es mit konstanter Geschwindigkeit genau auf Kurs weiter. Wir anderen beschleunigen jedoch mit konstant einem g und entfernen uns demzufolge mit zunehmender Geschwindigkeit.«
»Aha - ich verstehe. Du hast natürlich recht. Ich vergaß, daß wir stetig beschleunigen und nicht mit konstanter Geschwindigkeit unterwegs sind.«
»So etwas vergißt man leicht, vor allen Dingen, wenn man mit den Gegebenheiten des Weltraums nicht so vertraut ist«, nadelte Heem verständnisvoll. Noch kostete er den angenehmen Nachgeschmack ihres letzten Kompliments.
Er empfing eine weitere Dosis Lob. »Jetzt kann ich wirklich begreifen,
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warum man dich für eine Mission ausgewählt hat. Du bist tatsächlich ein großer Experte.«
»Ja. Aber nichtsdestoweniger habe ich sie hinters Licht geführt. Ein Schiff kann ich jetzt genausogut lenken, wie ich es schon immer konnte, aber einen Squam kann ich im Einzelkampf nicht mehr besiegen.«
»Wenn du das früher konntest, dann kannst du es auch jetzt noch, oder?«
Heem antwortete nicht darauf. Das führerlose Schiff brachte die Ordnung der hinter ihm fliegenden Schiffe durcheinander, doch viel mehr interessierte ihn die vor ihm fliegende Formation. Der Raser, H-60, hatte den Kontakt mit den beiden anderen Schiffen heil überstanden und seine Taktik nicht geändert. »Platz da, Stinker!« sprühte H-60, als er sich der nächsten Schiffsformation näherte. Einige Schiffe versuchten, den Weg freizugeben, da sie einer möglichen Kollision ausweichen wollten, wie Heem es ebenfalls getan hatte. H-60 war verrückt, aber auch noch gefährlich dazu. Doch auch die anderen Schiffe hatten eher vorausgeschmeckt, als sich rückwärtig zu orientieren, und bemerkten den Raser daher zu spät. H-60 schoß heran und kam der Reihe gefährlich nahe.
Die Folgen waren katastrophal. Schiffe wurden vom Kurs abgedrängt und entfernten sich in allen Richtungen vom Flugkorridor. Einigen ging die Energie aus, und sie fielen zurück. Andere kreuzten hektisch, als hätten die Piloten vollkommen die Kontrolle verloren. Zwei behielten ihren Kurs bei - doch die Piloten rasten vor Wut. Es waren die Schiffe H-45 und H-41. »Komm, diesen Verrückten machen wir fertig!« sprühte H-45.
»Das sind alles Narren«, meinte Heem zu Jessica. »Auf festem Boden würden sie völlig anders reagieren. Mit ihrem Verhalten schaden sie nur sich selbst.«
Die beiden Schiffe beschleunigten abrupt auf 3 g. Sie holten allmählich auf und näherten sich dem Raser. Doch dadurch wurden auch andere Schiffe in Mitleidenschaft gezogen, und bei einer Beschleunigung von 3 g arbeiteten die Piloten unter erhöhtem Streß und konnten nicht mehr so sorgfältig auf ihre Umgebung achten. Sie jagten zu nahe an anderen Schiffen vorbei, verließen zeitweise den Idealkurs, während H-60 seinen Weg unbeirrt fortsetzte.
Heem analysierte die Unordnung auf seinem Weg und
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